AndresPartner: Insolvenzverwalter erstreitet wegweisendes EuGH-Urteil, das die Quote für die Gläubiger der insolventen Heitkamp BauHolding signifikant erhöht
EuGH hebt Entscheidung der Europäischen Kommission, nach der § 8c (1a) KStG eine mit dem Binnenmarkt nicht vereinbare Beihilfe darstellt, auf und folgt damit den Anträgen des Insolvenzverwalters der Heitkamp BauHolding, Dr. Dirk Andres, in vollem Umfang
EuGH-Urteil kommt den über 600 Gläubigern der Heitkamp BauHolding GmbH zugute
Urteil von maßgeblicher Bedeutung für die Rechts- und Sanierungspraxis in Deutschland Düsseldorf/Bochum/Luxemburg, 2. Juli 2018. Die Zweite Kammer des Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg hat am 28. Juni 2018 den Beschluss der Europäischen Kommission vom 26. Januar 2011, mit der die im deutschen Recht vorgesehene sogenannte Sanierungsklausel in § 8c (1a) des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als rechtswidrige staatliche Beihilfe eingestuft wurde, für nichtig erklärt. Der EuGH hat damit den Anträgen von Rechtsanwalt Dr. Dirk Andres als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Heitkamp BauHolding GmbH in der Rechtssache C?203/16 P im vollem Umfang entsprochen. Andres hatte das von der Heitkamp BauHolding GmbH bereits vor Insolvenzeröffnung eingeleitete Klageverfahren in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss aufgenommen.
Es ging im Wesentlichen darum, in welchem Umfang die Heitkamp BauHolding Verlustvorträge weiterhin steuerlich nutzen kann, nachdem die Mehrheit der Geschäftsanteile auf einen neuen Inhaber übertragen wurde. § 8c KStG schränkt die Verlustverrechnung bei sogenannten schädlichen Anteilsübertragungen von mehr als 25 Prozent ein, macht hiervon aber mit der sogenannten Sanierungsklausel in Abs. (1a) eine wichtige Ausnahme in Sanierungsfällen, die sich die Heitkamp BauHolding GmbH jetzt nutzbar machen kann.
„Wir freuen uns sehr über die Entscheidung des EuGHs. Mit dem vorliegenden Urteil ist nun die Frage eindeutig dahingehend geklärt, dass die Heitkamp BauHolding GmbH i. I. Verlustvorträge zu ihren Gunsten steuerlich nutzen darf“, erklärt Insolvenzverwalter Andres. Infolge des Urteils sind Zuflüsse in der Höhe eines siebenstelligen Euro-Betrages zur Insolvenzmasse der Heitkamp BauHolding zu erwarten, die die Quote für die mehr als 600 Gläubiger signifikant erhöhen.
Das Urteil ist gleichzeitig als Musterverfahren von maßgeblicher Bedeutung für bis zu 14 weitere ähnliche Verfahren, die beim EuGH anhängig waren und in Abstimmung mit dem Gericht ruhten.
Auch für die zukünftige Rechts- und Sanierungspraxis hat das von Andres erstrittene Urteil eine maßgebliche Bedeutung. Dem folgend können insolvente Unternehmen zukünftig Verlustvorträge in Sanierungsfällen nach Maßgabe von § 8c (1a) KStG uneingeschränkt steuerlich geltend machen. „Das Steuerrecht stellt regelmäßig eine Hürde in Sanierungssituationen dar. Nachdem der Bundesfinanzhof den Sanierungserlass zu Beginn des vergangenen Jahres für rechtswidrig erklärt hat und das Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen zur steuerlichen Begünstigung von Sanierungsgewinnen mangels Zustimmung der Europäischen Kommission auf sich warten lässt, kann das Urteil dazu beitragen, die Sanierungschancen von Unternehmen wieder zu vergrößern“, so Restrukturierungsexperte Andres. Das gilt gleichermaßen auch für außergerichtliche Sanierungen wie für Eigenverwaltungsverfahren (nach § 270 InsO). „Vielleicht ist das Urteil auch Anstoß für die Europäische Kommission, die Zustimmung zu der dringend benötigten Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen zu erklären, die der deutsche Gesetzgeber einführen möchte“, hofft Andres.
Unterstützung bei der Erwirkung des Urteils hat Andres, in enger Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss der Heitkamp BauHolding GmbH, von der Kanzlei PNHR Pelka Niemann Hollerbaum Rohde und Partner aus Köln erhalten, die gesamten Vorgang von Beginn an als Prozessbevollmächtigte juristisch begleitet hat.
Hintergrund:
Die Geschäftsführung der Heitkamp BauHolding GmbH hatte Ende November 2011 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt. Grund hierfür waren finanzielle Verpflichtungen der Holding, die aus der Vergangenheit stammten, wie zum Beispiel der Insolvenz der Deilmann Haniel GmbH, ebenso wie potentielle steuerliche Belastungen, die aus der Entscheidung der Kommission zur Sanierungsklausel resultierten. Anfang Februar 2012 hatte das Gericht das Insolvenzverfahren eröffnet.