BAG: Abmahnung wegen Weigerung, an einem Personalgespräch teilzunehmen

24.06.2009

Bundesarbeitsgericht

Nach § 106 der Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit

der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen

nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder

Gesetz bereits festgelegt sind; außerdem können Weisungen zur Ordnung und dem

Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb erfolgen. Das Weisungsrecht beinhaltet dagegen

nicht die Befugnis, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Personalgespräch

zu verpflichten, in dem es ausschließlich um eine bereits abgelehnte Vertragsänderung

(hier: Absenkung der Arbeitsvergütung) gehen soll.

Im heute entschiedenen Fall strebte die Beklagte (eine Einrichtung der Altenpflege)

wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Verminderung des 13. Gehalts ihrer Mitarbeiter

an. Zu diesem Zweck fand am 1. November 2006 ein Gespräch mit einer

Gruppe von Arbeitnehmerinnen statt, zu der auch die Klägerin (Altenpflegerin) gehörte.

Die Arbeitnehmerinnen waren mit der Vertragsänderung nicht einverstanden.

Daraufhin lud die Beklagte die Klägerin - ebenso wie andere Mitarbeiterinnen - zu

einem Einzelgespräch für den 13. November 2006. Ziel des Gesprächs war es

wiederum, die Klägerin zum Einverständnis mit der Verminderung des 13. Gehalts zu

bewegen. Die Klägerin erschien, wie erbeten, im Büro des Personalleiters, erklärte

jedoch, nur zu einem gemeinsamen Gespräch unter Einbeziehung der übrigen Mitarbeiterinnen

bereit zu sein. Ein solches gemeinsames Gespräch lehnte die Beklagte

ihrerseits ab und erteilte der Klägerin eine Abmahnung. Die Klägerin habe ihre

Arbeitsleistung (in Form eines Personalgesprächs) verweigert.

Die von der Klägerin erhobene Klage auf Herausnahme der Abmahnung aus der

Personalakte hatte - wie schon beim Landesarbeitsgericht - vor dem Zweiten Senat

des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klägerin war zur Teilnahme an dem Personalgespräch

vom 13. November 2006 nicht verpflichtet. Die Weisung, an dem Gespräch

teilzunehmen, betraf keinen der von § 106 GewO abgedeckten Bereiche. Sie betraf

weder die Arbeitsleistung noch Ordnung oder Verhalten im Betrieb, sondern ausschließlich

eine von der Beklagten gewünschte Änderung des Arbeitsvertrags.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juni 2009 - 2 AZR 606/08 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 3. Juni 2008 - 3 Sa

1041/07 -

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