BMJ: Kabinett beschließt neue Regeln zur Stärkung des Anlegerschutzes

20.02.2009

Bundesministerium der Justiz

Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das Bundeskabinett heute ei-nen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Rechte von Anlegern gestärkt werden. So soll die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen im Fall einer Falschberatung bei Wertpapiergeschäften verbessert werden. Daneben wird das Schuldverschreibungsgesetz neu gefasst.

„Die aktuelle Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass es bei der Anlageberatung Defizite gibt. Die starke Renditeausrichtung vieler Banken hat offensichtlich zu einem derartigen Vertriebs-druck geführt, dass sich manche Berater mehr an den Vertriebsprovisionen als am Kunden-interesse orientiert haben. Es gibt zahlreiche Beschwerden von Anlegern, die geltend ma-chen, dass sie eigentlich eine risikolose Anlage wollten, ihnen der Bankberater aber tatsäch-lich eine riskante Anlage empfohlen hat, was sie erst jetzt aufgrund der Verluste in der Fi-nanzmarktkrise gemerkt haben. Berechtigte Schadensersatzansprüche wegen solcher Falschberatung dürfen nicht daran scheitern, dass der Anleger die fehlerhafte Beratung nicht nachweisen kann oder dass die bisherige kurze Verjährungsfrist schon abgelaufen ist. Unser Vorschlag dient dazu, künftig zu verhindern, dass den Verbrauchern Risikopapiere – wie zum Beispiel im Fall der US-Investmentbank Lehman Brothers – als sichere Anlagen ver-kauft werden. Mit den neuen Regelungen ziehen wir erste Konsequenzen aus der Finanz-marktkrise, um den Anlegerschutz zu verbessern“, erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Der heute beschlossene Gesetzentwurf enthält im Wesentlichen folgende Regelungen:

Beratungs- und Dokumentationspflicht

Banken werden künftig verpflichtet, den Inhalt jeder Anlageberatung zu protokollieren und dem Kunden eine Ausfertigung des Protokolls auszuhändigen. Der wesentliche Hergang des Beratungsgesprächs muss nachvollziehbar protokolliert werden. Dazu gehören insbesondere

die Angaben und Wünsche des Kunden sowie die von Berater erteilten Empfehlungen und die für diese Empfehlungen maßgeblichen Gründe. Die Dokumentationspflicht soll den Anla-geberater zu höherer Sorgfalt veranlassen, so dass insgesamt die Qualität der Beratung er-höht wird. In einem Prozess wegen schlechter Beratung kann sich der Kunden zudem auf das Beratungsprotokoll berufen. Geht aus dem Protokoll ein Beratungsfehler hervor, hat der Anleger das erforderliche Beweismittel in den Händen. Ist das Protokoll lückenhaft oder in sich unschlüssig – zum Beispiel weil nach den Kundenangaben eine risikolose Anlage ge-wünscht war, aber tatsächlich eine hochriskante Anlage empfohlen wurde – muss die Bank beweisen, dass sie gleichwohl ordnungsgemäß beraten hat.

Abschaffung der kurzen Sonderverjährungsfrist

Daneben wird die bestehende kurze Sonderverjährungsfrist bei Schadensersatzansprüchen wegen Falschberatung bei Wertpapieranlagen gestrichen. Künftig gilt auch für solche An-sprüche die regelmäßige Verjährung. Das bedeutet: Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung verjähren nicht mehr in drei Jahren seit Vertragsschluss. Die Dreijahresfrist beginnt vielmehr erst dann zu laufen, wenn der Anleger von dem Schaden erfahren hat. Un-abhängig von der Kenntnis des Anlegers vom Schaden verjähren die Ansprüche jedoch spä-testens in zehn Jahren.

Neufassung des Schuldverschreibungsgesetzes

Im Übrigen enthält das Gesetz eine Neufassung des Schuldverschreibungsgesetzes von 1899. Das alte Schuldverschreibungsgesetz schränkt die Befugnisse der Gläubiger aus heu-tiger Sicht zu stark ein und ist verfahrensrechtlich veraltet. Da die Märkte für Schuldver-schreibungen international geworden sind, soll das Schuldverschreibungsrecht international üblichen Anforderungen soweit wie möglich angepasst werden. Die Neufassung stellt klar, dass Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen international übliche Klauseln über Mehrheitsentscheidungen der Anleihegläubiger in einer Gläubigerversammlung zur Ände-rung der Anleihebedingungen enthalten dürfen. Hierzu werden zum Schutz der Schuldver-schreibungsgläubiger verbindliche Mindeststandards aufgestellt. Die Rechte der Gläubiger sollen gestärkt werden, indem ihre Befugnisse, mit Mehrheit über die Anleihebedingungen zu entscheiden, inhaltlich erweitert werden. Zusätzlich enthält der Gesetzentwurf Vorschriften darüber, wer stimmberechtigt ist, und führt die Möglichkeit eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger ein. Die Verfahrensregelungen zur Einberufung, Frist, Bekanntmachung von Gläubigerversammlungen werden modernisiert, die Anfechtung von Gläubigerbeschlüssen zugelassen sowie die Möglichkeit einer virtuellen Gläubigerversammlung eingeführt.

Schließlich wird im Schuldverschreibungsgesetz ein Transparenzgebot hinsichtlich der in der Schuldverschreibung versprochenen Leistung verankert - auch dies hilft dem Anleger, mögli-che Risiken aus einer Schuldverschreibung besser erkennen zu können. Gerade im Zusam-menhang mit der Finanzmarktkrise hat sich gezeigt, dass viele Anleger die Risiken der teil-weise hochkomplexen Produkte nicht hinreichend verstehen.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

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