BGH: Banken müssen die Erfüllung ihrer Beratungs- und Aufklärungspflichten gegenüber Kapitalanlegern nicht schriftlich dokumentieren

30.01.2006

Bundesgerichtshof

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des

Bundesge-richtshofes hat entschieden, dass Kreditinstitute keine

zivilrechtliche Pflicht oder Obliegenheit zur schriftlichen Dokumentation

der Erfüllung ihrer Bera-tungs- und Aufklärungspflichten gegenüber

Kapitalanlegern haben. In dem zugrunde liegenden Fall nahm die Klägerin nach

erheblichen Kursverlusten die beklagte Bank wegen eines angeblichen

Beratungsverschuldens bei der Umschichtung eines Wertpapierdepots auf

Schadensersatz in Anspruch. Sie behauptete, ein Angestellter der beklagten

Bank habe ihr trotz konservativen Anlageverhaltens die Umschichtung des

Depots in Anteile an hochspekulati-ven Multimedia-, Biotechnologie-,

Software- und Internetfonds empfohlen. Die Vorinstanzen haben die Klage

abgewiesen, weil die Klägerin den Beweis für eine fehlerhafte Anlageberatung

nicht erbracht habe. Mit der vom Senat zuge-lassenen Revision hat die

Klägerin u.a. geltend gemacht, zu ihren Gunsten griffen eine

Beweislastumkehr oder Beweiserleichterungen ein, weil die beklagte Bank die

Erfüllung ihrer Beratungs- und Aufklärungspflichten nicht schriftlich

dokumentiert hat.

Der XI. Zivilsenat hat die Revision zurückgewiesen. Nach ständiger

Recht-sprechung des Bundesgerichtshofes trägt, auch im Bereich der

Anlagebera-tung, derjenige, der eine Aufklärungs- oder

Beratungspflichtverletzung be-hauptet, dafür die Beweislast. Zum Ausgleich

der mit dem Nachweis einer ne-gativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten

muss die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Partei die behauptete

Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen, wie im einzelnen beraten

bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der

Nachweis, dass diese Gegen-darstellung nicht zutrifft.

Diese Beweislastverteilung gilt unabhängig davon, ob der Beratungs- und

Aufklärungspflichtige die Erfüllung seiner Pflichten schriftlich

dokumentiert hat. Eine Obliegenheit oder Pflicht zur Dokumentation besteht

nicht. Sie er-gibt sich weder aus dem Beratungsvertrag noch aus dem

Wertpapierhandels-gesetz (WpHG). Die in § 34 Abs. 1 WpHG aufgeführten

gesetzlichen Auf-zeichnungspflichten beziehen sich nur auf den

Geschäftsabschluss und set-zen damit erst nach der (unterlassenen)

Aufklärung bzw. Beratung ein. Eine Rechtsverordnung gemäß § 34 Abs. 2 WpHG

zur Begründung weiterer Auf-zeichnungspflichten ist bislang nicht erlassen

worden. Auch die so genannten Wohlverhaltensregeln der §§ 31 und 32 WpHG

sowie die zu ihrer Konkretisie-rung erlassene Richtlinie gemäß § 35 Abs. 6

WpHG sehen eine Aufzeichnung des Aufklärungs- bzw. Beratungsgespräches nicht

vor.

Urteil vom 24. Januar 2006 XI ZR 320/04

 

LG Koblenz Urteil vom 15. Oktober 2003 3 O 25/03

 

OLG Koblenz Urteil vom 9. September 2004 6 U 1336/03

 

Karlsruhe, den 24. Januar 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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