Bundesgerichtshof klärt weitere Fragen zur Abrechnung von Betriebskosten im Wohnraummietrecht

09.03.2006

Bundesgerichtshof

Der Beklagte ist Mieter einer nicht preisgebundenen Wohnung der Klägerin in

Berlin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem Zahlung rückständiger

Mieten sowie Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen verlangt. Der

Beklagte hat beanstandet, dass die Klägerin die im selben Gebäude

befindlichen Gewerbeflächen und die darauf entfallenden Kosten in den

Betriebskostenabrechnungen nicht vorweg abgezogen und ihm darüber hinaus

trotz eines entsprechenden Verlangens keine Fotokopien zu den einzelnen

Abrechnungsbelegen überlassen habe. Im Übrigen hat der Beklagte wegen der

von ihm beanstandeten Abrechnungsweise die Aufrechnung erklärt und

Widerklage erhoben. Das Berufungsgericht hat der Klage im Wesentlichen

stattgegeben und die Widerklage insgesamt abgewiesen.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des

Bundesgerichtshofs hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass bei der Abrechnung des Vermieters

von preisfreiem Wohnraum über Betriebskosten soweit die Parteien nichts

anderes vereinbart haben ein Vorwegabzug der Kosten, die auf die in einem

gemischt genutzten Gebäude befindlichen Gewerbeflächen entfallen,

jedenfalls dann nicht geboten ist, wenn sie hinsichtlich aller oder

einzelner Betriebskostenarten nicht zu einer ins Gewicht fallenden

Mehrbelastung der Wohnraummieter führen. Der Vorwegabzug ist nur für

bestimmte Mietverhältnisse im öffentlich geförderten Wohnungsbau gesetzlich

vorgeschrieben (§ 20 Abs. 2 Satz 2 der Neubaumietenverordnung). Er soll

verhindern, dass die Wohnungsmieter mit Kosten belastet werden, die allein

oder in höherem Maße aufgrund einer gewerblichen Nutzung in gemischt

genutzten Objekten entstehen. Dem Wohnungsmieter entsteht jedoch kein

Nachteil, wenn er durch die Umlage der auf das Gebäude entfallenden

Gesamtkosten nach einem einheitlich für alle Mieter geltenden Maßstab nicht

schlechter gestellt wird als im Falle einer Voraufteilung zwischen Wohn- und

Gewerbeflächen. Hierdurch wird auch dem Interesse beider

Mietvertragsparteien an einer Vereinfachung der Abrechnung Rechnung

getragen. Nach diesen Grundsätzen waren die Betriebskostenabrechnungen der

Klägerin ordnungsgemäß. Das Berufungsgericht hatte angenommen, die in dem

Gebäude befindlichen fünf Gewerbebetriebe darunter ein Job-Center und ein

Internet-Café hätten keine erhebliche Mehrbelastung hinsichtlich der

einzelnen Betriebskostenarten verursacht. Diese Würdigung des

Berufungsgerichts, die vom Bundesgerichtshof nur auf das Vorliegen von

Rechtsfehlern zu überprüfen ist, war aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Mieter

preisfreien Wohnraums grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf

Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur

Betriebskostenabrechnung hat. Einen solchen Anspruch des Mieters sieht das

Gesetz für den Bereich des preisfreien Wohnraumes nicht vor. Einer

entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 2 Satz 1 der Neubaumietenverordnung,

der für bestimmte preisgebundene Wohnraummiet-verhältnisse dem Mieter einen

Anspruch auf Überlassung von Ablichtungen gegen Kostenerstattung einräumt,

steht entgegen, dass eine dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufende

Regelungslücke des Gesetzes nicht vorliegt. Auch ein Anspruch des Mieters

nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Über-sendung von

Fotokopien war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Vermieter kann ein

berechtigtes Interesse daran haben, den Mieter auf die Einsichtnahme in die

Rechnungsbelege zu verweisen die dessen Interesse an einer Überprüfung der

Abrechnung in der Regel hinreichend Rechnung trägt , um den durch die

Anferti-gung von Fotokopien entstehenden zusätzlichen Aufwand zu vermeiden

und dem Mieter mögliche Unklarheiten im Gespräch sofort zu erläutern.

Hierdurch kann Fehl-verständnissen der Abrechnung und zeitlichen

Verzögerungen durch ein Verlangen des Mieters nach Übersendung weiterer

Kopien von Rechnungsbelegen wie es auch der Beklagte, dem die Klägerin

während des Rechtsstreits rund 300 Fotokopien von Abrechnungsbelegen

übermittelt hatte, gestellt hatte vorgebeugt werden. Die-ses Interesse des

Vermieters würde nicht hinreichend berücksichtigt, wenn er dem Mieter stets

auch gegen Kostenerstattung auf dessen Anforderung hin Belegko-pien zu

überlassen hätte.

Ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien kommt nach Treu und

Glauben (§ 242 BGB) allerdings ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ihm die

Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters

nicht zugemutet werden kann. So lag der Fall hier jedoch nicht. Dass dem

Beklagten die Einsichtnahme in den Geschäftsräumen der ebenfalls in Berlin

gelegenen Hausver-waltung nicht unzumutbar war, hatte das Berufungsgericht

mit rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht beanstandeten Erwägungen

angenommen.

Urteil vom 8. März 2006 VIII ZR 78/05

 

AG Berlin-Mitte 2 C 144/03 ./. LG Berlin 67 S 99/04

 

Karlsruhe, den 8. März 2006

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