Allen & Overy: Kartellbehörden schreiten im Jahr 2017 weltweit häufiger ein - Kartellbehörden untersagten Zusammenschlussvorhaben im Volumen von 130 Milliarden Euro

28.03.2018

Kartellbehörden untersagten Zusammenschlussvorhaben im Volumen von 130 Milliarden Euro und verhängten Geldbußen in Rekordhöhe wegen Verstößen gegen Fusionskontrollvorschriften Hamburg / London, 27. März 2018. Der aktuelle Bericht Global Trends in Merger Control Enforcement von Allen & Overy über die weltweiten Entwicklungen in der Fusionskontrolle zeigt die zunehmenden Auswirkungen des Kartellrechts auf das weltweite M&A-Geschehen. Demnach intervenierten die Kartellbehörden im Jahr 2017 bei deutlich mehr Zusammenschlussvorhaben als noch im Vorjahr.

Insgesamt wurden 38 Zusammenschlussvorhaben mit einem Volumen von mindestens EUR 130 Mrd. untersagt – eine wertmäßige Steigerung um 88 % gegenüber dem Jahr 2016 (EUR 69 Mrd.). In 155 Fällen wurden Transaktionen nur unter Auflagen und Bedingungen freigegeben. Die Behörden verfolgten zudem auch im Jahr 2017 Verstöße gegen Fusionskontrollbestimmungen und verhängten dabei Geldbußen in der Rekordhöhe von EUR 164,4 Mio.

Antonio Bavasso, Co-Head der globalen Kartellrechtspraxis von Allen & Overy, sagt zu diesen Entwicklungen: „Die Kartellbehörden haben auf das weltweit zunehmende Interesse an strategischen Zusammenschlüssen, die eine weitere Konsolidierung in den betreffenden Branchen nach sich ziehen, entschlossen reagiert. Dabei haben sie streng auf die Einhaltung der Fusionskontrollvorschriften geachtet und Regelverstöße mit empfindlichen Sanktionen geahndet. Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung mit einem verstärkten Fokus auf vertikale Zusammenschlüsse und einem weiterhin strengen Blick auf die Durchsetzung der Verfahrensvorschriften auch im Jahr 2018 fortsetzen wird. Dazu kommen die personellen Veränderungen an der Spitze der US-Kartellbehörden, so dass das neue Jahr insgesamt interessant zu werden verspricht.“

Ein globaler Trend

Die aktuellen Zahlen zeigen, dass Kartellbehörden im Jahr 2017 weltweit 23 % mehr Zusammenschlussvorhaben untersagt haben als noch im Vorjahr. Von den Untersagungen entfielen 71 % allein auf die USA, wo die nationalen Kartellbehörden weiterhin zahlreiche Zusammenschlussvorhaben gerichtlich überprüfen ließen.

In der EU wurden nach der ersten förmlichen Untersagung eines Vorhabens durch EU-Kommissarin Vestager im Jahr 2016 im vergangenen Jahr zwei weitere Fusionen gestoppt: der Zusammenschluss zwischen der Deutschen Börse und der London Stock Exchange sowie die geplante Übernahme der Cemex Croatia durch HeidelbergCement und Schwenk. Neben den USA und der EU wurden Zusammenschlüsse in fünf weiteren Jurisdiktionen untersagt: in Brasilien, Südafrika, Australien, Deutschland und der Türkei.

In China kam es zwar nicht zu Untersagungen, doch genehmigte das Wirtschaftsministerium (MOFCOM) sieben Zusammenschlüsse im Jahr 2017 nur unter Auflagen (gegenüber nur jeweils zwei Fällen in den Jahren 2015 und 2016): in allen sieben Fällen handelte es sich um internationale Vorhaben, bei denen sowohl der Erwerber als auch das Zielunternehmen ausländische Unternehmen waren – ein Beleg dafür, dass MOFCOM sich auch weiterhin nicht scheut, bei internationalen Fusionen einzuschreiten, wenn chinesische Märkte betroffen sind.

Änderungen bei Abhilfemaßnahmen

Im Jahr 2017 verlagerte sich der Schwerpunkt der auferlegten Abhilfemaßnahmen erstmals auf Verhaltenspflichten; diese spielten in mehr als der Hälfte aller unter Auflagen genehmigten Zusammenschlüsse eine Rolle, entweder alleine oder in Kombination mit einer Veräußerung (so genannte „Hybridfälle“). In den Vorjahren zeigte sich noch ein anderes Bild: dort waren reine Veräußerungen die häufigste Abhilfemaßnahme. Im Jahr 2017 wurden Verhaltenspflichten in insgesamt 82 Fällen (dies entspricht 53 % der Fälle mit Abhilfemaßnahmen) akzeptiert; bei 18 dieser Fälle (12 %) handelte es sich um Hybridfälle. Im Jahr 2016 war dies nur bei 74 Zusammenschlussvorhaben (49 %) der Fall, darunter fanden sich 12 (8 %) Hybridfälle.

Im Jahr 2017 wurden 95 % aller Fusionen in Phase 1 genehmigt, ohne dass Abhilfemaßnahmen gefordert wurden; dies entspricht den Zahlen aus den beiden Vorjahren. In 18 der 26 untersuchten Jurisdiktionen wurden mindestens 90 % der angemeldeten Vorhaben in der ersten Phase ohne Auflagen genehmigt. Im Vereinigten Königreich lag die Zahl jedoch deutlich niedriger: hier wurden nur 66 % der geprüften Zusammenschlussvorhaben im Rahmen der Phase 1 ohne Auflagen genehmigt.

Rekordbußen

Im Jahr 2017 verhängten die Kartellbehörden wegen Verstößen gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften Geldbußen in Höhe von EUR 164,4 Mio., was einem Anstieg um 36 % gegenüber dem Jahr 2016 entspricht und den Trend der letzten Jahre fortführt. Allerdings hat sich der Schwerpunkt der Geldbußen in den letzten zwölf Monaten verlagert: die wegen Verstößen gegen die Anmeldepflicht oder einem Vollzug vor Freigabe verhängten Geldbußen waren deutlich niedriger, während insgesamt höhere Bußen für die Angabe falscher oder irreführender Informationen sowie für Pflichtverletzungen bei unter Auflagen genehmigten Vorhaben verhängt wurden. Den weitaus größten Anteil hieran hatte die Rekordgeldbuße von EUR 110 Mio., die die Europäische Kommission im Zusammenhang mit der Übernahme von WhatsApp gegen Facebook verhängte.

Branchenschwerpunkte

Bei den Branchen lag der Fokus weiterhin auf Zusammenschlüssen in den Bereichen Life Sciences, Telekommunikation und Transport. In diesen Bereichen schritten die Kartellbehörden häufiger ein als im globalen Durchschnitt aller M&A-Transaktionen. Erstmals fand sich auch der Sektor Industrie & Fertigung in dieser Gruppe, wofür die Megafusionen in der Agrarchemie-Branche ausschlaggebend waren.

Weitere zentrale Themen des Jahres 2017 waren ein besonderes Augenmerk auf vertikale Zusammenschlüsse sowie insbesondere in der EU, den USA und China längere Prüfzeiträume für vertiefte Untersuchungen.

Für den Bericht wurden aus 26 Jurisdiktionen Daten über die Fusionskontrolle im Jahr 2017 zusammengetragen und ausgewertet.

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