BAG: Gleichbehandlung von Arbeitnehmern bei freiwilligen Sonderzahlungen
Bundesarbeitsgericht
Ist ein Arbeitgeber weder vertraglich noch aufgrund kollektiver Regelungen zu Sonderzahlungen
verpflichtet, kann er frei entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen
er seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung gewährt. Allerdings ist
er an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Er darf einzelnen
Arbeitnehmern nur aus sachlichen Kriterien eine Sonderzahlung vorenthalten.
Stellt er sachfremd Arbeitnehmer schlechter, können diese verlangen, wie die begünstigten
Arbeitnehmer behandelt zu werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber
gegen das Maßregelungsverbot in § 612a BGB verstößt und Arbeitnehmer von
einer Sonderzahlung ausnimmt, weil diese in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt
haben.
Auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 iHv. 300,00 Euro brutto geklagt hatte ein
in einer Druckerei beschäftigter Facharbeiter. Die beklagte Arbeitgeberin hatte ihren
ca. 360 Arbeitnehmern im Rahmen ihres Standortsicherungskonzepts eine Änderung
der Arbeitsbedingungen angetragen. Das Änderungsangebot sah ua. eine unbezahlte
Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden und den Entfall von Freischichten
vor. Mit Ausnahme des Klägers und sechs weiteren Arbeitnehmern nahmen
alle Arbeitnehmer das Änderungsangebot an. In einem Schreiben vom Dezember
2005 teilte die beklagte Arbeitgeberin mit, dass alle Arbeitnehmer, mit denen sie
Änderungsverträge geschlossen habe und die sich am 31. Dezember 2005 in einem
ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, eine einmalige Sonderzahlung iHv.
300,00 Euro brutto erhalten. Der Kläger hat gemeint, seine Arbeitgeberin habe ihm
die Sonderzahlung nicht vorenthalten dürfen. Dies verstoße gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts
Erfolg. Dem Kläger steht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
die beanspruchte Sonderzahlung zu. Zwar durfte die beklagte Arbeitgeberin bei der
Sonderzahlung an sich die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen berücksichtigen.
Der Zweck der Sonderzahlung erschöpfte sich jedoch nicht in einer teilweisen Kompensation
der mit den Änderungsverträgen für die Arbeitnehmer verbundenen
Nachteile. Aus der Ausnahme von Arbeitnehmern, die sich am 31. Dezember 2005 in
einem gekündigten Arbeitsverhältnis befanden, wird deutlich, dass die beklagte
Arbeitgeberin mit der Sonderzahlung auch vergangene und zukünftige Betriebstreue
honorieren wollte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. August 2009 - 10 AZR 666/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 12. März 2008 - 4 Sa 172/07 -