BGH: „Rote Mitte“ von Oskar Schlemmer – Unterlassungsanspruch gegen unberechtigte Eigentumsberühmung

25.10.2005

Bundesgerichtshof

Der II. Zivilsenat, der schon in der Vergangenheit mit Eigentumsfragen an

den Wer-ken des Malers Oskar Schlemmer befaßt gewesen ist, hat heute

entschieden, dass der Enkel des Künstlers nicht behaupten darf, das von

seinem Großvater gemalte Bild „Rote Mitte“ stehe im Eigentum des

Familiennachlasses Oskar Schlemmer.

Der Kläger, der im Besitz einer bedeutenden Kunstsammlung ist, erwarb im

Jahr 1983 das von Oskar Schlemmer im Jahr 1931 gemalte Bild „Rote Mitte“ von

einer deutschen Galerie, die das Werk im Jahr 1959 im Rahmen einer Auktion

in den Ver-einigten Staaten ersteigert hatte. Zwischen den Parteien besteht

Einigkeit darüber, dass der Kläger – zumindest durch Ersitzung nach § 937

BGB – Eigentümer des Bil-des ist, selbst wenn das Werk dem Künstler durch

einen Akt der nationalsozialisti-schen Machthaber entzogen worden sein

sollte. Der Beklagte, ein Enkel Oskar Schlemmers, hat in einem als

„vertraulich“ gekennzeichneten, an einen Kunstverlag gerichteten Schreiben,

das den Briefkopf „Oskar Schlemmer Sekretariat und Archiv ..“ trägt,

geäußert, der „Familiennachlass Oskar Schlemmer“ sei Eigentümer des Bil-des

„Rote Mitte“. Der hiervon durch den Kunstverlag unterrichtete Kläger

verlangt von dem Beklagten, diese Behauptung zu unterlassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr

stattgege-ben. Der II. Zivilsenat hat die Revision zugelassen und das

Berufungsurteil bestätigt. In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Frage

unterschiedlich beantwortet, ob überhaupt und ggf. unter welchen

Voraussetzungen in einer unberechtigten Eigen-tumsberühmung, wie sie in der

Äußerung des Enkels von Oskar Schlemmer zu se-hen ist, eine Beeinträchtigung

des Eigentums liegt, gegen die der betroffene Eigen-tümer mit der

Unterlassungsklage (§ 1004 Abs. 1 BGB) vorgehen kann. Der II. Zivil-senat

differenziert: Berühmt sich jemand dem Eigentümer selbst gegenüber als

In-haber des dinglichen Rechts, reicht es aus, dass dieser auf dem Wege der

Feststel-lungsklage die Frage klären läßt. Anders verhält es sich indessen,

wenn die Eigen-tumsberühmung gegenüber einem außenstehenden Dritten – wie in

dem entschie-denen Fall – zum Ausdruck gebracht wird. Dann bedarf der

Eigentümer der Unter-lassungsklage, um sich wirksam gegen die mit der

unrichtigen Behauptung verbun-denen Beeinträchtigungen zur Wehr setzen zu

können. Gerade auf dem Gebiet des Kunstmarktes wird dies deutlich, weil der

rechtmäßige Eigentümer, könnte er gegen die Eigentumsberühmung nicht auf dem

Wege der Unterlassungsklage vorgehen, gehindert wäre, von seinem

ausschließlichen Recht (§ 903 BGB) Gebrauch zu ma-chen, etwa das Werk für

Ausstellungen auszuleihen oder es an Interessenten zu verkaufen.

Urteil vom 24. Oktober 2005 – II ZR 329/03

 

Landgericht Ravensburg – Entscheidung vom 7. Februar 2003 – 4 O 354/02 ./.

Oberlandesgericht Stuttgart – Entscheidung vom 23. September 2003 – 12 U

42/03

 

 

Karlsruhe, den 24. Oktober 2005

 

 

Bundesgerichtshof

 

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