Baker & McKenzie: Deutsche Aufsichtsbehörde zündet zweite Regulierungsstufe bei Vergütung von Bankmitarbeitern

20.01.2010

Baker & McKenzie

Neue Rundschreiben implementieren die vom Financial Stability Board verabschiedete Standards für Vergütungssysteme

Am 21. Dezember 2009 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) detaillierte Vorschriften über Vergütungssysteme von Banken in Form eines Rundschreibens (Nr. 22/2009) veröffentlicht. Diese ergänzen die Neufassung des Rundschreibens zu den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)“ vom 14. August 2009. Parallel hierzu hat die BaFin ein zweites, ähnliches Regelungswerk für die Vergütung von Mitarbeitern bei Versicherungsgesellschaften erlassen, das jedoch hier nicht näher vorgestellt wird.

Internationaler Hintergrund

Bald nachdem die Finanzkrise in aller Munde war, haben sich zahlreiche nationale und internationale Kommissionen und Organe mit der Analyse der Ursachen befasst. Im Februar 2009 stellte der Bericht der de Larosière-Kommission auf der EUEbene fest, dass „... Vergütungsanreize besser an die Interessen der Aktionäre und an langfristige firmenweite Rentabilität angepasst werden müssen,...“, und empfahl die Bemessung von Boni anhand eines mehrjährigen Zeitraums sowie die Überwachung von Vergütungssystemen durch die Aufsichtsbehörden. Darauf aufbauend hat die EU-Kommission am 30. April 2009 eine Empfehlung über Vergütungssysteme im Finanzsektor erlassen, die bis zum Ende des Jahres 2009 umzusetzen war. Es fehlte jedoch in der EU an einem politischen Konsens über die Schaffung eines verbindlichen Regelwerks für Vergütungssysteme in Banken.

Im März 2009 stellten die G 20-Finanzminister ähnliche Überlegungen an und stellten in ihrer Agenda fest: „Finanzinstitute sollten klare interne Anreize zur Förderung der Stabilität setzen, und Maßnahmen müssen getroffen werden, um Vergütungssysteme zu vermeiden, die exzessive kurzfristige Gewinne oder exzessives Eingehen von Risiken belohnen“. Der G 20-Gipfel im US-amerikanischen Pittsburgh erteilte dem neugeschaffenen Financial Stability Board (FSB) den Auftrag, einen neuen Rahmen für Vergütungssysteme in Banken und anderen Finanzinstitutionen vorzuschlagen. Am 25. September 2009 veröffentlichte das FSB seine „Principles for Sound Compensation Practices – Implementation Standards“ (Prinzipien für vernünftige Vergütungspraktiken – Standards zur Implementierung), die die BaFin nunmehr zu bindenden regulatorischen Vorgaben verarbeitet hat.

Jüngere Entwicklungen in Deutschland

Deutschland war verhältnismäßig schnell in der Verabschiedung von Maßnahmen, die eine Wiederholung der Finanzkrise verhindern sollen. So wurde schon am 29. Juli 2009 ein Reformpaket zur „Schnellreparatur“ verabschiedet, das unter anderem die aufsichtsrechtlichen Regeln für die Banken im Bereich des Eigenkapitals und der organisatorischen Anforderungen, insbesondere im Bereich Risikomanagement, verschärft hat. Zudem wurden Eignungskriterien für Aufsichtsratsmitglieder eingeführt und die Befugnisse der BaFin zur Verhängung von Sanktionen gegenüber Instituten, die die Vorgaben nicht einhalten, erweitert.

Wesentliche Bestandteile der Vergütungsregeln in den MaRisk

Am 14. August 2009 veröffentlichte die BaFin ihre überarbeiteten „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ - MaRisk -, die den Banken einen detaillierten Rahmen zur Umsetzung der organisatorischen Anforderungen nach dem Kreditwesengesetz vorgeben.

