BAG: Invaliditätsrente - voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit - befris-tete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente

14.07.2021

Die nur befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Renten-versicherung steht einem Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung nicht entgegen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völ-ligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts" eine monatliche Invaliden-rente gezahlt wird.

Die Beklagte erteilte dem Kläger im Jahr 2000 eine Versorgungszusage, die ua. Leistungen der betrieblichen Invaliditätsversorgung „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts" vorsieht. Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenver-sicherung. Diese war zunächst auf die Dauer von drei Jahren bis zum 31. Mai 2020 befristet bewilligt worden. Die Deutsche Rentenversicherung begründete in ihrem Rentenbescheid die Befristung mit den medizinischen Untersuchungsbefunden, nach denen es nicht unwahr-scheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Der Kläger hat zu-letzt eine betriebliche Invaliditätsversorgung für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 iHv. insgesamt 1.433,25 Euro zzgl. Verzugszinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage seien erfüllt. Dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung nur befristet bewilligt worden sei, sei unschädlich. Er sei gleichwohl seit dem 1. Juni 2017 voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Die Beklagte hat die Auffassung ver-treten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage lägen nicht vor; der Kläger sei nicht "vo-raussichtlich dauernd" erwerbsunfähig, sondern nur für die Dauer von drei Jahren. Das Ar-beitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Versorgungszusage verlangt für den Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversor-gung eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversiche-rungsrechts. Damit bezieht sie sich auf § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der bei der Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung und nunmehr auf § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, also die Regelungen über die Voraussetzungen einer an die Invalidität anknüpfenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Frage der voraussichtlich dauerhaften völligen Er-werbsunfähigkeit bzw. vollständigen Erwerbsminderung ist die nach §§ 99 ff. SGB VI vorge-sehene befristete Gewährung der Invaliditätsrenten aus der gesetzlichen Rentenversiche-rung ohne Bedeutung. Dabei handelt es sich lediglich um Verfahrensvorschriften, die nicht den Begriff der dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungs-rechts definieren, den die Versorgungszusage in Bezug nimmt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juli 2021 - 3 AZR 445/20 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. Juli 2020 - 4 Sa 123/20 -

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