BFH: Rechtsprechungsänderung zur Anfechtbarkeit einer dem Arbeitgeber erteilten Anrufungsauskunft
Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil mit 30. April 2009 VI R 54/07 seine
Rechtsprechung zur Rechtsnatur einer Anrufungsauskunft (§ 42e des
Einkommensteuergesetzes - EStG -) geändert. Der Arbeitgeber kann danach eine
ihm erteilte Anrufungsauskunft jetzt auch durch das Finanzgericht inhaltlich
überprüfen lassen. Eine dem Arbeitgeber erteilte Anrufungsauskunft stellt
nicht nur eine Wissenserklärung des Finanzamts (FA) darüber dar, wie im
einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Sie ist
vielmehr ein feststellender Verwaltungsakt.
In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin, ein Unternehmen,
vom FA Auskunft darüber verlangt, ob ihre Mitarbeiter als Arbeitnehmer oder
als Selbständige zu beurteilen seien. Das FA hatte nach Prüfung einschlägiger
Unterlagen mehrfach die Auskunft erteilt, es handele sich um selbständig
Tätige. Unter Änderung seiner Rechtsauffassung widerrief das FA diese
Anrufungsauskunft; die Mitarbeiter seien Arbeitnehmer. Im Einklang mit der
früheren Rechtsprechung des BFH vertraten sowohl das FA als auch die
Vorinstanz die Auffassung, gegen den Widerruf sei kein Rechtsbehelf gegeben.
Eine gerichtliche Entscheidung in der Sache könne nur im Steuerfestsetzungs-
oder im Haftungsverfahren herbeigeführt werden.
Diese Rechtsprechung hat der BFH aufgegeben. Er vertritt nunmehr die
Auffassung, die Anrufungsauskunft stelle - ebenso wie die neu geregelte
verbindliche Auskunft (Zusage) nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung - einen
Verwaltungsakt dar, gegen den Einspruch und Klage gegeben sei. § 42e EStG
ziele darauf ab, präventiv Konflikte zwischen dem Arbeitgeber und dem FA zu
vermeiden und auftretende lohnsteuerliche Fragen, die häufig auch die
wirtschaftliche Dispositionen des Arbeitgebers berühren, in einem besonderen
Verfahren zeitnah einer Klärung zuzuführen. Es sei mit den Grundsätzen eines
fairen Verfahrens nicht vereinbar, dem vom Fiskus in die Pflicht genommenen
Arbeitgeber, der mit einer Anrufungsauskunft nicht einverstanden sei, anheim
zu stellen, die Lohnsteuer zunächst (ggf. rechtswidrig) einzuhalten und
abzuführen, Rechtsschutz jedoch erst durch Anfechtung der Lohnsteuer- bzw.
Haftungsbescheide zu gewähren.