BGH: Banken müssen die Erfüllung ihrer Beratungs- und Aufklärungspflichten gegenüber Kapitalanlegern nicht schriftlich dokumentieren
Bundesgerichtshof
Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des
Bundesge-richtshofes hat entschieden, dass Kreditinstitute keine
zivilrechtliche Pflicht oder Obliegenheit zur schriftlichen Dokumentation
der Erfüllung ihrer Bera-tungs- und Aufklärungspflichten gegenüber
Kapitalanlegern haben. In dem zugrunde liegenden Fall nahm die Klägerin nach
erheblichen Kursverlusten die beklagte Bank wegen eines angeblichen
Beratungsverschuldens bei der Umschichtung eines Wertpapierdepots auf
Schadensersatz in Anspruch. Sie behauptete, ein Angestellter der beklagten
Bank habe ihr trotz konservativen Anlageverhaltens die Umschichtung des
Depots in Anteile an hochspekulati-ven Multimedia-, Biotechnologie-,
Software- und Internetfonds empfohlen. Die Vorinstanzen haben die Klage
abgewiesen, weil die Klägerin den Beweis für eine fehlerhafte Anlageberatung
nicht erbracht habe. Mit der vom Senat zuge-lassenen Revision hat die
Klägerin u.a. geltend gemacht, zu ihren Gunsten griffen eine
Beweislastumkehr oder Beweiserleichterungen ein, weil die beklagte Bank die
Erfüllung ihrer Beratungs- und Aufklärungspflichten nicht schriftlich
dokumentiert hat.
Der XI. Zivilsenat hat die Revision zurückgewiesen. Nach ständiger
Recht-sprechung des Bundesgerichtshofes trägt, auch im Bereich der
Anlagebera-tung, derjenige, der eine Aufklärungs- oder
Beratungspflichtverletzung be-hauptet, dafür die Beweislast. Zum Ausgleich
der mit dem Nachweis einer ne-gativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten
muss die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Partei die behauptete
Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen, wie im einzelnen beraten
bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der
Nachweis, dass diese Gegen-darstellung nicht zutrifft.
Diese Beweislastverteilung gilt unabhängig davon, ob der Beratungs- und
Aufklärungspflichtige die Erfüllung seiner Pflichten schriftlich
dokumentiert hat. Eine Obliegenheit oder Pflicht zur Dokumentation besteht
nicht. Sie er-gibt sich weder aus dem Beratungsvertrag noch aus dem
Wertpapierhandels-gesetz (WpHG). Die in § 34 Abs. 1 WpHG aufgeführten
gesetzlichen Auf-zeichnungspflichten beziehen sich nur auf den
Geschäftsabschluss und set-zen damit erst nach der (unterlassenen)
Aufklärung bzw. Beratung ein. Eine Rechtsverordnung gemäß § 34 Abs. 2 WpHG
zur Begründung weiterer Auf-zeichnungspflichten ist bislang nicht erlassen
worden. Auch die so genannten Wohlverhaltensregeln der §§ 31 und 32 WpHG
sowie die zu ihrer Konkretisie-rung erlassene Richtlinie gemäß § 35 Abs. 6
WpHG sehen eine Aufzeichnung des Aufklärungs- bzw. Beratungsgespräches nicht
vor.
Urteil vom 24. Januar 2006 XI ZR 320/04
LG Koblenz Urteil vom 15. Oktober 2003 3 O 25/03
OLG Koblenz Urteil vom 9. September 2004 6 U 1336/03
Karlsruhe, den 24. Januar 2006
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