BAG: Außerordentliche Kündigung nach Skiurlaub während einer Arbeitsunfähigkeit

03.03.2006

Bundesarbeitsgericht

Ein Arbeitnehmer, der als ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei

einem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beschäftigt ist und während seiner

eigenen längeren Arbeitsunfähigkeit wegen einer Meningoenzephalitis trotz erkannter

Krankheitssymptome im Hochgebirge Ski läuft, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in

so erheblicher Weise, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund nach

§ 626 BGB fristlos beenden kann.

Der Kläger war vom 8. September 2003 bis 16. Januar 2004 wegen einer Hirnhautentzündung

arbeitsunfähig krank. Am 27. Dezember 2003 fuhr er in einen bis zum 3. Januar 2004

geplanten Skiurlaub in die Schweiz. Den Beklagten informierte er hiervon nicht. Während

eines Skikurses stürzte der Kläger und brach sich das Schien- und Wadenbein, was zu einer

erheblichen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit führte. Daraufhin kündigte der Beklagte das

Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger hat sich mit seiner Kündigungsschutzklage

gegen die Kündigung gewandt und ua. geltend gemacht, er habe nicht gegen seine arbeitsvertraglichen

Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit verstoßen. Insbesondere hätten ihm

die behandelnden Ärzte das Skifahren nicht verboten.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten

hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat seine Pflicht zu einem gesundheitsfördernden

Verhalten erheblich verletzt. Er durfte während seiner Erkrankung, die nach

seinen eigenen Ausführungen ua. mit erheblichen Konzentrationsschwächen verbunden war,

keine sportlichen Freizeitaktivitäten ausüben, die - wie das alpine Skilaufen - an die Konzentration

und die allgemeine Fitness nicht unerhebliche Anforderungen stellen. Außerdem hat er

die gesteigerte Pflicht zur Förderung des Vertragszwecks verletzt. Als Gutachter des MDK

gehört es vor allem zu seinen Aufgaben, das Fehlverhalten von versicherten Arbeitnehmern

im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild und damit die Berechtigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

zu überprüfen. Dementsprechend hat er alles zu unterlassen, was

die Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK und seiner Gutachten bei den Auftraggebern in

Frage stellen könnte. Durch seine Aktivitäten während der attestierten Arbeitsunfähigkeit hat

der Kläger aber gerade ein solches, dem Vertragszweck grob widersprechendes Verhalten

an den Tag gelegt. Diese Pflichtverletzungen berechtigen den Arbeitgeber auch ohne Abmahnung

zu einer fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund (§

626 BGB).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 -

 

Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.Oktober 2004 - 4 Sa 491/04 -

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