BMJ: Neue und schnellere Wege zur Restschuldbefreiung – Stärkung der Gläubigerrechte
Zu der heutigen Verabschiedung des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte im Bundestag erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
Künftig wird für insolvente natürliche Personen ein wirtschaftlicher Neustart schneller möglich. Mit den Neuregelungen wird diesen Personen endlich die Möglichkeit eröffnet, sich früher als dies bislang möglich war von ihren restlichen Schulden zu befreien. Der Gesetzentwurf schafft zusätzliche und schnellere Wege zu einer Entschuldung und für den wirtschaftlichen Neuanfang.
In den nach dem 1. Juli 2014 beantragten Verfahren soll eine Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren – und nicht wie bislang nach sechs Jahren – möglich werden, wenn der Schuldner innerhalb dieses Zeitraums mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die Verfahrenskosten begleichen kann. Dem Schuldner werden durch diese Neuregelung Anreize gesetzt, möglichst viel zu bezahlen, um die frühzeitige Restschuldbefreiung zu erlangen. Dies kommt auch den Gläubigern zugute: Anstatt nach sechs Jahren leer auszugehen, erhalten sie nach drei Jahren einen signifikanten Teil ihrer Forderungen.
Außerdem öffnet der Entwurf das Insolvenzplanverfahren für Verbraucherinsolvenzverfahren und bietet damit einen weiteren Weg zur vorzeitigen Entschuldung – und zwar unabhängig von einer gesetzlich festgelegten Quote oder einer bestimmten Verfahrensdauer. So können alle Schuldner zusammen mit ihren Gläubigern die Voraussetzungen für die Entschuldung ganz individuell und unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls erarbeiten. Ein Insolvenzplan auch in Verbraucherinsolvenzverfahren beschlossen werden können, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt wurden oder werden.
Zusätzlich werden mit dem neuen Gesetz die Rechte der Gläubiger gestärkt: Das Versagungsverfahren wird vereinfacht; Gläubiger können zukünftig jederzeit schriftlich einen Versagungsantrag stellen. Dem Insolvenzverwalter wird im Verbraucherinsolvenzverfahren das Anfechtungsrecht übertragen. Ein weiteres wichtiges Anliegen, das mit dem Gesetz erreicht wird, ist der Schutz von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften vor dem Verlust ihrer Wohnung wegen Kündigung der Genossenschaftsanteile.
Zum Hintergrund:
Der Gesetzentwurf enthält Regelungen zur
- Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens,
- Öffnung des Planverfahrens für Verbraucherinsolvenzverfahren,
- Stärkung der Gläubigerrechte,
- insolvenzrechtlichen Sicherung der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaften.
Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens
Die Neuregelungen eröffnen Schuldnern die Möglichkeit, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs Jahren auf drei Jahre zu verkürzen. Diese Möglichkeit besteht, wenn es dem Schuldner gelingt, innerhalb der ersten drei Jahre des Verfahrens mindestens 35 % der Gläubigerforderungen und die Verfahrenskosten zu begleichen. Eine vorzeitige Restschuldbefreiung ist zudem nach fünf Jahren vorgesehen, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden können. Im Übrigen bleibt es bei der derzeitigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs Jahren.
Mit dieser differenzierten Regelung sucht das Gesetz einen Ausgleich zwischen den Interessen des Schuldners an einer möglichst schnellen Restschuldbefreiung, die ihm eine „zweite Chance“ eröffnet, und den Interessen der Gläubiger an der Realisierung der ihnen zustehenden Forderungen. Gleichzeitig werden auch die Landesjustizverwaltungen entlastet, welche über die Stundungsregelung des § 4a InsO an der Finanzierung der Insolvenzverfahren beteiligt sind.
Die Möglichkeit einer Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens steht allen natürlichen Personen offen. Sie ist nicht auf bestimmte Personengruppen wie Existenzgründer oder Verbraucher beschränkt.
Öffnung des Planverfahrens für Verbraucherinsolvenzen
Zudem eröffnet der Entwurf das Insolvenzplanverfahren für das Verbraucherinsolvenzverfahren, d.h. es wird den Gläubigern künftig möglich sein, maßgeschneiderte Pläne zur Bewältigung der Verbraucherinsolvenz auszuhandeln und in Gestalt eines Insolvenzplans zu beschließen. Da ein solcher Plan auch vorsehen kann, dass der Schuldner von seinen restlichen Verbindlichkeiten befreit wird (§ 227 Abs. 1 InsO), kann der Verbraucher in diesen Fällen auch ohne das Durchlaufen eines Restschuldbefreiungsverfahrens in den Genuss einer Entschuldung kommen.
Stärkung der Gläubigerrechte
Die Wahrnehmung der Gläubigerrechte ist, gerade wenn es um die Erteilung der Restschuldbefreiung geht, teilweise beschwerlich. Die praktischen Schwierigkeiten führen dazu, dass zuweilen die Restschuldbefreiung erteilt wird, obwohl Versagungsgründe vorliegen. Mit den Maßnahmen zur Stärkung der Gläubigerrechte soll dies künftig verhindert werden. Unter anderem ermöglicht das Gesetz zukünftig den Gläubigern, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung jederzeit schriftlich zu stellen. Ein solcher Antrag muss spätestens im Schlusstermin vorliegen oder gestellt werden. Damit soll auch die Akzeptanz des Instituts der Restschuldbefreiung unter den Gläubigern weiter verbessert werden.
Schutz von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften
Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften, die sich in der Insolvenz befinden, werden in Zukunft vor dem Verlust der von ihnen genutzten Genossenschaftswohnung geschützt. Bislang ist der Insolvenzverwalter gehalten, die Mitgliedschaft des Schuldners in der Genossenschaft zu kündigen, um dessen Geschäftsguthaben zu verwerten. Dies führt häufig zur Kündigung des Nutzungsverhältnisses, also zum Verlust der Wohnung. Auf der anderen Seite soll die Neuregelung den Interessen der Insolvenzgläubiger Rechnung tragen und verhindern, dass Schuldner ihr Vermögen unbegrenzt als genossenschaftliches Geschäftsguthaben insolvenzfest anlegen können. Künftig darf der Insolvenzverwalter die Mitgliedschaft des Nutzers einer Genossenschaftswohnung nicht mehr kündigen, wenn das Geschäftsguthaben nicht höher ist als das Vierfache des monatlichen Nettonutzungsentgelts oder maximal 2.000 EURO.
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