Streikteilnahme während Gleitzeit
Bundesarbeitsgericht
Ein Arbeitnehmer, der an einer Streikkundgebung teilnimmt, nachdem er sich im Rahmen einer betrieblichen Gleitzeitregelung zulässigerweise aus dem Zeiterfassungssystem abgemeldet hat, streikt im Rechtssinne nicht. Streik ist die Vorenthaltung der während der Dauer der Streikteilnahme geschuldeten Arbeitsleistung. Der Arbeitnehmer, der entsprechend einer betrieblichen Regelung die Lage seiner täglichen Arbeitszeit autonom bestimmen kann, führt mit dem Abmelden aus dem Zeiterfassungssystem das Ende seiner Arbeitszeit herbei. Danach befindet er sich in Freizeit. Während der Freizeit kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht vorenthalten.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat - anders als das Landesarbeitsgericht - der Klage des Beschäftigten eines Unternehmens der norddeutschen Metallindustrie stattgegeben, mit der dieser die Zahlung seiner Vergütung für eine Arbeitsstunde verlangte. Die Beklagte hatte die vom jeweiligen Stand des Gleitzeitkontos unabhängige monatliche Vergütung des Klägers um den Lohn für die Zeit gekürzt, während derer er an einem Warnstreik der IG Metall teilgenommen hatte. Nach der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung konnten die Arbeitnehmer die Lage ihrer Arbeitszeit innerhalb der betrieblichen Öffnungszeit selbst bestimmen. Davon hatte der Kläger Gebrauch gemacht und ausgestempelt, um nach Ende der Kundgebung erneut einzustempeln und seine Arbeit wieder aufzunehmen.
In einem weiteren Verfahren hatte der Senat über den Antrag des Betriebsrats desselben Betriebs zu entscheiden, mit dem dieser festgestellt wissen wollte, dass der Arbeitgeber gegen die Betriebsvereinbarung verstößt, wenn er die Vergütung von Arbeitnehmern kürzt, die nach ihrem Ausstempeln an einer Streikkundgebung teilnehmen. Der Antrag hatte keinen Erfolg. Die Betriebsvereinbarung regelt nicht die Rechtsfolgen einer solchen Teilnahme.