Bundesgerichtshof klärt weitere Fragen zur Abrechnung von Betriebskosten im Wohnraummietrecht
Bundesgerichtshof
Der Beklagte ist Mieter einer nicht preisgebundenen Wohnung der Klägerin in
Berlin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem Zahlung rückständiger
Mieten sowie Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen verlangt. Der
Beklagte hat beanstandet, dass die Klägerin die im selben Gebäude
befindlichen Gewerbeflächen und die darauf entfallenden Kosten in den
Betriebskostenabrechnungen nicht vorweg abgezogen und ihm darüber hinaus
trotz eines entsprechenden Verlangens keine Fotokopien zu den einzelnen
Abrechnungsbelegen überlassen habe. Im Übrigen hat der Beklagte wegen der
von ihm beanstandeten Abrechnungsweise die Aufrechnung erklärt und
Widerklage erhoben. Das Berufungsgericht hat der Klage im Wesentlichen
stattgegeben und die Widerklage insgesamt abgewiesen.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass bei der Abrechnung des Vermieters
von preisfreiem Wohnraum über Betriebskosten soweit die Parteien nichts
anderes vereinbart haben ein Vorwegabzug der Kosten, die auf die in einem
gemischt genutzten Gebäude befindlichen Gewerbeflächen entfallen,
jedenfalls dann nicht geboten ist, wenn sie hinsichtlich aller oder
einzelner Betriebskostenarten nicht zu einer ins Gewicht fallenden
Mehrbelastung der Wohnraummieter führen. Der Vorwegabzug ist nur für
bestimmte Mietverhältnisse im öffentlich geförderten Wohnungsbau gesetzlich
vorgeschrieben (§ 20 Abs. 2 Satz 2 der Neubaumietenverordnung). Er soll
verhindern, dass die Wohnungsmieter mit Kosten belastet werden, die allein
oder in höherem Maße aufgrund einer gewerblichen Nutzung in gemischt
genutzten Objekten entstehen. Dem Wohnungsmieter entsteht jedoch kein
Nachteil, wenn er durch die Umlage der auf das Gebäude entfallenden
Gesamtkosten nach einem einheitlich für alle Mieter geltenden Maßstab nicht
schlechter gestellt wird als im Falle einer Voraufteilung zwischen Wohn- und
Gewerbeflächen. Hierdurch wird auch dem Interesse beider
Mietvertragsparteien an einer Vereinfachung der Abrechnung Rechnung
getragen. Nach diesen Grundsätzen waren die Betriebskostenabrechnungen der
Klägerin ordnungsgemäß. Das Berufungsgericht hatte angenommen, die in dem
Gebäude befindlichen fünf Gewerbebetriebe darunter ein Job-Center und ein
Internet-Café hätten keine erhebliche Mehrbelastung hinsichtlich der
einzelnen Betriebskostenarten verursacht. Diese Würdigung des
Berufungsgerichts, die vom Bundesgerichtshof nur auf das Vorliegen von
Rechtsfehlern zu überprüfen ist, war aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Mieter
preisfreien Wohnraums grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf
Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur
Betriebskostenabrechnung hat. Einen solchen Anspruch des Mieters sieht das
Gesetz für den Bereich des preisfreien Wohnraumes nicht vor. Einer
entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 2 Satz 1 der Neubaumietenverordnung,
der für bestimmte preisgebundene Wohnraummiet-verhältnisse dem Mieter einen
Anspruch auf Überlassung von Ablichtungen gegen Kostenerstattung einräumt,
steht entgegen, dass eine dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufende
Regelungslücke des Gesetzes nicht vorliegt. Auch ein Anspruch des Mieters
nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Über-sendung von
Fotokopien war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Vermieter kann ein
berechtigtes Interesse daran haben, den Mieter auf die Einsichtnahme in die
Rechnungsbelege zu verweisen die dessen Interesse an einer Überprüfung der
Abrechnung in der Regel hinreichend Rechnung trägt , um den durch die
Anferti-gung von Fotokopien entstehenden zusätzlichen Aufwand zu vermeiden
und dem Mieter mögliche Unklarheiten im Gespräch sofort zu erläutern.
Hierdurch kann Fehl-verständnissen der Abrechnung und zeitlichen
Verzögerungen durch ein Verlangen des Mieters nach Übersendung weiterer
Kopien von Rechnungsbelegen wie es auch der Beklagte, dem die Klägerin
während des Rechtsstreits rund 300 Fotokopien von Abrechnungsbelegen
übermittelt hatte, gestellt hatte vorgebeugt werden. Die-ses Interesse des
Vermieters würde nicht hinreichend berücksichtigt, wenn er dem Mieter stets
auch gegen Kostenerstattung auf dessen Anforderung hin Belegko-pien zu
überlassen hätte.
Ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien kommt nach Treu und
Glauben (§ 242 BGB) allerdings ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ihm die
Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters
nicht zugemutet werden kann. So lag der Fall hier jedoch nicht. Dass dem
Beklagten die Einsichtnahme in den Geschäftsräumen der ebenfalls in Berlin
gelegenen Hausver-waltung nicht unzumutbar war, hatte das Berufungsgericht
mit rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht beanstandeten Erwägungen
angenommen.
Urteil vom 8. März 2006 VIII ZR 78/05
AG Berlin-Mitte 2 C 144/03 ./. LG Berlin 67 S 99/04
Karlsruhe, den 8. März 2006