BGH: Beteiligung des Erdgeschossmieters an den Aufzugskosten
Bundesgerichtshof
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Vermieter von Wohnraum
die Kosten für den Betrieb eines Aufzugs durch Formularvertrag auch auf den
Mieter einer Erdgeschosswohnung umlegen darf.
Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers im Erdgeschoss einer
Seniorenanlage, die mit einem Aufzug ausgestattet ist. Zu dem Mietobjekt
der Beklagten gehörte weder ein mit dem Aufzug erreichbarer Keller noch ein
Dachboden. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Formularmietvertrag
sollten Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung,
unter anderem die Kosten des Aufzugs, umgelegt werden. Gestützt darauf
verlangte der Kläger von den Beklagten mit einer Nebenkostennachforderung
für das Jahr 2004 einen anteiligen, nach dem Maßstab der Wohnfläche
umgelegten Betrag von 141,37 für Betriebskosten des Aufzugs. Das
Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung
hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung der Aufzugskosten verurteilt.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat der
Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
Gemäß § 556 Abs. 1 BGB können die Mietvertragsparteien vereinbaren, dass der
Mieter Kosten des Aufzugsbetriebs trägt. Der VIII. Zivilsenat hat
entschieden, dass eine solche Vereinbarung auch formularvertraglich mit
einem Erdgeschossmieter geschlossen werden kann; sie ist unabhängig von
einem konkreten Nutzen des Aufzugs für diesen Mieter nicht wegen
unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Zulässigkeit der Umlage von Aufzugskosten auf sämtliche Mieter
einschließlich des Erdgeschossmieters ergibt sich allerdings bei preisfreiem
Wohnraum, wie er im Streitfall vorlag, nach der Ansicht des
Bundesgerichtshofs entgegen einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung
und Literatur nicht schon aus § 24 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1970
(NMV). Die Vorschrift sieht für preisgebundenen Wohnraum vor, dass die
Kosten des Betriebs von Aufzügen nach dem Verhältnis der Wohnflächen
umgelegt werden dürfen und Wohnraum im Erdgeschoss von der Umlage lediglich
ausgenommen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat es abgelehnt, die
Regelung auf den preisfreien Wohnraum zu übertragen, weil es sich dabei um
auslaufendes, nur noch auf den Altbestand im sozialen Wohnungsbau
anzuwendendes Recht handelt.
Er hat vielmehr als maßgeblich angesehen, dass die formularmäßige
Beteiligung auch des Mieters einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung an den
Aufzugskosten nicht von der allgemeinen wohnraummietrechtlichen Regelung des
§ 556a Abs. 1 Satz 1 BGB abweicht. Nach dieser Vorschrift sind die
Betriebskosten grundsätzlich nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, wobei
von der Gesamtwohnfläche auszugehen ist. Die Beteiligung an den
Aufzugskosten benachteiligt den Erdgeschossmieter unabhängig von dem
konkreten Nutzen, den ihm der Aufzug bietet, nicht unangemessen.
Betriebskosten, die nicht von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten
Verursachung abhängen neben den Aufzugskosten etwa die Kosten der
Beleuchtung und Reinigung allgemein zugänglicher Bereiche oder Kosten der
Gartenpflege -, werden häufig von den einzelnen Mietern in unterschiedlichem
Umfang verursacht oder es werden die damit verbundenen Vorteile von ihnen in
unterschiedlichem Maße genutzt. Eine nach der konkreten Verursachung oder
tatsächlichen Nutzung differenzierende Umlage dieser Kosten auf die Mieter
wäre vielfach nicht praktikabel und hätte eine erhebliche
Unübersichtlichkeit und möglicherweise auch laufende Veränderungen in der
Abrechnung zur Folge. Gründe der Praktikabilität für den Vermieter und der
Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Abrechnung für den Mieter
sprechen deshalb für eine Abrechnung nach einem einheitlichen,
generalisierenden Maßstab, auch wenn gewisse Ungenauigkeiten bei der
Verteilung der Betriebskosten dann unvermeidlich sind. Eine solche
generalisierende Betrachtungsweise entspricht zudem der Intention des
Gesetzgebers, der mit der Regelung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB die Umlage
von Betriebskosten leichter handhabbar machen wollte.
Urteil vom 20. September 2006 VIII ZR 103/06
AG Gießen Entscheidung vom 4.1.2006 - 45 MC 836/05 ./. LG Gießen
Entscheidung vom 22.3.2006 - 1 S 45/06
Karlsruhe, den 20. September 2006
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