BFH: Rechtsprechungsänderung zur Anfechtbarkeit einer dem Arbeitgeber erteilten Anrufungsauskunft

29.07.2009

Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil mit 30. April 2009 VI R 54/07 seine

Rechtsprechung zur Rechtsnatur einer Anrufungsauskunft (§ 42e des

Einkommensteuergesetzes - EStG -) geändert. Der Arbeitgeber kann danach eine

ihm erteilte Anrufungsauskunft jetzt auch durch das Finanzgericht inhaltlich

überprüfen lassen. Eine dem Arbeitgeber erteilte Anrufungsauskunft stellt

nicht nur eine Wissenserklärung des Finanzamts (FA) darüber dar, wie im

einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Sie ist

vielmehr ein feststellender Verwaltungsakt.

In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin, ein Unternehmen,

vom FA Auskunft darüber verlangt, ob ihre Mitarbeiter als Arbeitnehmer oder

als Selbständige zu beurteilen seien. Das FA hatte nach Prüfung einschlägiger

Unterlagen mehrfach die Auskunft erteilt, es handele sich um selbständig

Tätige. Unter Änderung seiner Rechtsauffassung widerrief das FA diese

Anrufungsauskunft; die Mitarbeiter seien Arbeitnehmer. Im Einklang mit der

früheren Rechtsprechung des BFH vertraten sowohl das FA als auch die

Vorinstanz die Auffassung, gegen den Widerruf sei kein Rechtsbehelf gegeben.

Eine gerichtliche Entscheidung in der Sache könne nur im Steuerfestsetzungs-

oder im Haftungsverfahren herbeigeführt werden.

Diese Rechtsprechung hat der BFH aufgegeben. Er vertritt nunmehr die

Auffassung, die Anrufungsauskunft stelle - ebenso wie die neu geregelte

verbindliche Auskunft (Zusage) nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung - einen

Verwaltungsakt dar, gegen den Einspruch und Klage gegeben sei. § 42e EStG

ziele darauf ab, präventiv Konflikte zwischen dem Arbeitgeber und dem FA zu

vermeiden und auftretende lohnsteuerliche Fragen, die häufig auch die

wirtschaftliche Dispositionen des Arbeitgebers berühren, in einem besonderen

Verfahren zeitnah einer Klärung zuzuführen. Es sei mit den Grundsätzen eines

fairen Verfahrens nicht vereinbar, dem vom Fiskus in die Pflicht genommenen

Arbeitgeber, der mit einer Anrufungsauskunft nicht einverstanden sei, anheim

zu stellen, die Lohnsteuer zunächst (ggf. rechtswidrig) einzuhalten und

abzuführen, Rechtsschutz jedoch erst durch Anfechtung der Lohnsteuer- bzw.

Haftungsbescheide zu gewähren.

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