Ausgeströmt?! Rechtsmittel bei Ausfällen in der Lieferkette möglich

15.11.2021

Hamburg, November 2021. Chipmangel, Papierknappheit und Halbleiterengpass? Pandemiebedingt fehlt es Industrie und Einzelhandel dieser Tage an vielerlei Dingen. Kein Wunder: Überall stockt es entlang der globalen Lieferketten. Lockdowns in den Millionenstädten Asiens mit ihren immensen Produktionskapazitäten verschärfen die Lage am Weltmarkt zusätzlich. Eine Entspannung der Situation? Vorerst nicht absehbar. Neben einem Mehraufwand bedeuten die Unterbrechungen bei hiesigen Firmen zusätzlich Kosten – sei es für gestiegene Material-, Transport- und Logistikausgaben oder mögliche Schadensersatzforderungen entlang der Lieferkette. „Bis sich der Weltmarkt wieder stabilisiert, wird es noch häufig zu Disputen zwischen Vertragsparteien kommen“, erwartet Felix Korten, Rechtsanwalt und Vorstand der Korten Rechtsanwälte AG. Entsprechend wichtig sei es, zu wissen, wer bei verspäteter Lieferung für den entstandenen Schaden aufkommt und ob SARS-CoV-2 als Grund ausreicht, um sich als Lieferant auf Force Majeure zu berufen.

Out of time

Um Just-in-Time-Planungen steht es gegenwärtig eher schlecht. Der Weltmarkt ächzt unter reduzierten Produktionskapazitäten und wie sensibel das internationale Handelsnetz auf Störungen reagiert, zeigte zuletzt das „Ever Given“-Debakel im März 2021. „Möchten warenlose Käufer Schadensersatzforderungen gegenüber ihren säumigen Lieferanten geltend machen, muss zunächst geklärt werden, ob ein Schuldnerverzug nach § 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegt“, erklärt Felix Korten. Unter Nachfristsetzung können Geschädigte bei Verzugseintritt Anspruch auf Ausgleich des Verzögerungsschadens anmelden, wodurch das Vertragsverhältnis in der Regel bestehen bleibt. So trägt der Lieferant die zusätzlichen Kosten und der Käufer erhält weiterhin die Materialien. Alternativ sind mithilfe der Nachfristsetzung ein Rücktritt vom Vertrag sowie eine Schadensersatzforderung in Höhe des Warenwerts möglich.

Augen auf beim Warenkauf

Bei Lieferverträgen sollten im Vorfeld präzise Absprachen zu den zeitlichen Parametern vermerkt sein. Welche Termine und Fristen müssen die Parteien einhalten? Welche Gründe können eine Verzögerung rechtfertigen? „Auf internationalem Terrain verständigen sich Vertragsparteien im Sinne eines angemessenen Risikoausgleichs häufig auf Klauseln zur sogenannten Force Majeure“, weiß Felix Korten. Diese greifen, wenn von außen kommende Ereignisse eintreffen, die weder vorhersehbar noch durch äußerste zumutbare Sorgfalt abwendbar waren. Für gewöhnlich fallen darunter Kriege, politische Unruhen, Streiks, Naturkatastrophen oder auch Epidemien. „Idealerweise benennt das Vertragswerk die abgedeckten Umstände dennoch genau“, betont der Rechtsanwalt. Sind keine genauen Auslöser vereinbart, dienen häufig behördliche Warnungen und Maßnahmen als aussagekräftige Indikatoren. Angesichts von Betriebsschließungen, Quarantäneverfügungen, Reisewarnungen und Grenzschließungen würden Vertragspartner, laut Anwalt, davon ausgehen können, dass die COVID-19-Pandemie unter solche Force-Majeure-Klauseln fällt. Berufen sich Lieferanten bei Lieferverzögerungen darauf, kann in der Regel mit einer Auflösung des Vertrages und einer Befreiung von allen Leistungspflichten gerechnet werden. „Im Einzelfall kommt es aber auf den genauen Wortlaut der jeweiligen Klauseln und die konkreten Umstände an“, unterstreicht Felix Korten. „Denn die Corona-Pandemie muss dazu geführt haben, dass Vertragspartner ihre Leistungsverpflichtung nicht einhalten konnten.“ Es genügt also beispielsweise nicht, bestellte Ware aufgrund von gestiegenen Produktions- oder Transportkosten zurückzuhalten. Hinzu kommt: Versäumt es ein Lieferant trotz vereinbarter Anzeigepflicht, seine Vertragspartner über drohende Verzögerungen aufzuklären, kann er sich gegebenenfalls nicht mehr auf Höhere Gewalt berufen.

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