BGH: Rückzahlung von im Rahmen eines" Schenkkreises" gezahltem Geld
Bundesgerichtshof
Der Kläger verlangte in den beiden Verfahren die Rückerstattung von
Beträgen, die er im Zuge der Teilnahme an einem sogenannten "Schenkkreis" an
die Beklagten gezahlt hat.
Die "Schenkkreise" waren nach Art einer Pyramide organisiert. Die an der
Spitze stehenden Mitglieder des "Empfängerkreises" erhielten von ihnen
nachgeordneten "Geberkreisen" bestimmte Geldbeträge. Darauf schieden die
"Beschenkten" aus dem "Spiel" aus; an ihre Stelle traten die Mitglieder der
nächsten Ebene, die nunmehr die Empfängerposition einnahmen. Es galt dann,
genügend Teilnehmer für neu zu bildende "Geberkreise" zu finden, die bereit
waren, den festgelegten Betrag an die in den "Empfängerkreis" aufgerückten
Personen zu zahlen. Die Anwerbung war Sache der auf der untersten Reihe
verbliebenen "Mitspieler".
In Kenntnis des vorbeschriebenen Systems trat der Kläger in einen
"Geberkreis" ein und zahlte an die Beklagten, die mit anderen den
"Empfängerkreis" besetzt hatten, jeweils 1.250 . Er wollte weiter im Spiel
bleiben und selbst später "Beschenkter" werden.
Amtsgericht und Berufungsgericht haben dem Kläger die jeweils eingeklagten
1.250 nebst Zinsen und Auslagen zugesprochen. Mit der von dem
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgten die Beklagten ihren
Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.
Der III. Zivilsenat hat die Revisionen zurückgewiesen.
Nach Auffassung des III. Zivilsenats kann der Kläger von den Beklagten die
gezahlten Beträge zurückfordern. Denn er hat sie ohne rechtlichen Grund
gezahlt. Die Vereinbarung des "Schenkkreises" war, da auf ein
Schneeballsystem gerichtet, sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1
BGB).
Der Bereicherungsanspruch scheiterte entgegen der Annahme der Revision auch
nicht an § 817 Satz 2 BGB. Die Vorschrift bestimmt, dass eine Rückforderung
ausgeschlossen ist, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Gesetz- oder
Sittenverstoß zur Last fällt.
Diesbezüglich hatte das Berufungsgericht ausgeführt, es spreche zwar einiges
dafür, dass der Kläger sich der Sittenwidrigkeit der Spielanlage bewusst
gewesen sei oder sich zumindest dieser Einsicht leichtfertig verschlossen
habe. Mit der Zahlung an die Beklagte habe er indes nicht unmittelbar
sittenwidrige Ziele verfolgt; er sei in dieser Phase des "Spiels" passiv
gewesen. Ob diese Erwägung zutrifft, konnte der III. Zivilsenat offenlassen.
Dem Berufungsgericht war jedenfalls darin beizutreten, dass der Grund und
Schutzzweck der Nichtigkeitssanktion (§ 138 Abs. 1 BGB) hier ausnahmsweise
- gegen eine Kondiktionssperre gemäß § 817 Satz 2 BGB spricht. Die in dem
Streitfall zu beurteilenden, nach dem Schneeballsystem organisierten
"Schenkkreise" waren anstößig (§ 138 Abs. 1 BGB), weil die große Masse der
Teilnehmer im Gegensatz zu den initiierenden "Mitspielern", die (meist)
sichere Gewinne erzielten - zwangsläufig keinen Gewinn machte, sondern
lediglich ihren "Einsatz" verlor. Das "Spiel" zielte allein darauf ab,
zugunsten einiger weniger "Mitspieler" leichtgläubige und unerfahrene
Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des "Einsatzes" zu bewegen. Einem
solchen sittenwidrigen Verhalten steuert § 138 Abs. 1 BGB, indem er für
entsprechende Vereinbarungen Nichtigkeit anordnet. Das würde aber im
Ergebnis konterkariert und die Initiatoren solcher "Spiele" zum Weitermachen
geradezu einladen, wenn sie die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder
ungeachtet der Nichtigkeit der das "Spiel" tragenden Abreden - behalten
dürften.
Der vorbeschriebenen, § 817 Satz 2 BGB einschränkenden Wertung steht nicht
entgegen, dass das aufgrund eines Spiels Geleistete gemäß § 762 Abs. 1 Satz
2 BGB nicht zurückgefordert werden kann. Diese Vorschrift greift nur dann
Platz, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Ist die
"Spielvereinbarung" wie hier - gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, gelten die
allgemeinen Regeln, d.h. die Rückforderung wegen ungerechtfertigter
Bereicherung ist zulässig.
Urteile vom 10. November 2005 - III ZR 72/05 und III ZR 73/05
Amtsgericht Altenkirchen(Westerwald) Entscheidung vom 23.9.2004 71 C
304/04 ./.
Landgericht Koblenz Entscheidung vom 16.3.2005 12 S 270/04
Amtsgericht Altenkirchen (Westerwald) Entscheidung vom 23.9.2004 71 C
303/04 ./.
Landgericht Koblenz Entscheidung vom 16.3.2005 12 S 276/04
Karlsruhe, den 11. November 2005
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