Echten Corona-Schutzschirm aufspannen - Gravenbrucher Kreis bezieht Stellung zur weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages

26.01.2021

Halle / Saale, Frankfurt a. M., den 25. Januar 2021; In der heutigen öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages ist der Gravenbrucher Kreis zu einer Stellungnahme gebeten worden zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis 30. April 2021 gemäß Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD.

Lucas Flöther vertritt den Gravenbrucher Kreis als dessen Sprecher bei dieser online stattfindenden öffentlichen Anhörung als einer von acht Sachverständigen. Schwerpunkte der Stellungnahme des Gravenbrucher Kreises sind die folgenden:

• Echten Corona-Schutzschirm aufspannen Um Unternehmen in der pandemiebedingten Krise konkret zu helfen, fordert der Gravenbrucher Kreis, jetzt einen echten CoronaSchutzschirm aufzuspannen. In einem solchen Schutzschirmverfahren könnten Unternehmen Altverbindlichkeiten „einfrieren“, dadurch ihren akuten Finanzierungsbedarf reduzieren und rasch effektive Sanierungsmaßnahmen durchführen. Wenn die Schutzfrist zur Planvorlage mit Zustimmung des Insolvenzgerichtes auf sechs Monate verdoppelt würde, hätten Unternehmen zudem eine realistische Chance in der aktuellen Krise neue Kapitalgeber zu finden. Auch sollte die Pflicht zu einem Verkaufsprozess parallel zur Restrukturierung eines Unternehmens (Dual-Track) ausgesetzt werden. Mit dem neuen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungs– gesetz – SanInsFoG) wird der Zugang zum Schutzschirmverfahren erleichtert und damit bereits ein erster Schritt zur Schaffung eines Corona-Schutzschirms gemacht. Dieser Weg sollte vom Gesetzgeber aus Sicht des Gravenbrucher Kreises nun pragmatisch fortgesetzt werden.

• Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist lediglich „Beruhigungspille“ – nur begrenzt fortsetzen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Frühjahr 2020 war richtig und hilfreich. Sie löst jedoch oft nicht die strukturellen Probleme von Unternehmen, sondern verschiebt sie. Daher sollte die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in der aktuellen Corona-Pandemie letztmalig und nur für einen kurzen Verlängerungszeitraum sowie für einen engumgrenzten und engbestimmten Schuldnerkreis beschlossen werden. Schließlich steht der Schutz der übrigen Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs vor zahlungsunfähigen Unternehmen in Frage. Der Gravenbrucher Kreis drängt zudem darauf, klare gesetzliche Regelungen zu schaffen und zu kommunizieren, um die bestehende Unsicherheit bei Geschäftsleitungen über die Insolvenzantragspflicht auszuräumen.

• Keine Privilegierung von öffentlichen Gläubigern durch die Hintertür. Im Zuge der Corona-Pandemie haben beispielsweise Finanzbehörden Stundungen ausgesprochen und wurden auch von staatlicher Seite hierzu angehalten. Wenn die zur Diskussion stehende Formulierungshilfe nun solche pandemiebedingten Stundungen – gemeint sind Zahlungen auf solche Stundungen – vor etwaigen späteren Insolvenzanfechtungen retten will, würde hiermit eine Privilegierung öffentlicher Gläubiger zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger erfolgen. Genau diese Privilegierung sollte mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Jahr 1999 endgültig abgeschafft werden. Eine Wiedereinführung von Vorrechten durch die Hintertür lehnt der Gravenbrucher Kreis strikt ab.

• Staatliche Hilfen auch für insolvente Unternehmen Staatliche Hilfen müssen auch insolventen Unternehmen zugutekommen können und zwar auch für Zeiträume, die vor Insolvenzantragstellung liegen. Solange der Betrieb eines Unternehmens weiter läuft, also positive Aussichten für die Fortführung bestehen, sollte diesen „Intensivpatienten“ das Medikament gewährt werden, dass auch die von der Corona-Pandemie Betroffenen in der „ambulanten Behandlung“ bekommen.

Den genauen Wortlaut der Stellungnahme als Sachverständiger zur öffentlichen Anhörung am 25. Januar 2021 im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages (...) zur Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und der SPD zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht finden Sie hier:

www.gravenbrucher-kreis.de/aktuelles/

Über den Gravenbrucher Kreis

Im Gravenbrucher Kreis sind seit 1986 Vertreter führender Insolvenzkanzleien Deutschlands zusammengeschlossen, die sich durch umfassende Erfahrung und Kompetenz im Bereich überregionaler Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren auszeichnen. Die Mitglieder verpflichten sich zur Einhaltung höchster Qualitäts- und Leistungsstandards, die sie durch das exklusive, von unabhängigen Auditoren geprüfte Zertifikat InsO Excellence nachweisen. Der Kreis hat aktuell 29 Mitglieder (davon 20 aktive und neun passive). Sprecher des Gravenbrucher Kreises ist seit März 2015 Prof. Dr. Lucas F. Flöther.

Seit seiner Gründung sieht sich der Gravenbrucher Kreis gefordert, das Restrukturierungs- und Insolvenzrecht sowie angrenzende Rechtsgebiete aus Sicht der Praxis fortzuentwickeln. Darüber hinaus bringt der Gravenbrucher Kreis seine Erfahrung in grenzüberschreitenden Konzerninsolvenzen ein und beteiligt sich an der Fortentwicklung internationaler Standards und Regeln im Bereich der Restrukturierung.

Der interdisziplinäre Erfahrungsaustausch und die gemeinsamen Diskussionen innerhalb des Gravenbrucher Kreises führen zu profunden Einschätzungen und fachkundigen Stellungnahmen. Diese genießen in der nationalen und internationalen Fachwelt des Restrukturierungs- und Insolvenzrechts hohe Anerkennung und finden in Gesetzgebungsverfahren Gehör.

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