BGH: Presse durfte über Verkehrsverstoß von Ernst August Prinz von Hannover berichten

16.11.2005

Bundesgerichtshof

Im August 2003 berichteten zahlreiche Presseorgane, Ernst August Prinz von

Han-nover sei von einem französischen Gericht zu einem Bußgeld verurteilt

und mit ei-nem Monat Fahrverbot belegt worden, weil er eine französische

Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 211 km/h befahren habe, obwohl dort

die Höchstgeschwindig-keit 130 km/h beträgt. Der Prinz hat daraufhin beim

Landgericht Berlin drei Presse-verlage auf Unterlassung dieser

Berichterstattung verklagt. Er sieht in der – mit ei-nem Foto von ihm

bebilderten - Berichterstattung über den nach seiner Ansicht un-wesentlichen

Vorfall eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und meint, da-durch

werde er an den Pranger gestellt, ohne dass ein Informationsinteresse

bestehe.

Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Auf die Berufungen der

Presseverla-ge hat das Kammergericht Berlin die Klagen abgewiesen, weil die

Meldung der Wahrheit entspreche und ein erhebliches Informationsinteresse

der Öffentlichkeit bestanden habe.

Der unter anderem für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI.

Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diesen Rechtsstandpunkt im Ergebnis

gebilligt. Zwar stellt die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat

unter Namensnennung, Ab-bildung oder Darstellung des Täters regelmäßig eine

erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters dar.

Andererseits gehören Straftaten zum Zeit-geschehen, über das die Medien die

Öffentlichkeit grundsätzlich zu unterrichten ha-ben. Eine vollständige

Berichterstattung unter Namensnennung und Abbildung des Täters kann je nach

Art der Tat und der Person des Täters zulässig sein. Sie ist nicht

prinzipiell auf schwere Straftaten beschränkt. Der Bundesgerichtshof hat die

Auffas-sung des Berufungsgerichts bestätigt, dass eine Berichterstattung

hier zulässig war. Es handelte sich um einen schwerwiegenden

Verkehrsverstoß, der schon als solcher geeignet ist, Anlass zu öffentlicher

Diskussion zu geben. Hierüber darf jedenfalls dann mit Namensnennung und

Abbildung berichtet werden, wenn er von einer in der Öffentlichkeit

bekannten Person begangen wurde.

Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VI ZR 287/04, VI ZR 288/04

 

LG Berlin – Entscheidung vom 18.3.2004 - 27 O 791/03,

 

KG Berlin – Entscheidung vom 14.9.2004 - 9 U 84/04

 

LG Berlin – Entscheidung vom 18.3.2004 - 27 O 790/03

 

KG Berlin – Entscheidung vom 14.9.2004 – 9 U 95/04

 

LG Berlin – Entscheidung vom 23.3.2004 - 27 O 844/03

 

KG Berlin – Entscheidung vom 14.9.2004 – 9 U 93/04

 

Karlsruhe, 15. November 2005

 

 

Bundesgerichtshof

 

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Angela Haasters

 

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