BAG: Altersdifferenzierung in Sozialplänen

27.05.2009

Bundesarbeitsgericht

Sozialpläne dürfen eine nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung

vorsehen. Sie dürfen rentenberechtigte Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen

auch ausschließen. Die damit verbundene unterschiedliche Behandlung

wegen des Alters ist von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt. Diese Regelung verstößt

nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Sie

ist im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch ein legitimes

Ziel gerechtfertigt. Es entspricht einem allgemeinen sozialpolitischen Interesse, dass

Sozialpläne danach unterscheiden können, welche wirtschaftlichen Nachteile den

Arbeitnehmern drohen, die durch eine Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren.

Diese Nachteile können mit steigendem Lebensalter zunächst zunehmen, weil damit

die Gefahr längerer Arbeitslosigkeit typischerweise wächst, und können geringer

sein, wenn Arbeitnehmer nach dem Bezug von Arbeitslosengeld in der Lage sind,

Altersrente in Anspruch zu nehmen.

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts gab daher der Klage eines Arbeitnehmers

statt, der eine Abfindung nach einer Sozialplanregelung beanspruchte, die für

„bis zu 59-jährige“ Arbeitnehmer eine von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängige

Abfindung vorsieht. Eine solche Berechnungsformel ist nach § 10 Satz 3

Nr. 6 AGG gerechtfertigt. Auch die in dem Sozialplan weiter vorgesehene Differenzierung,

nach der über 59 Jahre alte Arbeitnehmer gemäß einer anderen Berechnungsformel

nur einen Anspruch auf eine geringere Abfindung haben, ist zulässig

und führt nicht zur Unwirksamkeit des Sozialplans. Die mit einem solchen Systemwechsel

verbundene Ungleichbehandlung älterer Arbeitnehmer ist ebenfalls durch

§ 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt. Sie beruht auf der nicht zu beanstandenden Beurteilung

der Betriebsparteien, dass rentennahe Jahrgänge durch den Verlust des Arbeitsplatzes

regelmäßig geringere Nachteile erleiden als jüngere Arbeitnehmer.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. November 2007

- 19 Sa 1416/07 -

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