Automobilzulieferer Sachsenring an HQM verkauft - Insolvenzverwalter Kübler: Sanierung aus eigener Kraft ist gelungen
KÜBLER
Zwickau, 20. Februar 2006 Dreieinhalb Jahre nach Einleitung
des Insolvenzverfahrens ist die Zukunft des Automobilzulieferers Sachsenring gesichert. Insolvenzverwalter Dr. Bruno M.
Kübler konnte die ehemalige Trabbi-Schmiede, die nach der
Wende von den westdeutschen Unternehmern Ulf und Ernst-Wilhelm Rittinghaus übernommen und als größter ostdeutscher Automobilzulieferer an die Börse gebracht wurde, nach
langwierigen Verhandlungen nun an die Leipziger HQM-Gruppe
verkaufen. Die Sachsenring Fahrzeugtechnik GmbH (SFG) hatte am 30. Mai 2002 Insolvenz angemeldet. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 850 Mitarbeiter für Sachsenring tätig. Küb-
ler führte das Unternehmen bis zum Juli 2003 in der Insolvenz
fort und gründete dann die Sachsenring Zwickau AG (SRZ) als
Auffanggesellschaft. Als Vorstandsvorsitzender leitete er diese
seit dem 1. Juli 2003 mit dem Ziel der Eigensanierung. Ziel war
dabei stets, einen strategischen Investor zu finden und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Erfolgreiche Teilverkäufe
und absatzbedingte Personalanpassungsmaßnahmen haben
den Mitarbeiterstamm auf derzeit 250 reduziert. Mittelfristig
soll die Zahl der Mitarbeiter wieder erheblich zunehmen.
Nachdem die Sachsenring Fahrzeugtechnik GmbH (SFG) am 30. Mai 2002 Insolvenz
angemeldet hatte, war Rechtsanwalt Dr. Bruno M. Kübler vom Amtsgericht
Chemnitz zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter, nach Eröffnung des
Verfahrens am 1. September 2002 als endgültiger Insolvenzverwalter eingesetzt
worden. Bei Insolvenzbeginn übernahm Kübler das Steuer des angeschlagenen
Unternehmens mit rund 850 Mitarbeitern und Standorten in Zwickau
(Sachsen), Hemer (NRW) und Tröbitz (Brandenburg).
Im März 2003 verkaufte Kübler den Produktionsbereich N, der Fahrerkabinen
für Nutzfahrzeuge herstellte, an den Daimler Chrysler-Konzern, der den Bereich
nach Wörth/Baden verlagerte. Dieser bot allen 46 Mitarbeitern eine Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses in Wörth an.
Im November 2003 fand Kübler außerdem für das Werk im sauerländischen
Hemer mit der Sundwiger Drehtechnik GmbH einen Käufer. Auch hier wurden
alle 80 Arbeitnehmer des Standorts übernommen.
Kein Verkauf zum Schleuderpreis
Für das Stammunternehmen in Zwickau gab es zahlreiche in- und ausländische
Interessenten. Viele wollten die Gunst der Stunde nutzen und den Betrieb weit
unter Wert erwerben. Verwalter Kübler war jedoch nicht bereit, Sachsenring
zum Schleuderpreis zu verkaufen und brach daher Gespräche mit verschiedenen
Kaufinteressenten ab, die keine akzeptablen Gebote abgegeben hatten.
Ein Großkonzern war beispielsweise nur bereit, den berühmten einen Euro
für den Automobilzulieferer zu zahlen. Auch Verhandlungen mit einer Wolfsburger
Gruppe führten zu keinem akzeptablen Ergebnis.
Wenn es zum damaligen Zeitpunkt nach dem Willen einiger Interessierter
gegangen wäre, hätte ich Sachsenring sofort schließen müssen, resümiert
Kübler. Damit wären auf einen Schlag alle Arbeitsplätze verloren gegangen
und die aussichtsreiche Chance auf Rettung des Traditionsunternehmens nie
genutzt worden. Der Insolvenzverwalter präsentierte ein Fortführungs- und
Sanierungskonzept, das dem Unternehmen einen eigenständigen Weg in die
Zukunft wies und einen höchstmöglichen Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglichte.
Mit diesem Konzept ließen sich Gläubigerausschuss und Banken von Kübler
überzeugen, dass eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im Sinne aller Beteiligten
lag.
Neuausrichtung als Sachsenring Zwickau AG
Trotz der positiven Entwicklung und anfänglich guter Auftragslage waren harte
personelle Einschnitte unumgänglich, um das Unternehmen den Gegebenheiten
des Marktes anzupassen. Mit Zustimmung der IG Metall und des Betriebsrats
erfolgte ab 2003 ein sozialverträglicher Personalabbau. Um Kündigungen
zu vermeiden, erhielt ein Teil der Arbeitnehmer das Angebot, in eine Beschäftigungs-
und Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln.
Für die Umsetzung des Fortführungs- und Sanierungskonzepts gründete Insolvenzverwalter
Kübler zum 1. Juli 2003 die Sachsenring Zwickau AG (SRZ) als
Auffanggesellschaft der insolventen SFG. Mit der Neuaufstellung war auch eine
Konzentration auf Kernkompetenzen verbunden, wie etwa die Produktion von
Fahrwerkkomponenten und Karosseriebaugruppen. Größter Kunde des Automobilzulieferers
blieb weiterhin die Volkswagen AG.
