BGH: Kartellsenat zu Hörfunkrechten an Bundesligaspielen: Fußballvereine dürfen auch von Hörfunksendern - Entgelt für die Berichterstattung aus den Stadien verlangen
Bundesgerichtshof
Fußballvereine (im Streitfall handelte es sich um den HSV und den FC St.
Pauli) sind berechtigt, auch von Hörfunksendern (hier: Radio Hamburg) für
die Berichter-stattung über Bundesligaheimspiele ein besonderes Entgelt zu
verlangen, wenn die-se Berichterstattung aus den Stadien der Vereine
erfolgt. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden.
Der HSV und FC St. Pauli sind, wie alle lizenzierten Vereine und
Kapitalgesellschaf-ten, deren Mannschaften den Fußball-Lizenzligen
angehören, Mitglied im sogenann-ten Ligaverband. Der DFB hat dem Ligaverband
die Vermarktungsrechte an der Bundesliga überlassen. Der Ligaverband hat
diese Rechte seinerseits auf die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL)
übertragen. Anders als bei Fernsehübertragun-gen verlangten die
Fußballvereine für die Radioberichterstattung aus den Stadien bis zur Saison
1999/2000 kein Entgelt. Inzwischen hat die DFL für ihre Mitglieder
Ver-marktungskonzepte entwickelt, die die entgeltliche Vergabe von
Verwertungsrechten an Bundesligaspielen nicht nur für die Fernseh-, sondern
auch für die Radiobericht-erstattung sowie das Internet vorsehen. Danach
sollen die Sender in jeder Bundesli-gasaison für die Radioberichterstattung
aus den Stadien vom Umfang der Berichter-stattung abhängige
Pauschalzahlungen leisten.
Radio Hamburg begehrt u.a. die Feststellung, dass dem HSV, dem FC St. Pauli
und der DFL keine Hörfunkrechte an den Bundesligaheimspielen (der FC St.
Pauli spielte in der Saison 2001/2002 in der 1. Bundesliga und 2002/2003 in
der 2. Bun-desliga) zustehen. Ferner will der Sender geklärt wissen, ob die
verklagten Fußball-vereine für die Nutzung der Presseplätze, die Teilnahme
an allen Pressekonferen-zen, den Zutritt zu Mixed-Zonen, einen Arbeitsplatz
und technische Dienstleistungen, eine über die Summe der hierfür
aufgewandten Kosten (Aufwendungsersatz) und über das sonst übliche
Eintrittsentgelt hinausgehende Vergütung verlangen können. Das Landgericht
Hamburg hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beru-fung hat das
Oberlandesgericht Hamburg zurückgewiesen.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidungen der
Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt und die von Radio Hamburg eingelegte
Revision zurückgewie-sen.
Nach dem Urteil dürfen die beklagten Fußballvereine als Veranstalter der
Spiele bestimmen, dass mit dem Erwerb einer Eintrittskarte noch nicht die
Befugnis zur Rundfunkberichterstattung aus dem Stadion erworben wird. Darin
liegt weder ein Verstoß gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot
des § 20 Abs. 1 GWB noch gegen das Verbot, eine marktbeherrschende Stellung
durch die Forderung von Entgelten mißbräuchlich auszunutzen, die von
denjenigen Entgelten abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher
Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 GWB). Den beklagten
Fußballvereinen steht als (Mit-)Veranstaltern der Heimspiele ihrer
Mannschaften das aus §§ 858 ff., 1004 BGB abzuleitende Hausrecht zur Seite.
Das Hausrecht bildet eine ausreichende Grundlage dafür, den Zutritt von
Hörfunkveranstaltern von der Entrichtung von Entgelten für die
Hörfunkbe-richterstattung aus dem Stadion abhängig zu machen. Das Hausrecht
ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er
die Örtlichkeit zugänglich macht und wem nicht. Dies schließt das Recht
ein, den Zutritt auch als Voraussetzung für die Radioberichterstattung -
von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen.
Die sachliche Rechtfertigung dafür, dass für die Möglichkeit zur
Radioberichterstat-tung ein höheres Entgelt als der normale Eintrittspreis
verlangt wird, sieht der Bun-desgerichtshof darin, dass ein
Hörfunkveranstalter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion und zu dem dort
veranstalteten Spiel intensiver nutzt als ein normaler Zu-schauer oder auch
Pressevertreter. Das wird auch an den Leistungen deutlich, die Radio Hamburg
für seine Radio-Reporter in Anspruch nimmt (Presseplätze, Teil-nahme an
allen Pressekonferenzen, Zutritt zu den Mixed-Zonen, Arbeitsplatz und
technische Dienstleistungen).
Die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) verleiht Radio Hamburg nicht
das Recht, den der Öffentlichkeit gewährten Zutritt zum Stadion und zum
Spiel gegen bloßen Aufwendungsersatz zu nutzen. Denn die Veranstaltung der
Bundesligaspiele steht ihrerseits unter dem verfassungsrechtlichen Schutz
der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Müsste der Veranstalter
Rundfunkübertragungen von Bundesligaspielen unentgeltlich ermöglichen, wäre
ihm ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung genommen.
Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Vermarktung von
Hörfunkrechten nicht dazu führen darf, dass der Hörfunkveranstalter etwa
durch eine vertragliche Verpflichtung zur Verbreitung redaktioneller
Beiträge zum Thema Fußball in der freien Gestaltung seines Programms und
der aktuellen und von Dritten unbeeinfluss-ten Information seiner Hörer
behindert wird.
Urteil vom 8. November 2005 KZR 37/03
LG Hamburg - Urteil vom 26. April 2002 308 O 415/01
OLG Hamburg - Urteil vom 12. Juni 2003 5 U 67/02
Karlsruhe, den 8. November 2005
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