BGH: Beteiligung des Erdgeschossmieters an den Aufzugskosten

21.09.2006

Bundesgerichtshof

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des

Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Vermieter von Wohnraum

die Kosten für den Betrieb eines Aufzugs durch Formularvertrag auch auf den

Mieter einer Erdgeschosswohnung umlegen darf.

Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers im Erdgeschoss einer

Se­niorenanlage, die mit einem Aufzug ausgestattet ist. Zu dem Mietobjekt

der Beklagten gehörte weder ein mit dem Aufzug erreichbarer Keller noch ein

Dachboden. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Formularmietvertrag

sollten Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung,

unter anderem die Kosten des Aufzugs, umgelegt werden. Gestützt darauf

verlangte der Kläger von den Beklagten mit einer Nebenkostennachforderung

für das Jahr 2004 einen anteiligen, nach dem Maßstab der Wohnfläche

umgelegten Betrag von 141,37 € für Betriebskosten des Aufzugs. Das

Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung

hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung der Aufzugskosten verurteilt.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat der

Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Gemäß § 556 Abs. 1 BGB können die Mietvertragsparteien vereinbaren, dass der

Mieter Kosten des Aufzugsbetriebs trägt. Der VIII. Zivilsenat hat

entschieden, dass eine solche Vereinbarung auch formularvertraglich mit

einem Erdgeschossmieter geschlossen werden kann; sie ist unabhängig von

einem konkreten Nutzen des Aufzugs für diesen Mieter nicht wegen

unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Zulässigkeit der Umlage von Aufzugskosten auf sämtliche Mieter

einschließlich des Erdgeschossmieters ergibt sich allerdings bei preisfreiem

Wohnraum, wie er im Streitfall vorlag, nach der Ansicht des

Bundesgerichtshofs entgegen einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung

und Literatur nicht schon aus § 24 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1970

(NMV). Die Vorschrift sieht für preisgebundenen Wohnraum vor, dass die

Kosten des Betriebs von Aufzügen nach dem Verhältnis der Wohnflächen

umgelegt werden dürfen und Wohnraum im Erdgeschoss von der Umlage lediglich

ausgenommen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat es abgelehnt, die

Regelung auf den preisfreien Wohnraum zu übertragen, weil es sich dabei um

auslaufendes, nur noch auf den Altbestand im sozialen Wohnungsbau

anzuwendendes Recht handelt.

Er hat vielmehr als maßgeblich angesehen, dass die formularmäßige

Beteiligung auch des Mieters einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung an den

Aufzugskosten nicht von der allgemeinen wohnraummietrechtlichen Regelung des

§ 556a Abs. 1 Satz 1 BGB abweicht. Nach dieser Vorschrift sind die

Betriebskosten grundsätzlich nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, wobei

von der Gesamtwohnfläche auszugehen ist. Die Beteiligung an den

Aufzugskosten benachteiligt den Erdgeschossmieter unabhängig von dem

konkreten Nutzen, den ihm der Aufzug bietet, nicht unangemessen.

Betriebskosten, die nicht von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten

Verursachung abhängen – neben den Aufzugskosten etwa die Kosten der

Beleuchtung und Reinigung allgemein zugänglicher Bereiche oder Kosten der

Gartenpflege -, werden häufig von den einzelnen Mietern in unterschiedlichem

Umfang verursacht oder es werden die damit verbundenen Vorteile von ihnen in

unterschiedlichem Maße genutzt. Eine nach der konkreten Verursachung oder

tatsächlichen Nutzung differenzierende Umlage dieser Kosten auf die Mieter

wäre vielfach nicht praktikabel und hätte eine erhebliche

Unübersichtlichkeit und möglicherweise auch laufende Veränderungen in der

Abrechnung zur Folge. Gründe der Praktikabilität für den Vermieter und der

Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Abrechnung für den Mieter

sprechen deshalb für eine Abrechnung nach einem einheitlichen,

generalisierenden Maßstab, auch wenn gewisse Ungenauigkeiten bei der

Verteilung der Betriebskosten dann unvermeidlich sind. Eine solche

generalisierende Betrachtungsweise entspricht zudem der Intention des

Gesetzgebers, der mit der Regelung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB die Umlage

von Betriebskosten leichter handhabbar machen wollte.

Urteil vom 20. September 2006 – VIII ZR 103/06

AG Gießen – Entscheidung vom 4.1.2006 - 45 MC 836/05 ./. LG Gießen –

Entscheidung vom 22.3.2006 - 1 S 45/06

Karlsruhe, den 20. September 2006

Bundesgerichtshof

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