BAG: Außerordentliche Kündigung nach Skiurlaub während einer Arbeitsunfähigkeit
Bundesarbeitsgericht
Ein Arbeitnehmer, der als ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei
einem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beschäftigt ist und während seiner
eigenen längeren Arbeitsunfähigkeit wegen einer Meningoenzephalitis trotz erkannter
Krankheitssymptome im Hochgebirge Ski läuft, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in
so erheblicher Weise, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund nach
§ 626 BGB fristlos beenden kann.
Der Kläger war vom 8. September 2003 bis 16. Januar 2004 wegen einer Hirnhautentzündung
arbeitsunfähig krank. Am 27. Dezember 2003 fuhr er in einen bis zum 3. Januar 2004
geplanten Skiurlaub in die Schweiz. Den Beklagten informierte er hiervon nicht. Während
eines Skikurses stürzte der Kläger und brach sich das Schien- und Wadenbein, was zu einer
erheblichen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit führte. Daraufhin kündigte der Beklagte das
Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger hat sich mit seiner Kündigungsschutzklage
gegen die Kündigung gewandt und ua. geltend gemacht, er habe nicht gegen seine arbeitsvertraglichen
Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit verstoßen. Insbesondere hätten ihm
die behandelnden Ärzte das Skifahren nicht verboten.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten
hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat seine Pflicht zu einem gesundheitsfördernden
Verhalten erheblich verletzt. Er durfte während seiner Erkrankung, die nach
seinen eigenen Ausführungen ua. mit erheblichen Konzentrationsschwächen verbunden war,
keine sportlichen Freizeitaktivitäten ausüben, die - wie das alpine Skilaufen - an die Konzentration
und die allgemeine Fitness nicht unerhebliche Anforderungen stellen. Außerdem hat er
die gesteigerte Pflicht zur Förderung des Vertragszwecks verletzt. Als Gutachter des MDK
gehört es vor allem zu seinen Aufgaben, das Fehlverhalten von versicherten Arbeitnehmern
im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild und damit die Berechtigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
zu überprüfen. Dementsprechend hat er alles zu unterlassen, was
die Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK und seiner Gutachten bei den Auftraggebern in
Frage stellen könnte. Durch seine Aktivitäten während der attestierten Arbeitsunfähigkeit hat
der Kläger aber gerade ein solches, dem Vertragszweck grob widersprechendes Verhalten
an den Tag gelegt. Diese Pflichtverletzungen berechtigen den Arbeitgeber auch ohne Abmahnung
zu einer fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund (§
626 BGB).
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 -
Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.Oktober 2004 - 4 Sa 491/04 -