Neben anderen Materien regeln die neuen MaRisk-Regeln auch die Vergütung von Mitarbeitern. Sie schreiben vor, dass sich Vergütungssysteme in Übereinstimmung mit der Strategie der Bank befinden müssen und „schädliche Anreize“ zu vermeiden sind, die zum Eingehen unvertretbar hoher Risiken motivieren. Institute müssen nun auf der Geschäftsleitungsebene einen Vergütungsausschuss schaffen, der Vergütungssysteme entwickelt und regelmäßig überprüft. Die kurzfristige Profitabilität darf nicht länger ein Maßstab für die variable Vergütung von Geschäftsleitern und solchen Mitarbeitern sein, die hohe Risikopositionen für ein Institut begründen können. Die variable Vergütung darf sich auch nicht länger allein an der individuellen Leistung orientieren, sondern muss auch an den Erfolg der gesamten Geschäftseinheit und den Erfolg des gesamten Instituts anknüpfen. Zukünftige negative Entwicklungen müssen einen Einfluss auf die Vergütung haben, und der Bemessungszeitraum für die variable Vergütung ist zu diesem Zweck hinreichend langfristig zu gestalten.

Wesentliche Punkte der jetzt verabschiedeten zweiten Stufe der Vorgaben Das neue BaFin-Rundschreiben (Nr. 22/2009) stellt einen weiteren Schritt dar, den Finanzinstituten detaillierte Vorgaben zur Umsetzung der Regeln der MaRisk zu machen und reflektiert auch die FSB Principles for Sound Compensation Practices – Implementation Standards, die im September 2009 (d. h. nach der Veröffentlichung der neuen MaRisk) veröffentlicht wurden.

Das Rundschreiben ist nur auf deutsche Banken und Finanzdienstleister anwendbar sowie auf deutsche Niederlassungen ausländischer Institute aus Nicht-EWRLändern. Zweigniederlassungen von Instituten aus EWR-Ländern sind nicht betroffen. Jedoch müssen deutsche Institute die Standards auf konzernweiter Basis beachten, sodass auch die Vergütung von Mitarbeitern außerhalb von Deutschland betroffen sein kann. Ähnliche (aber nicht vollkommen identische) Regeln wurden für Versicherungsunternehmen geschaffen.

Die wichtigsten neuen Regeln sind die folgenden:

Besonders die folgenden „schädlichen Anreize“ sind künftig zu vermeiden: • Signifikante Abhängigkeit der Gesamtbezüge von der Höhe der variablen Vergütung;

• Abfindungen, die trotz negativer Erfolgsbeiträge nicht gekürzt werden können;

• Gleichgerichtete Vergütungsparameter für operative Abteilungen und solche Abteilungen, die die operativen Einheiten überwachen sollen (z. B. Genehmigung von Kreditvergaben, Compliance-Abteilung, Risikocontrolling oder interne Revisionsabteilung), wenn hierdurch ein Interessenskonflikt entstehen kann.

Die Vergütung von Mitarbeitern in Kontrollabteilungen muss attraktiv genug sein, um eine angemessene personelle Ausstattung dieser Abteilung sicherzustellen. Manager, die für das Institut hohe Risikopositionen begründen können, müssen auf der Basis einer dokumentierten Selbsteinschätzung mit Hilfe angemessener objektiver Kriterien identifiziert werden. Die Vergütung von Geschäftsleitern und „risikoträchtigen“ Managern muss eine Balance zwischen effektiven Anreizen zur Leistungssteigerung und einer übermäßigen Abhängigkeit von variablen Vergütungskomponenten finden.

Garantierte Boni sind im Allgemeinen verboten und ausnahmsweise nur noch anlässlich der Einstellung und für maximal ein Jahr erlaubt. Individuelle Bonuskriterien müssen auch nichtmonetäre Parameter enthalten. Die Bonuskriterien für eine Geschäftseinheit müssen nachhaltige Komponenten beinhalten, z. B. Risiken, Laufzeiten sowie Kapital- und Liquiditätskosten.

Mindestens 40% der variablen Vergütung muss über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren verteilt werden und mit einer Anpassung nach unten versehen sein, falls es an einer nachhaltigen Entwicklung (individuell und für das gesamte Institut) fehlt. Mindestens 50% der zurückgestellten Bonusanteile müssen an nachhaltige Wertentwicklungen beim Institut angeknüpft sein. Zurückbehaltene Vergütungsbestandteile dürfen nicht schneller als pro rata temporis ausgezahlt werden, und vorher darf kein Auszahlungsanspruch entstehen.

Auf jährlicher Basis müssen Institute zudem bestimmte Informationen über ihre Vergütungssysteme veröffentlichen. Dabei müssen auch Informationen über die Vergütungspakete von Geschäftsleitern und solchen Mitarbeitern publiziert werden, die für das Eingehen von hohen Risikopositionen für das Institut verantwortlich sind. Zusätzlich müssen der Gesamtbetrag und die Anzahl der Garantieboni offengelegt werden, ebenso wie der Gesamtbetrag und die Anzahl der Abfindungszahlungen einschließlich des Einzelbetrags der höchsten gezahlten Abfindung.

