Internet-Redaktion: EuGH-GA zur Zuständigkeit bei internationalen Insolvenzen (Eurofood/Parmalat)
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Bestellt ein (irisches) Insolvenzgericht einen vorläufigen
Insolvenzverwalter nach einem Antrag auf "Liquidation einer
zahlungsunfähigen Gesellschaft" (Eurofood), so ist dies bereits als
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens i.S.v. Art. 16 EuInsVO anzusehen.
Diese Auffassung hat Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen
(Volltext) vom 27.9.2005 in der Sache Eurofood/Parmalat (C-341/04)
vertreten (siehe zu Eurofood bereits High Court Dublin ZIP 2004, 1223,
dazu EWiR 2004, 599 (Herweg/Tschauner) sowie Supreme Court of Ireland
(ZIP 2004, 1969, dazu EWiR 2004, 973 (Herweg/Tschauner)). Der irische
Supreme Court hatte in dem Insolvenzverfahren der Eurofood -- einer
Tochter der insolventen italienischen Parmalat SpA -- dem EuGH u.a.
Fragen zum Prioritätsgrundsatz und zur Bestimmung des Mittelpunkts des
hauptsächlichen Interesses ("COMI") bei internationalen Insolvenzen zur
Vorabentscheidung vorgelegt. In Deutschland würde nach dieser Ansicht
des Generalanwalts bereits die Einsetzung eines vorläufigen Verwalters
die Prioritätssperre für Insolvenzgericht in anderen Staaten auslösen.
Einen Mittelpunkt der hauptsächlichen Interesse lasse sich nach Ansicht
des Generalanwealts Jacobs nicht allein mit der Entscheidungsbefugnis
von Konzernzentralen (hier in Parma) begründen. Wenn der satzungsmäßige
Sitz der Muttergesellschaft und der ihrer Tochtergesellschaft in zwei
verschiedenen Mitgliedstaaten liegt, befinde sich der Mittelpunkt des
hauptsächlichen Interesses am Sitz der Tochtergesellschaft, wenn sie von
dort aus ihre Interessen in einer für Dritte erkennbaren Art und Weise
verwaltet und ihnen regemäßig und unter Wahrung ihrer eigenen Corporate
Identity nachgeht. Dies werde nicht dadurch widerlegt, dass die
Muttergesellschaft auf Grund ihrer Beteiligung und ihrer Befugnis zur
Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder die Geschäftspolitik der
Tochter kontrollieren kann und dies auch tut.
Zur Frage des rechtlichen Gehörs führte Jacobs aus, ein Mitgliedstaat
sei dann nicht verpflichtet, die Entscheidung des Gerichts eines anderen
Mitgliedstaats zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer
Gesellschaft anzuerkennen, wenn sie unter Verletzung des Anspruchs auf
ein faires Verfahren zustande gekommen ist und es gegen seinen eigenen
ordre public verstößt, eine Gerichtsentscheidung anzuerkennen, die unter
einer solchen Verletzung erlassen wurde. Als Verletzung des Anspruchs
auf ein faires Verfahren gelte auch, wenn dem nach dem Recht eines
Mitgliedstaats ordnungsgemäß bestellten vorläufigen Verwalter der
Gesellschaft Verfahrensunterlagen durch das Gericht eines anderen
Mitgliedstaats nicht zur Verfügung gestellt werden.