BMJ: Verbesserter Rechtsschutz im Zivilprozess

25.11.2010

Zu dem heute vorgestellten Gesetzentwurf zur Einführung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen bislang unanfechtbare Zurückweisungsbeschlüsse von Berufungsgerichten erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Der Rechtsschutz im Zivilprozess wird ausgebaut. Gegen die bislang unanfechtbaren Zurückweisungsbeschlüsse der Berufungsgerichte wird eine Nichtzulassungsbeschwerde eingeführt.

Der Rechtsschutz darf nicht davon abhängen, ob ein Zivilgericht die Berufung durch Urteil oder Beschluss zurückweist. Bislang bleibt die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss selbst dann unanfechtbar, wenn gegen ein zurückweisendes Urteil gleichen Inhalts die Nichtzulassungsbeschwerde möglich wäre. Diese Unwucht im Rechtsschutz wird beseitigt. Wir ermöglichen ein Rechtsmittel unter den gleichen Voraussetzungen wie beim Berufungsurteil. Über die Qualität des Rechtsschutzes darf nicht der Gerichtsort entscheiden. Regional wird sehr unterschiedlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Während in bestimmten Regionen mehr als jede vierte Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen wird, ist es in anderen Regionen nicht einmal jede zehnte Berufung. Der Gesetzentwurf sorgt für einheitlichen Rechtsschutz in ganz Deutschland.

Die mündliche Verhandlung ist zentraler Bestandteil des Zivilprozesses. Bei der Zurückweisung einer Berufung durch einstimmigen Beschluss entfällt die mündliche Verhandlung. Die Neuregelung stellt sicher, dass nur dann durch Beschluss entschieden wird, wenn die mündliche Verhandlung wirklich entbehrlich ist.

Zum Hintergrund:

Berufungsgerichte sind derzeit nach § 522 Absatz 2 ZPO verpflichtet, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen, wenn sie davon überzeugt sind, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Ein solcher Zurückweisungsbeschluss ist unanfechtbar und ergeht ohne mündliche Verhandlung.

Die Vorschrift wird in der Gerichtspraxis sehr unterschiedlich angewendet. Im Jahr 2009 bewegte sich die Quote der Erledigung durch Zurückweisungsbeschluss auf der Ebene der Landgerichte zwischen 6,4 Prozent im OLG-Bezirk Karlsruhe und 23,8 Prozent im OLGBezirk Braunschweig, auf Ebene der Oberlandesgerichte zwischen 9,1 Prozent beim OLG Hamm und 27,1 Prozent beim OLG Rostock.

Der heute von der Bundesjustizministerin vorgestellte Gesetzentwurf führt deshalb gegen Zurückweisungsbeschlüsse die Nichtzulassungsbeschwerde ein. Damit werden Zurückweisungsbeschlüsse unter den gleichen Voraussetzungen wie heute schon Berufungsurteile anfechtbar, also ab einer Beschwer von 20.000 Euro.

Die geplante Neuregelung stärkt überdies die mündliche Verhandlung. Ist die mündliche Erörterung des Rechtsstreits ein Gebot der Fairness – zum Beispiel wegen seiner großen Bedeutung für die Parteien -, muss künftig im Berufungsverfahren selbst dann mündlich verhandelt werden, wenn die Sache aussichtslos erscheint und keine Grundsatzbedeutung hat.

Das Bundesministerium der Justiz hat seinen Gesetzentwurf jetzt den Ländern und Verbänden mit Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell