Clifford Chance: Kredit-Outsourcing nimmt Gestalt an

11.03.2005

Clifford Chance

Frankfurt am Main, 11. März 2005 - Das Thema "Kredit-Outsourcing" wird den Finanzdienstleistungsmarkt in den nächsten Jahren verstärkt beschäftigen. Das war das Fazit einer Vortragsveranstaltung der internationalen Anwaltssozietät Clifford Chance vor Teilnehmern aus der Finanzwirtschaft. Dabei können die Marktteilnehmer von den Erfahrungen profitieren, die im IT-Outsourcing in den letzten Jahren gewonnen wurden. Allerdings stellt das besondere rechtliche Umfeld spezielle Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung eines Outsourcings des Kreditgeschäfts. Die Referenten gaben einen Überblick über die vertraglichen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie über die besonderen arbeits- und steuerrechtlichen Aspekte.

"Das Schlagwort 'Kreditfabrik' geistert seit Jahren durch Konferenzen, Seminare und Publikationen. Und doch hat das Outsourcing im Kreditbereich noch lange nicht die erwartete Breitenwirkung entfaltet - sieht man einmal von Transaktionen im Bereich Non-Performing Loans (NPL) ab", führte Georg Linde, Rechtsanwalt in der Industriegruppe Communications, Technology & Media (CMT) in die Thematik ein. Aufgrund von Basel II ist das Thema nun wieder aktuell geworden. Die Auslagerung "aktiver" bzw. "performing" Kreditportfolios ist mittlerweile weit verbreitet.

Gerade die notwendige Bewertung von Altakten für die Bestimmung der notwendigen Unterlegung mit Eigenkapital verursacht einen erheblichen Aufwand und hat in vielen Kreditinstituten zur Einschaltung externer Dienstleister geführt. In vielen Banken wird die Auslagerung weiterer Glieder der Wertschöpfungskette im Kreditgeschäft geprüft. Hierzu zählen neben der fortlaufenden Verwaltung der Kreditakten und deren Bewertung auch die Kreditvergabe und die Übernahme des Obligos.

Dr. Andrea Marlière von der NetCo Consulting GmbH appellierte, Lehren aus den Erfahrungen mit bisherigen Outsourcing-Prozessen, z.B. im Bereich der Wertpapier- und Zahlungsverkehrsabwicklung, zu ziehen. Fehlende Neutralität, das immer noch starre 3-Säulen-Denken und mangelndes Sourcing Know-how bei den In- und Outsourcern haben in der Vergangenheit viele Outsourcingprojekte verteuert oder gar verhindert. Besonders hob sie die Bedeutung der vertraglichen Ausgestaltung hervor - ein Aspekt, dem immer wieder zu wenig Beachtung geschenkt würde. Die Erfahrung habe gezeigt, dass eine sorgfältige vertragliche Ausgestaltung künftige Probleme vermeiden oder leichter lösen helfe.

Daran knüpfte Dr. Joachim Schrey, Partner in der Industriegruppe CMT bei Clifford Chance, an. Der Outsourcing-Experte unterstrich: "Wer nicht auf die Qualität der Dienstleisterverträge achtet, zahlt am Ende drauf, statt Kosten zu sparen." Aufgabe beider Parteien sei es, in den sogenannten Service Level Agreement (SLA) Leistungsbeschreibungen festzulegen und die Qualität wie auch die erwarteten Ergebnisse detailliert zu beschreiben. Denn die gesetzlichen Bestimmungen beschreiben allenfalls die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Parteien bewegen dürfen. "Was im Vertrag nicht klar definiert ist, darauf besteht auch kein Leistungsanspruch", warnt Joachim Schrey. Die Hoffnung, auf einen Mustervertrag zurückgreifen zu können, sollte man jedoch schnell begraben. "Ein SLA-Muster, das auf alle Auslagerungslösungen gleichermaßen passt, gibt es nicht."

Joachim Schrey riet zudem, besondere Sorgfalt auf die Festlegung der Rechtsfolgen bei Schlechterfüllung zu verwenden, also wenn der Dienstleister die vertraglich vereinbarte Leistung nicht oder nicht im gewünschten Maße erbringt. Für solche Fälle sollte der Vertrag ein klares Eskalationsverfahren und vertragliche Sanktionsverfahren vorsehen. Die gesetzlichen Schadenersatzregelungen reichen hier in der Regel nicht aus.

Welche aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind, erläuterte Dr. Sven Zeller, Partner im Bereich Banking & Capital Markets bei Clifford Chance. Für die Auslagerung bei Kredit- und Finanzinstituten greifen eine Reihe gesetzlicher Regelungen. Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geht es vor allem darum, dass das Kreditinstitut mit der Auslagerung die Kontrolle über die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte behält und die Allgemeinverantwortung innerhalb der Geschäftsleitung verbleibt. Zu beachten ist, dass nicht nur der Vollzug der Auslagerung anzeigepflichtig ist, sondern bereits die Absicht.

Sven Zeller empfahl, Outsourcing-Projekte im Finanzdienstleistungsbereich bereits im Vorfeld mit der BaFin umfassend zu diskutieren, um etwaige Hürden frühzeitig erkennen und gegebenenfalls umgehen zu können.

Neben dem aufsichtsrechtlichen Umfeld zählen auch die arbeitsrechtlichen Regelungen zu den Aspekten, die in der Vorbereitung eines Outsourcings frühzeitig und sorgfältig zu prüfen sind. Bei einem Kredit-Outsourcing, anders als z.B. bei IT-Outsourcing, wird sich häufig die Frage stellen, ob es sich um einen Betriebsteilübergang handelt oder nicht. Die Beurteilung hängt von den in dem jeweiligen Institut bestehenden tatsächlichen Umständen ab und kann im Ergebnis zu erheblichen Zuordnungsproblemen führen. Insbesondere in Fällen, in denen die Institute öffentlich-rechtlich organisiert sind oder in der Vergangenheit waren, ist es wichtig, frühzeitig besonderes Augenmerk auf bestehende betriebliche Altersversorgungszusagen zu richten. Wird dieser Punkt nicht rechtzeitig umfassend geprüft, kann dies zu einem Scheitern der Transaktion noch in einem späten Verhandlungsstadium führen, warnte Nicole Engesser Means, Partnerin im Bereich Arbeitsrecht bei Clifford Chance. In jedem Fall empfiehlt sich auch eine rechtzeitige Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter. Hierdurch können erhebliche Verzögerungen oder gar eine Gefährdung des Outsourcing-Projekts vermieden werden.

Schließlich präsentierte Dr. Stefan Menner, Partner im Bereich Tax bei Clifford Chance, die umsatzsteuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten beim Kredit-Outsourcing. Nach EuGH-Entscheidungen können ausgelagerte Leistungen im Bankenbereich unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerbefreit sein. Grundsätze dieser Entscheidung sind auch auf das Outsourcing des Kreditgeschäfts übertragbar. Die Rechtslage ist in Deutschland aber derzeit noch nicht abschließend geklärt. Daher ist eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung mit Antrag auf verbindliche Auskunft ratsam.

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