BAG zu Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit

01.12.2021

Nr. 41/21

Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist dies bei der Berech-nung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist bei der Beklagten drei Tage wöchentlich als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten beschäftigt. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erho-lungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Dies entsprach bei einer vereinbarten Dreitage-woche einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte Kurzarbeit ein. Dazu trafen die Parteien Kurzarbeitsvereinbarungen, auf deren Grundlage die Klägerin ua. in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen arbeitete.

Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeits-tage. Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat den Stand-punkt eingenommen, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, den Ur-laub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr weitere 2,5 Urlaubstage zu.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte beim Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitneh-mer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).* Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien - wie im vorliegenden Fall - für die Berech-nung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.

Bei der vertraglichen Dreitagewoche der Klägerin errechnete sich zunächst ein Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigte eine unterjährige Neube-rechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausge-fallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Ar-beitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2020 2

übersteigt deshalb nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeitstage. Allein bei Zu-grundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen ist, hätte die Klä-gerin lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Ar-beitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2021 - 9 AZR 225/21 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2021 - 6 Sa 824/20 -

* Rechtsprechung des Senats vgl. BAG 19. März 2019 - 9 AZR 406/17 - (Sonderurlaub); vgl. 24. September 2019 - 9 AZR 481/18 - (Altersteilzeit).

In einer weiteren Sache hat der Neunte Senat erkannt, dass diese Grundsätze auch dann An-wendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung einge-führt worden ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2021 - 9 AZR 234/21 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg -, Urteil vom 3. Mai 2021

- 9 Sa 1/21 -

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