Allen & Overy erzielt Vergleiche in Eilverfahren: ver.di sagt Streiks im Handel ab
Frankfurt am Main, 7. Juni 2023. Im Auftrag der REWE Markt GmbH und der Lekkerland SE stellte Allen & Overy Eilanträge beim Arbeitsgericht Köln mit dem Ziel, die Streikmaßnahmen der Gewerkschaft ver.di im Rahmen des Tarifkonflikts im Groß- und Außenhandel, hier im REWE-Lager in Köln-Langel und am Standort Köln von Lekkerland in Kerpen, zu untersagen.
Darin führte Allen & Overy aus, dass eine zentrale Streikforderung von ver.di, gerichtet auf Stellung eines gemeinsamen Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) der Tarifverträge, rechtswidrig sei. Die AVE von Tarifverträgen kann durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien angeordnet werden. Sie bewirkt, dass Tarifverträge für die gesamte Branche gelten, also auch in Unternehmen und zugunsten von Beschäftigten, die nicht Mitglied der Gewerkschaft sind. Die Antragstellung beim Ministerium ist grundsätzlich freiwillig, während ver.di diese im laufenden Tarifkonflikt streikweise erzwingen will. Nach Ansicht von REWE und Lekkerland verstößt diese Streikforderung von ver.di gegen höherrangiges Recht. Die Tarifierung von Außenseitern, also nicht tarifgebundenen Beschäftigten, dürfe nicht im Wege des Arbeitskampfes durchgesetzt werden. Aufgabe der Gewerkschaft sei es nur, Tarifbedingungen für die bei ihr organisierten Mitglieder zu erzwingen. Mit ihrer Forderung verletze ver.di daher die im Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit.
In dem Verfahren der REWE Markt GmbH vertrat die 17. Kammer des Arbeitsgerichts Köln in seinem Urteil vom 6. Juni 2023 (17 Ga 27/23) die Auffassung, dass die Rechtswidrigkeit der Forderung mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und mangels klarer Literaturauffassung jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig sei, weshalb der Streik nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren untersagt werden könne. Im Rahmen der Berufungsverhandlung empfand die Gewerkschaft ver.di ihre Rechtsposition offenbar nicht als stark genug, um die gerichtliche Auseinandersetzung weiter fortzusetzen. In einem gerichtlichen Vergleich vom heutigen 7. Juni 2023 vor dem Landesarbeitsgericht Köln (4 SaGa 6/23) verpflichtete sich ver.di dazu, die Streikmaßnahmen in Köln-Langel sofort abzubrechen.
Gegenüber der Lekkerland SE verpflichtete sich ver.di vor dem Arbeitsgericht Köln (18 Ga 28/23) ebenfalls in einem Vergleich, die laufenden Streiks ab heute, 17:31 Uhr zu beenden und auch am 9. Juni 2023 von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Streiks am Standort Köln in Kerpen durchzuführen.
Verfahrensbevollmächtigte REWE Markt GmbH: Thomas Ubber, Partner (Frankfurt), Dr. Felicia von Grundherr, Associate (München)
Inhouse REWE Markt GmbH: Dr. Philipp Merten, Syndikusrechtsanwalt
ver.di: Fabian Wilden, Kanzlei Windirsch, Britschgi & Wilden (Düsseldorf), Özcan Özdemir, Gewerkschaftssekretär
Arbeitsgericht Köln: Richter am ArbG Busch, stellv. Vorsitzender der 17. Kammer, Richter am ArbG Dr. Heiden, Vorsitzender der 18. Kammer
Landesarbeitsgericht Köln: Richter am ArbG Lennarz, Vorsitzender der 4. Kammer