Die BaFin erkennt an, dass vertragliche Vereinbarungen typischerweise keine einseitige Anpassung bestehender Vergütungspakete an die neuen Regeln erlauben, verpflichtet die Institute aber zumindest, Anstrengungen (basierend auf einer rechtlichen Prüfung der Erfolgsaussichten) zu unternehmen, auch die bestehenden Verträge anzupassen.

Andere deutsche Rechtsquellen, die die Vergütung von Bankern beeinflussen Zur Vervollständigung des Bildes über die jüngere gesetzliche Entwicklung im Bereich der Vergütung von Bankern sei darauf hingewiesen, dass Institute in der Form einer Aktiengesellschaft schon durch eine kürzliche Änderung des Aktiengesetzes betroffen sind. Darüber hinaus gelten besondere Regeln für Institute, die staatliche Unterstützung erhalten haben.

Die neuen Regeln im Aktiengesetz erfordern, dass die Vergütung von Mitgliedern des Vorstands angemessen und „üblich“ ist. Variable Vergütung muss sich an der nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens orientieren. Der Aufsichtsrat hat stärkere Möglichkeiten (und eine „weiche“ Verpflichtung), die Vergütung im Fall negativer Entwicklungen in Unternehmen zu reduzieren. Aktienoptionen haben nun eine Mindestwartefrist von vier Jahren. Die neuen Regeln im BaFin-Rundschreiben sollten mit den Vorgaben des Aktienrechts weitgehend kompatibel sein. Was Versicherungsunternehmen betrifft, hat die BaFin in dem diesbezüglichen Rundschreiben spezifiziert, dass die Regeln des Aktienrechts unabhängig von der Rechtsform des Versicherungsunternehmens anzuwenden sind.

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Banken, die staatliche Unterstützung nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz erhalten haben, bestimmte Bedingungen für die Vergütung ihrer Unternehmensleiter akzeptieren müssen. Die prominenteste Beschränkung ist die Gesamtgehaltsobergrenze (einschließlich variabler Vergütung) von EUR 500.000. Diese Obergrenze galt zunächst nur für 2008 und 2009. Gegenwärtig findet eine politische Debatte darüber statt, ob diese neu verhandelt werden sollte. Jedoch ist es in der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Lage unwahrscheinlich, dass diese Obergrenze erhöht wird.

Fazit

Zur Zeit haben deutsche Banken und andere Finanzinstitute einen Nachteil bei der Rekrutierung kompetenter Manager auf Grund der Vorreiterrolle Deutschlands bei der Umsetzung des Standards des Financial Stability Board. Es bleibt abzuwarten, ob andere G 20-Länder sich dem anschließen oder sich dort die Implementierung verzögert. Weiter bleibt abzuwarten ob sich jüngste Presseberichte bewahrheiten, wonach die Vergütung von Bankern auch noch durch weitere gesetzgeberische Maßnahmen geregelt werden sollen, die über die jetzigen Vorgaben hinausgehen Dieses Mandantenrundschreiben dient ausschließlich der Information. Sein Inhalt sollte daher nicht als Entscheidungsgrundlage im Einzelfall oder als Ersatz für einen einzelfallbezogenen Rechtsrat genutzt werden. Hierfür sollte stets der Rat eines qualifizierten Rechtsanwalts eingeholt werden. Mit der Herausgabe dieses Mandantenrundschreibens übernehmen wir keine Haftung im Einzelfall.

Die Baker & McKenzie - Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors ist eine im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts Frankfurt/Main unter PR-Nr. 1602 eingetragene Partnerschaftsgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Frankfurt/Main. Sie ist assoziiert mit Baker & McKenzie International, einem Verein nach Schweizer Recht. Mitglieder von Baker & McKenzie International sind die weltweiten Baker & McKenzie- Anwaltsgesellschaften. Der allgemeinen Übung von Beratungsunternehmen folgend, bezeichnen wir als "Partner" einen Freiberufler, der als Gesellschafter oder in vergleichbarer Funktion für uns oder ein Mitglied von Baker & Mc- Kenzie International tätig ist. Als "Büros" bezeichnen wir unsere Büros und die Kanzleistandorte der Mitglieder von Baker & McKenzie International.

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