Bundesgerichtshof entscheidet über Einzelzimmerzuschlag in Pflegeheim

17.10.2005

Bundesgerichtshof

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch über die Frage, ob die

Beklagte - Trägerin eines Alten– und Pflegeheims - für die Bereitstellung

eines Einzelzimmers einen Zuschlag berechnen darf. Die frühere Klägerin, die

im Laufe des Rechtsstreits verstorben ist, wurde auf der Grundlage eines

„Heim-Vorvertrags“ vom 27.8.1997 am 10.9.1997 in das Pflegeheim aufgenommen.

Sie erhielt Leistungen der Pflegeversi-cherung nach Pflegestufe III und

wurde über eine PEG-Sonde künstlich ernährt. Sie bewohnte von Beginn an als

Einzelperson ein Zimmer, das der Größe nach auf eine Belegung durch zwei

Personen zugeschnitten war. Der geschlossene Vertrag sah über die

Inanspruchnahme eines solchen Zimmers und die hierfür zu entrichtende

Vergütung nichts vor. Nach dem Vorvertrag war zwar der Abschluss eines

endgülti-gen Wohn- und Dienstleistungsvertrags nach Veröffentlichung eines

erst noch zu schließenden Rahmenvertrags nach § 75 SGB XI vorbehalten, zu

einem solchen Vertragsschluss kam es aber nicht. Ab dem 1.1.1998 berechnete

die Beklagte einen täglichen Einzelzimmerzuschlag von 57,90 DM, später 29,60

€, der durch den Be-treuer der Klägerin, der sie nach ihrem Tod auch beerbt

hat, bis zum 31.1.2003 be-zahlt wurde. Gegenstand der Klage ist die

Rückzahlung der gezahlten Einzelzimmer-zuschläge, die der Kläger mit der

Begründung verlangt, nach § 88 Abs. 2 Nr. 2 SBG XI sei die Gewährung und

Berechnung von Zusatzleistungen nur zulässig, wenn die angebotenen

Zusatzleistungen nach Art, Umfang, Dauer und Zeitfolge sowie die Hö-he der

Zuschläge und die Zahlungsbedingungen vorher schriftlich zwischen dem

Pflegeheim und den Pflegebedürftigen vereinbart worden seien; mit ihrer

Widerklage verfolgt die Beklagte die Zahlung von Einzelzimmerzuschlägen vom

1.2.2003 bis 31.12.2003.

Das Landgericht hat dem Kläger Recht gegeben und ihm insoweit 54.972,75 €

zuge-sprochen. Das Berufungsgericht hat eine Rückforderung nur in Höhe von

25.260,75 € für gerechtfertigt gehalten und den Kläger auf die Widerklage

zur Zah-lung von 5.437,74 € verurteilt. Es ist zwar auch davon ausgegangen,

dass es an ei-ner wirksamen Vereinbarung über den Einzelzimmerzuschlag

fehle. Es hat aber ge-meint, der Beklagten stehe wegen der Inanspruchnahme

des Einzelzimmers ein Be-reicherungsanspruch in Höhe von 16,00 € täglich zu.

Der III. Zivilsenat hat das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt,

soweit es um die Einzelzimmerzuschläge geht. Er hat – wie beide Vorinstanzen

– entschieden, dass es zur Gewährung und Berechnung von Zusatzleistungen in

Heimverträgen mit Leis-tungsempfängern der Pflegeversicherung einer

vorherigen schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Pflegebedürftigen und dem

Heimträger bedarf. Um dem Schutzinte-resse des Pflegebedürftigen zu genügen,

dem der Formzwang in § 88 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI dient, hat der III. Zivilsenat

– in Anlehnung an seine Rechtsprechung über unwirksame

Wahlleistungsvereinbarungen nach der Bundespflegesatzverordnung – auch

Bereicherungsansprüche wegen der Nutzung solcher Zusatzleistungen

abge-lehnt. Dies schließt im Einzelfall zwar nicht aus, dass es einem

Heimbewohner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben versagt sein kann, sich

auf den Formmangel einer Vereinbarung zu berufen. Das ist aber grundsätzlich

nur bei einem grob treu-widrigen Verhalten anzunehmen, das der Senat im

Streitfall verneint hat. Grundsätz-lich kann von einem Heimträger, der eine

Vielzahl von Heimverträgen formularmäßig abschließt, erwartet werden, dass

er auf den Abschluss einer schriftlichen Vereinba-rung achtet, ehe er

gesondert berechenbare Zusatzleistungen gewährt.

Urteil vom 13. Oktober 2005 – III ZR 400/04

 

LG Nürnberg-Fürth – Entscheidung vom 27.2.2004 - 13 O 3886/03 ./. OLG Nürn-

berg – Entscheidung vom 11.10.2004 - 8 U 1069/04

 

 

Karlsruhe, den 13. Oktober 2005

 

 

Bundesgerichtshof

 

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