BVerfG: Verfahrensrügen gegen Eilbeschlüsse des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Sachen Flughafen Frankfurt a. M. erfolglos

02.03.2009

Bundesverfassungsgericht

1. Durch Beschluss vom 18. Dezember 2007 stellte das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung den Ausbauplan für den Flughafen Frankfurt a.M. fest. Danach ist vorgesehen, den Flughafen durch den Bau einer weiteren Landebahn zu erweitern. Gegen diesen Beschluss erhoben diverse Privatpersonen und Gemeinden Anfang 2008 Klage zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) und beantragten dort die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Die Flughafengesellschaft sagte zu, mit dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses bis zur Entscheidung des HessVGH abzuwarten. Im Januar 2009 lehnte der HessVGH in mehreren Beschlüssen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab, so dass mit dem Bau begonnen werden konnte. Zuvor waren gegen die Richter des entscheidenden Senats aus mehreren Gründen Befangenheitsanträge gestellt und vom HessVGH abgelehnt worden. Über die Hauptsache hat der HessVGH noch nicht entschieden.

2. Gegen die Beschlüsse des HessVGH haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde eingelegt und Anträge auf einstweilige Anordnung gestellt. Dabei ging es nicht unmittelbar um die Rechtmäßigkeit des Flughafenausbaus selbst, sondern ausschließlich um die Rüge angeblicher Verstöße des HessVGH bei der Ablehnung der Befangenheitsgesuche. Zum einen wurden Verletzungen der grundgesetzlichen Verfahrensgarantie des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen unterlassener Anhörung zu einem Schriftsatz der Gegenseite betreffend die Befangenheitsgesuche gerügt. Zum anderen wurde eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter geltend gemacht; dies insbesondere deshalb, weil der HessVGH die Befangenheitsanträge angeblich willkürlich gehandhabt und das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt haben soll, indem er nicht sofort auf der Grundlage einer bloßen Interessenabwägung, sondern auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache entschieden hat.

3. Die Verfassungsbeschwerden und die Anträge auf einstweilige Anordnung blieben ausnahmslos erfolglos. Dem liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Auch wenn der HessVGH den Beschwerdeführern zu den die Befangenheitsanträge betreffenden Schriftsätzen der Gegenseite zunächst keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, beruhen seine Beschlüsse nicht auf diesem etwaigen Gehörsverstoß. Denn es kann ausgeschlossen werden, dass die Anhörung zu einer für die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung über die Befangenheitsanträge geführt hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer nach den ablehnenden Befangenheitsbeschlüssen des HessVGH Gelegenheit hatten, sich in einem Folgeverfahren (Anhörungsrüge) zu den Schriftsätzen der Gegenseite zu äußern. Der HessVGH hat diese Äußerung jedoch nicht für rechtlich erheblich befunden.

Das Bundesverfassungsgericht konnte auch keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter feststellen. Insbesondere ist der HessVGH nicht auf willkürliche Art und Weise vom Fehlen einer Befangenheit der Richter des entscheidenden Senats ausgegangen. Er hat zu dem erhobenen Vorwurf einer einseitigen Absprache mit der Gegenseite über den Entscheidungszeitpunkt gut vertretbar dargelegt, dass dieser Zeitpunkt allen Beteiligten bekannt war oder hätte bekannt sein können.

Schließlich war es angesichts des von der Flughafengesellschaft zugesagten Zuwartens bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht zu beanstanden, dass der HessVGH erst im Januar 2009 über die Eilanträge entschieden und dabei statt einer sofortigen Entscheidung aufgrund bloßer Interessenabwägung auf die - hier aus Sicht des HessVGH fehlenden - Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren abgestellt hat.

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