BGH: Verurteilung eines ehemaligen ukrainischen Abgeordneten wegen Untreue aufgehoben

15.08.2006

Bundesgerichtshof

Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim hat am 7. Juni 2004

nach 172 Verhandlungstagen den ehemaligen Abgeordneten des Obersten Rates

der Ukraine und Bankpräsidenten Z. wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe

von fünf Jahren und zehn Monaten sowie den ukrainischen Unternehmer D.

wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei

Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Z. zur Tatzeit

im Juni 1995 Vorstandsvorsitzender der Gradobank in Kiew, die damit

beauftragt war, von der Bundesrepublik Deutschland gezahlte

Entschädigungsleistungen für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung zu

verwalten. Der Angeklagte D. war Gesellschafter und Präsident der

ukrainischen Gesellschaft Horda, zu deren Geschäftsgegenstand die

Modernisierung und Privatisierung der veralteten ukrainischen

Zementindustrie gehörte. Um an den dabei zu erwartenden Gewinnen

teilzuhaben, beteiligte sich die den Angeklagten gemeinsam gehörende

Centurion Ltd. als Kommanditistin an einem deutschen Zementunternehmen,

wobei ein Teilbetrag der Einlage in Höhe von 4 Mio. DM binnen neun Tagen zu

bezahlen war. Die Angeklagten verschafften der Centurion Ltd. das benötigte

Kapital, über das diese nicht verfügte, indem sie zum Schein einen

Darlehensvertrag zwischen der Gradobank und der Horda sowie einen

Kaufvertrag zwischen der Horda und der Centurion Ltd. abschlossen. Da in

der Folgezeit die erhofften Rückflüsse aus der Kommanditbeteiligung

ausblieben, wurde das Darlehen nicht zurückbezahlt.

Das Landgericht hat angenommen, der Gradobank sei mit der Überweisung der

Kreditsumme ein Vermögensschaden entstanden, weil wegen der Unwirksamkeit

des Darlehensvertrages ein Rückzahlungsanspruch nicht entstanden und dieser

durch die vereinbarten Sicherheiten nicht abgesichert gewesen sei.

Auf die Revisionen der Angeklagten hat der 3. Strafsenat des

Bundesgerichtshofs das Urteil aufgehoben, weil die Wirtschaftsstrafkammer zu

Unrecht von der Unwirksamkeit des Darlehens- sowie des Sicherungsvertrages

ausgegangen ist und deshalb einen der Gradobank entstandenen

Vermögensschaden nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Er hat deshalb die

Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des

Landgerichts zurückverwiesen, die zunächst Gelegenheit zur Überprüfung

haben wird, ob auf die den Angeklagten zur Last liegende Tat noch deutsches

Strafrecht anwendbar ist.

Beschluss vom 27. Juni 2006 - 3 StR 403/05

LG Hildesheim – 16 KLs 993b Js 59653/00 – Entscheidung vom 7. Juni 2004

Karlsruhe, den 14. August 2006

 

Bundesgerichtshof

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