Zeitliche Beschränkung der Beteiligung von Managern und Mitar-beitern an der sie anstellenden GmbH ist zulässig – kein Verstoß gegen das „Hinauskündigungsverbot“

20.09.2005

Bundesgerichtshof

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des

Bundesgerichtshofs hatte in zwei Verfahren über die Zulässigkeit von sog.

Manager- und Mitarbeitermodellen zu entscheiden. Bei diesen

Personalführungskonzepten werden den Geschäftsfüh-rern und/oder verdienten

Mitarbeitern einer GmbH Minderheitsbeteiligungen an der Gesellschaft

übertragen, und zwar entweder unentgeltlich oder gegen einen günsti-gen,

meist an dem Nennwert des Anteils orientierten Preis. Zugleich wird

vereinbart, dass der Anteil zurück übertragen werden muss, wenn der

Geschäftsführer bzw. Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet. Das hat

ebenfalls unentgeltlich bzw. zu dem für den Erwerb gezahlten Preis zu

geschehen, ohne Rücksicht auf etwaige Wertsteigerungen. Auf diesem Wege

erhalten die Manager bzw. Mitarbeiter den Sta-tus von "Mitgesellschaftern",

die Manager können sich sogar "geschäftsführender Gesellschafter" nennen.

Über die jährlichen Gewinnausschüttungen werden sie an dem von ihnen

miterzielten wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens beteiligt. Sinn

dieses Modells ist es, die Motivation des Geschäftsführers und der

Mitarbeiter zu stärken, sie an das Unternehmen zu binden und - bei den

Mitarbeitermodellen - für andere Mitarbeiter einen Anreiz zu schaffen, durch

loyales Verhalten ebenfalls in den Genuss einer solchen

Gesellschafterstellung zu kommen.

In dem einen zur Entscheidung anstehenden Fall geht es um ein bekanntes

Elektro- und Unterhaltungselektronik-Handelsunternehmen, das seine mehreren

hundert Fili-alen in der Rechtsform der GmbH organisiert hat und daran den

jeweiligen "Vor-Ort-Geschäftsführer" als Gesellschafter mit einem Anteil von

10 % beteiligt. Nachdem einer dieser Geschäftsführer abberufen und entlassen

worden war, entstand Streit über die Frage, ob sein Gesellschaftsanteil

entsprechend der Vereinbarung an die Holding-Gesellschaft zurück übertragen

werden musste. In dem anderen Fall hatte der Gründungs- und

Mehrheitsgesellschafter eines mittelständischen Unternehmens verdiente

Mitarbeiter durch eine Gesellschaftsbeteiligung ausgezeichnet. Eine

Mitar-beiterin war aus dem Betrieb ausgeschieden. Auch hier kam es wegen der

vorgese-henen Rückübertragung zu einem Prozess. In beiden Fällen beriefen

sich der ehe-malige Geschäftsführer bzw. die ausgeschiedene Mitarbeiterin

auf eine ursprünglich für das Personengesellschaftsrecht entwickelte, später

auch in das GmbH-Recht übertragene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,

wonach eine sog. „Hinaus-kündigungsklausel“ unwirksam ist. Das betraf Fälle,

in denen vereinbart worden war, dass ein Gesellschafter oder eine Gruppe von

Gesellschaftern das Recht haben soll-ten, die anderen Gesellschafter ohne

Angabe von Gründen auszuschließen. Der Bundesgerichtshof hatte solche

Vereinbarungen als gegen § 138 BGB verstoßend mit der Begründung verworfen,

jedes Mitglied einer Personengesellschaft oder einer GmbH müsse seine Rechte

und Pflichten unabhängig von dem Wohlwollen der Mehrheit in

Selbstverantwortung ausüben können und dürfe nicht unter dem

„Damo-klesschwert“ des jederzeitigen Ausschlusses stehen. Das gilt entgegen

einer im Schrifttum vertretenen Ansicht, die die Figur des „Gesellschafters

minderen Rechts“ anerkennt, grundsätzlich auch dann, wenn der betreffende

Gesellschafter seine Be-teiligung geschenkt oder zu einem besonders

günstigen Preis erhalten hat.

In den jetzt zu entscheidenden Fällen hat der Senat diese Rechtsprechung –

wie schon in zwei in den letzten zwölf Monaten ergangenen Urteilen -

bestätigt, davon aber wie bisher eine Ausnahme gemacht, wenn sachliche

Gründe für eine derartige Hinauskündigungsmöglichkeit bestehen. Bei den

Manager- und Mitarbeitermodellen hat er einen solchen sachlichen Grund

angenommen. Dabei ist er davon ausgegan-gen, dass die Geschäftsführer und

Mitarbeiter ihre Gesellschafterstellungen nur treuhänderähnlich halten und

dass sie kein berechtigtes Interesse haben, auch nach ihrem Ausscheiden noch

an der Gesellschaft beteiligt zu sein. Umgekehrt ist die Ein-räumung von

solchen Beteiligungen überhaupt nur möglich, wenn die Anteile am Ende der

Unternehmenszugehörigkeit zurückgegeben werden müssen und wenn der

Ausscheidende in diesem Zusammenhang nicht einen Kaufpreis erhält, der die

wei-tere Durchführung des Modells verhindert. Die weitgehend risikolose

Mitgliedschaft bei Erwartung erheblicher Beteiligung am Erfolg des

Unternehmens durch Gewinn-ausschüttungen rechtfertigt diese für alle Teile

vorteilhafte und von der Dispositions-freiheit des Gesetzes getragene

Gestaltung.

Urteile vom 19. September 2005 - II ZR 342/03 und II ZR 173/04

 

LG Hannover – 22 O 174/02 ./. OLG Celle – 9 U 124/03

 

LG Darmstadt – 16 O 51/02 ./. OLG Frankfurt in Darmstadt – 13 U 89/03

 

Karlsruhe, den 20. September 2005

 

Bundesgerichtshof

 

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