EuGH: Mehrkosten durch 0180-Servicenummern sind unzulässig - Menold Bezler für die Wettbewerbszentrale erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof

03.03.2017

Stuttgart, 2. März 2017

Ruft ein Verbraucher bei einer 0180-Nummer mit Fragen zum Service eines Unternehmens, Rechnungsstellung oder Gewährleistung an, darf ihn das nicht mehr kosten als die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg heute entschieden in einem Fall, in dem der Elektrohändler Comtech für den telefonischen Kundendienst zu Fragen der Vertragsabwicklung eine 01805-Nummer mit Kosten von 14 Cent pro Minute aus dem Festnetz oder 42 Cent pro Minute aus dem Mobilfunknetz angeboten hatte. Dies ist ein deutschlandweiter Tarif für Service-Dienste, bei dem die Kosten höher sind als die für einen gewöhnlichen Anruf unter einer Festnetz- oder Mobilfunknummer.

Hintergrund ist eine Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale vor dem Landgericht Stuttgart (Az. 1 O 21/15), die in der kostenpflichtigen Servicenummer einen Verstoß gegen Paragraph 312a Absatz 5 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sah. Danach ist eine Vereinbarung unzulässig, die einen Verbraucher verpflichtet, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem Vertrag höhere Kosten zu bezahlen als die, die für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes anfallen. Mit der Vorschrift wird die EU-Verbraucherrichtlinie umgesetzt. Sie verbietet, dass Verbraucher für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif bezahlen müssen. Allerdings ist der Begriff Grundtarif weder in der Verbraucherrichtlinie noch in anderen europäischen Regelungen definiert. Deshalb hatte das Landgericht Stuttgart die Vorabentscheidung des EuGH eingeholt.

Laut der heutigen Entscheidung der Luxemburger Richter ist der Begriff „Grundtarif“ so auszulegen, dass die Kosten für einen Anruf zu Fragen der Vertragsabwicklung unter einer Service-Rufnummer nicht die Kosten für einen Anruf unter einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer übersteigen dürfen. Der Grundtarif entspreche im Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Dieses Verständnis bestätigten sowohl der Zusammenhang, in dem die Richtlinie diesen Begriff verwendet, als auch der Zweck der Richtlinie, die ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten will. Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen als die für einen gewöhnlichen Anruf, könnten Verbraucher davon abgehalten werden, unter der Service-Rufnummer Informationen zu einem Vertrag einzuholen oder ihre Rechte wie Gewährleistung oder Widerruf geltend zu machen. Dabei ist unerheblich, ob der Unternehmer mit der Service-Rufnummer Gewinne erzielt, soweit die Grenze der Kosten eines gewöhnlichen Anrufs beachtet wird.

Das Landgericht Stuttgart wird das Urteil des EuGH in dem nun wieder aufzunehmenden Verfahren anwenden und im Sinne der Wettbewerbszentrale entscheiden.

Die Kanzlei Menold Bezler hat die Wettbewerbszentrale sowohl vor dem Landgericht Stuttgart als auch vor dem Europäischen Gerichtshof beraten und vertreten.

Berater Wettbewerbszentrale:
Menold Bezler (Stuttgart):
Manfred Hammer, LL.M. (Wettbewerbsrecht)

Berater Gegenseite:
Dr. Heinz & Stillner Rechtsanwälte (Stuttgart):
Dr. Benjamin Stillner (Wettbewerbsrecht)

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