Trotz Turbulenzen blieb die SRZ weiter auf Kurs
Die Sachsenring Zwickau AG (SRZ) war nach ihrer Neugründung positiv gestartet,
bis zur Jahresmitte 2004 operierte sie in schwarzen Zahlen. Im zweiten
Halbjahr 2004 machten dem Unternehmen die Absatzprobleme bei VW erheblich
zu schaffen. Ende 2004 wurde SRZ mit der plötzlichen Stornierung eines
Großauftrags konfrontiert. Durch das wegbrechende Umsatzvolumen waren
erneut personelle Einschnitte unumgänglich. Kübler blieb trotzdem optimistisch,
weil Effizienz und Innovationskraft des Unternehmens beträchtlich gestiegen
waren, seit er die Führung übernommen hatte. Zukunftsträchtige Entwicklungen
wie ein Integralgelenk und eine aktive Wankstabilisierung wurden
weiter vorangetrieben. Dennoch wurde die Luft für das Unternehmen zusehends
dünner. Die Automobilbranche war ohnehin krisengeschüttelt, die Automobilzulieferer
bekamen die kritische Situation am Markt umso mehr zu spüren. Der Insolvenzverwalter erläutert: Für Sachsenring gab es eine schwierige
und turbulente Zeit. Die Automobilindustrie legt größten Wert auf Liefersicherheit.
Sie will langfristige Perspektiven. Trotz der Gründung der 'insolvenzfreien'
Auffanggesellschaft war es sehr schwierig, neue Serienaufträge zu akquirieren,
weil wir der Automobilindustrie ohne eine definitive Investorenlösung keine
langfristige Sicherheit bieten konnten. Mit der Übernahme durch HQM sind die
entsprechenden Voraussetzungen jetzt gegeben.
Mitte 2005 kristallisierte sich die HQM Härterei und Qualitätsmanagement
GmbH aus Leipzig als bestgeeigneter Käufer für Sachsenring heraus. Nach
monatelangen Verhandlungen konnten Kübler und die HQM schließlich handelseinig
werden. Nun hat sich ausgezahlt, dass bei Sachsenring während der
schwierigen Insolvenzphase in neue Entwicklungen investiert wurde. Das Unternehmen
hat trotz der Insolvenz nicht den Anschluss verpasst, sondern ist
attraktiv für den Markt und birgt zukunftsträchtiges weiteres Potenzial, so
Kübler über den erfolgreichen Abschluss. Entscheidend war jedoch die Kooperations-
und Kompromissbereitschaft aller Beteiligten Arbeitnehmer, Betriebsrat,
Gewerkschaft, Großgläubiger, Lieferanten und Kunden, namentlich VW ,
ohne die wir nicht zu diesem guten Ergebnis gekommen wären, sagt der Insolvenzverwalter
rückblickend. Am Beispiel Sachsenring ist wieder einmal
deutlich geworden, dass Insolvenz nicht gleich Zerschlagung ist, sondern dass
darin bei Geduld und Ausdauer die Chance auf Sanierung aus eigener Kraft
liegen kann, zieht Kübler Resümee.
Käufer HQM übernimmt einen Großteil der Mitarbeiter
Die HQM-Gruppe besteht seit 1993 und hat sich zu einem starken mittelständischen
Unternehmen im Bereich Härterei, Oberflächentechnik und Qualitätsmanagement
entwickelt. Außerdem hat sich HQM als Systemlieferant der Automobilindustrie
profiliert. Das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von ca.
80 Mio. und 500 Beschäftigten an den Standorten Leipzig, Chemnitz, Pleißa
und Wuppertal übernimmt 170 der derzeit noch rd. 200 Zwickauer Mitarbeiter
von Sachsenring. HQM führt den Betrieb unter dem Namen HQM Sachsenring
GmbH fort und will mittelfristig die Mitarbeiterzahl wieder kräftig aufstocken.
Das Traditionsunternehmen Sachsenring
Die historischen Wurzeln von Sachsenring reichen zurück in das Jahr 1904, als
August Horch die Motorenwerke AG gründete und in Zwickau mit der Automobilproduktion
begann. Zu DDR-Zeiten produzierte das Unternehmen den Trabant,
was ihm die Bezeichnung Trabbi-Schmiede eintrug. Nach dem Fall der
Mauer kauften die Brüder Ulf und Ernst-Wilhelm Rittinghaus den Betrieb von
der Treuhandanstalt. 1997 wandelten sie Sachsenring in ein börsennotiertes
Unternehmen um, das am Frankfurter Neuen Markt als erstes Unternehmen
aus der ehemaligen DDR notiert wurde. Am 30. Mai 2002 stellte das Traditionsunternehmen
Insolvenzantrag. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte Sachsenring
rund 850 Mitarbeiter an drei Standorten und hielt mehrere Beteiligungen.
Werk Tröbitz
Als letzten Unternehmensteil hat Verwalter Kübler jetzt noch das Werk Tröbitz
in Brandenburg zu vermarkten. Dieser Bereich stellt Brems- und Kraftstoffleitungen
zunehmend in Kunststoff her und hat im letzten Jahr mit der zukunftsträchtigen
Produktion von Druckmessleitungen für Rußpartikelfilter begonnen.
Durch die neue Euronorm EU 4 für Abgase ist hier in der nächsten Zeit mit
einer erheblichen Absatzsteigerung zu rechnen, ist sich Kübler sicher. Das
Werk Tröbitz erzielt kontinuierlich positive Ergebnisse und soll daher laut Kübler
demnächst ohne Zeitdruck bei Erhalt der 45 Arbeitsplätze zu einem attraktiven
Kaufpreis veräußert werden.
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