BGH: Sittenwidrigkeit eines Kaufvertrags über den Erwerb eines Radarwarngeräts

24.02.2005

Bundesgerichtshof

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichts-hofs hat heute entschieden, daß dem Käufer eines Radarwarngeräts kein Anspruch auf Rückabwicklung des wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Kaufvertrages zusteht.

Die Klägerin erwarb von der Beklagten ein Radarwarngerät mit einer Basis-Codierung für Deutschland. Sie verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, das Gerät funktioniere nicht; es habe an verschiedenen polizeili-chen Radarmeßstellen im Bundesgebiet kein Warnsignal abgegeben. Das Amtsge-richt hat die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückga-be des Radarwarngeräts verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landge-richt die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Vertrag über den Kauf des Radarwarngeräts war nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil er gegen die guten Sitten verstieß. Der Kauf eines Radarwarngeräts, das auf-grund seiner Codierung zum Einsatz im deutschen Straßenverkehr bestimmt ist, dient der Begehung eines nach § 23 Abs. 1 b der Straßenverkehrsordnung (StVO) verbotenen Verhaltens im Straßenverkehr, durch das Geschwindigkeitskontrollen unterlaufen und Geschwindigkeitsübertretungen mit den damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben Dritter begünstigt werden. Ein solches Rechtsgeschäft, das letztlich darauf gerichtet ist, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen, verstößt gegen die guten Sitten und ist deshalb von der Rechtsordnung nicht zu billi-gen (§ 138 Abs. 1 BGB). Zwar untersagt § 23 Abs. 1 b StVO nicht schon den Erwerb eines Radarwarngeräts, sondern erst dessen Betrieb oder betriebsbereites Mitführen im Kraftfahrzeug. Jedoch ist der Erwerb des Geräts eine unmittelbare Vorberei-tungshandlung für dessen Betrieb, wenn das Gerät für den Betrieb im deutschen Straßenverkehr erworben wird. Deshalb ist bereits ein solcher Erwerb rechtlich zu mißbilligen. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Auffassung in der Recht-sprechung der Instanzgerichte und im rechtswissenschaftlichen Schrifttum.

Aufgrund der Unwirksamkeit des Kaufvertrages konnten vertragliche Gewährleis-tungsansprüche der Klägerin wegen der von ihr behaupteten Mängel des Radar-warngeräts nicht entstehen. Aber auch ein Anspruch auf Rückzahlung des zur Erfül-lung des nichtigen Vertrages geleisteten Kaufpreises stand der Klägerin nicht zu. Nach § 817 Satz 2 BGB ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen, wenn wie im vorliegenden Fall beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt. Der Ausschluß des Rückforderungsanspruchs trifft die Klägerin, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Beklagte infolge der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB aus dem sittenwidrigen Vertrieb von Radarwarngeräten wirtschaftliche Vorteile zieht, nicht unbillig. Denn die Klägerin handelte ebenfalls sittenwidrig und steht dem verbotenen Verhalten noch näher als die Beklagte, weil sie das Radarwarngerät zu dem Zweck erwarb, es ent-gegen dem Verbot des § 23 Abs. 1 b StVO zu verwenden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs verdienen beide Parteien im Hinblick auf das sittenwidrige Ge-schäft nicht den Schutz der Rechtsordnung. Es hat deshalb dabei zu bleiben, daß die in § 817 Satz 2 geregelte Rechtsschutzverweigerung grundsätzlich die Vertrags-partei trifft, die aus dem sittenwidrigen Geschäft Ansprüche herleitet.

Urteil vom 23. Februar 2005 VIII ZR 129/04 - AG Oldenburg - E8 C 8237/03 (XIII) ./. LG Oldenburg - 9 S 669/03

 

Karlsruhe, den 23. Februar 2005

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell