BAG: Theaterintendant - Arbeitsgerichte zuständig für Kündigungsstreit

11.12.2025

Für die Klage eines Generalintendanten gegen eine außerordentliche Kündigung kann der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sein.

Die Frage stellte sich im Rahmen eines Kündigungsschutzstreits. Der Kläger war als General intendant bei einem Theater beschäftigt, das die beklagte Stadt als Eigenbetrieb führt. Grundlage ist ein „Intendantenvertrag“, der dem Generalintendanten die künstlerische Lei tung des Theaters überträgt. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere die Gestaltung des Spielplans, die Rollenbesetzung sowie die Verteilung der Regieaufgaben und Dirigate. Der Vertrag nimmt eine Eigenbetriebssatzung sowie die Geschäftsordnung für das Theater in Be zug. In diesen Regelwerken sind ua. die Organisation des Theaters sowie Aufgaben und Be fugnisse der für den Eigenbetrieb zuständigen Organe näher bestimmt. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht wendet sich der Kläger vorrangig gegen eine außerordentliche Kündi gung.

Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt und beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen. Der Kläger sei kein Arbeitnehmer, sondern im Rah men eines freien Dienstverhältnisses tätig gewesen. Die Vorinstanzen haben die Arbeitneh mereigenschaft des Klägers bejaht und angenommen, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei eröffnet.

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu rückgewiesen und den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ebenfalls für gegeben erachtet. Es geht um eine bürgerliche Rechtsstreitig keit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist als Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG zu qualifizieren. Der Norm liegt der allgemeine na tionale Arbeitnehmerbegriff zugrunde, der in § 611a Abs. 1 BGB* gesetzlich geregelt ist. Aus dem „Intendantenvertrag“ ergibt sich in Verbindung mit den Kompetenzregelungen in der Eigenbetriebssatzung und der Geschäftsordnung, dass der Generalintendant seine Arbeit nicht im Wesentlichen frei, sondern weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit auszuüben hat. Trotz weitreichender Freiheiten unterliegt er wesentlichen - auch ablauforientierten - Weisungen des Oberbürgermeisters. Durch die Einbindung in die stark arbeitsteilig ausgerichtete Organisation des Theaters erweist sich die Tätigkeit auch als fremdbestimmt. Die Führungsstruktur sieht ein enges Zusammenwirken von Generalintendant und Verwaltungsdirektor vor sowie eine Kontrolle durch Oberbürgermeister und Werkausschuss, deren Entscheidungen im Konfliktfall die des Generalintendanten ersetzen können. Diese Aspekte lassen die für ein freies Dienstverhältnis sprechenden Gesichtspunkte, etwa die freie Arbeitszeitgestaltung, bei einer Gesamtbetrachtung in den Hintergrund treten. Auch der Umstand, dass der „Intendantenvertrag“ dem Kläger die künstlerische Verantwor tung und gestalterische Freiheit einräumt, ändert im Ergebnis nichts.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 2. Dezember 2025 - 9 AZB 3/25 -
Vorinstanz: Thüringer Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 27. Januar 2025 - 2 Ta 81/24 -

*§ 611a Abs. 1 BGB lautet:

„§ 611a Arbeitsvertrag

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Wei sungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Ar beitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchfüh rung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2025 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell