Coronakrise: VID fordert Verbesserungen im Sanierungs- und Insolvenzrech

15.05.2020

 

Durch die Corona-Pandemie geraten eine Vielzahl von Unternehmen und Unternehmern in die wirtschaftliche Schieflage. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter fordert in einem Brief an die Bundesjustizministerin und Abgeordneten im Deutschen Bundestag, dass lange geplante Reformvorhaben im Sanierungs- und Insolvenzrecht nun dringend umgesetzt werden müssen. Die anstehenden Reformmaßnahmen sind effektiv und können ihre Wirkung bereits in der aktuellen Coronakrise entfalten.

In einem Brief an Bundesjustizministerin Lambrecht und Abgeordnete des Deutschen Bundestages appelliert der Berufsverband der Insolvenzverwalter Deutschlands, dass die finanziellen Hilfen, die im Rahmen der COVID-19-Gesetzgebung von der Bundesregierung geschaffen wurden, nicht dauerhaft ein Ausgleich für unvermeidbare Marktveränderungen sein können. Größere Bereiche der Wirtschaft sehen sich mit einer rückläufigen Konjunktur, einem Strukturwandel oder einem veränderten Verbraucherverhalten konfrontiert: „Marktveränderungen, die in vielen Fällen bereits vor der Coronakrise begannen, werden jetzt durch die gesamtwirtschaftliche Krise beschleunigt und verstärkt. Nach dem hoffentlich baldigen Erreichen einer „neuen Normalität“ werden viele alte Geschäftsmodelle nicht mehr tragfähig sein“, erläutert Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands, VID.

Insolvenzgerichte und Insolvenzverwalter sind deshalb besonders gefordert, diese Marktveränderungen so zu begleiten, dass die Substanz der Wirtschaft keinen Schaden nimmt. Der Berufsverband fordert aus diesem Grund den Gesetzgeber auf, den „Reformbogen“ auch in bester Absicht nicht zu überspannen, sondern stattdessen das deutsche Insolvenz- und Sanierungsrecht, das nach Einschätzung der Weltbank zu den besten der Welt gehört, zu verbessern und an die bestehenden Marktveränderungen anzupassen.

Gesetzgeber zögert immer noch mit wichtigen Anpassungen

Doch das alles ist nicht neu: Der Koalitionsvertrag sah bereits den Reformbedarf im Sanierungs- und Insolvenzrecht. Die Evaluierungsergebnisse der Studien zum ESUG und der Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sind seit langem verfügbar. Vorschläge zur Digitalisierung des Insolvenzverfahrens, zur Professionalisierung der Berufsträger oder zur Harmonisierung von Steuer- und Insolvenzrecht liegen seit Jahren vor. Doch der deutsche Gesetzgeber zögert bisher mit der Umsetzung dieser wichtigen Anpassungen.

Die Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens, wie er dem Gesetzgeber durch die EU aufgegeben wurde, habe man im Blick. Doch sie kann nur Teil einer größer angelegten Initiative des Gesetzgebers sein, da das Restrukturierungsverfahren aufgrund seiner Komplexität und Kostenintensität nur einem überschaubaren Kreis von Unternehmen zugänglich sein wird, nicht jedoch in erster Linie den kleinen und mittleren Unternehmen, den KMU.

„Die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten der vergangenen Jahre können und sollten jetzt ohne Verzögerung umgesetzt werden. Sie haben mit Blick auf die Coronakrise neue Aktualität gewonnen. Ihre unterschiedlichen Themenfelder ergänzen sich gegenseitig zu einer umfassenden Modernisierung und Ertüchtigung des nun besonders wichtigen Restrukturierungs- und Insolvenzrechts“, findet Niering.

Die Einführung neuer Sonderinsolvenzverfahren, z.B. als sog. Winterschlaf-Verfahren, oder weitere Eingriffe in die Privatautonomie werden die notwendige Anpassung an eine „neue Normalität“ nicht verhindern können. Sie bergen zudem die Gefahr eines Dominoeffekts, der die gesunde Substanz vieler Unternehmen beschädigen und damit die negativen Folgen der Krise sogar vergrößern könnte.

Die vom VID angesprochenen Vorschläge lassen sich stattdessen mit vergleichsweise geringem Aufwand umsetzen. „Man muss das sprichwörtliche Rad nicht neu erfinden und trotz der Krise nicht mit gut gemeinten Reformansätzen über das Ziel hinausschießen. Dennoch sind die von unserem Berufsverband eingeforderten Reformmaßnahmen in der Summe höchst effektiv und können ihre Wirkung bereits in der aktuellen Coronakrise entfalten“, so der VID-Vorsitzende.

Zum Hintergrund

Mit der COVID-19-Gesetzgebung hatte der Gesetzgeber im März umfangreiche Hilfsmaßnahmen in kürzester Zeit verabschiedet, um die unmittelbaren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Unternehmen zu begrenzen. Viele Unternehmen geraten durch die von der Pandemie verursachten Einschränkungen trotzdem in wirtschaftliche Schieflage. Mit Blick auf die Marktveränderungen einer „neuen Normalität“ ist es nun an der Zeit das deutsche Insolvenzrecht als Krisen- und Sanierungsinstrument zu stärken. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die derzeit geltende Beschränkung von Insolvenzantragsrechten und -pflichten die wirtschaftlichen Problemstellungen nicht löst, sondern die Folgen im Form eines Insolvenzverfahrens nur auf die Zukunft verlagert.

Über den VID:

Der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands ist der Berufsverband der in Deutschland tätigen Insolvenzverwalter. Mit mehr als 470 Mitgliedern vertritt er die überwiegende Mehrheit dieser Berufsgruppe. Die Mitglieder verpflichten sich auf „Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung“ und zur Zertifizierung nach ISO:9001. Damit setzt der Verband Maßstäbe für eine unabhängige, transparente und qualitativ anspruchsvolle Insolvenzverwaltung. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Unternehmensinsolvenzverwalter.

 

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