FPS Fritze Wicke Seelig: Urlaubsanspruch verfällt nicht bei längerer Krankheit
FPS Fritze Wicke Seelig
Frankfurt, den 03. 04. 2009
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) räumt Arbeitnehmern einen Anspruch auf be-zahlten Jahresurlaub bzw. auf finanzielle Urlaubsabgeltung ein, wenn sie ihre Ur-laubstage wegen längerfristiger Erkran-kung nicht nehmen konnten. Damit fol-gen die Erfurter Richter dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und ver-lassen ihre langjährige Linie (Az. 9 AZR 983/07, vom 24.03.09). „Allerdings hat das BAG dies im konkreten Fall nur auf den gesetzlichen Mindesturlaubsan-spruch bezogen“, betont Rechtsanwältin Amelie Bernardi von der Kanzlei FPS Rechtsanwälte & Notare in Frankfurt, „die Urlaubsansprüche aufgrund von Ar-beits- oder Tarifverträgen können deut-lich länger sein als der gesetzliche Min-desturlaubsanspruch.“ Ob auch hierfür ein Urlaubsanspruch bzw. finanzielle Ab-geltung verlangt werden könne, bleibe abzuwarten, so Bernardi weiter.
Nach der bisherigen deutschen Recht-sprechung erlosch ein Urlaubsanspruch, wenn er aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden konnte. Basis war das Bundesurlaubsgesetz, nach dem ein Arbeitnehmer seinen Urlaub im laufen-den Kalenderjahr zu nehmen hat. Eine Übertragung ist nach der gesetzlichen Lage nur auf die ersten drei Monate des Folgejahres möglich. Diese Regelungen sind nach Auffassung des BAG gemein-schaftskonform gemäß der neuen Rechtsprechung des EuGH fortzubilden.
Damit bekam eine Erzieherin, die von August 2005 bis 31. Januar 2007 für ihre Arbeitgeberin tätig war, ihren gesetzli-chen Urlaub ausbezahlt. Sie war von Juni 2006 bis Ende August 2007 durch-gehend erkrankt und hatte eine finanziel-le Abgeltung der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005 und 2006 verlangt, da sie den Urlaub infolge ihres Ausschei-dens Ende Januar 2007 nicht mehr hatte nehmen können.
„Arbeitgeber sollten jetzt auf jeden Fall darauf achten, dass sie Rückstellungen für die Zahlung etwaiger Urlaubsabgel-tungen bilden“, rät Arbeitsrechtlerin Ber-nardi. Für wenig vorteilhaft hält sie den vom EuGH vorgeschlagenen Umgang mit solchen Urlaubsansprüchen. Die Richter haben den Arbeitgebern aus-drücklich die Möglichkeit eröffnet, den Mitarbeiter seinen Urlaub während der Krankheitszeiten nehmen zu lassen. „Ob sich daraus ein Vorteil für den Arbeitge-ber ergibt, ist äußerst zweifelhaft“, stellt Bernardi klar, „denn der Arbeitgeber müsste dem Arbeitnehmer für die Zeit des Urlaubs das Gehalt zahlen. Bezieht der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse, so hat der Arbeitgeber im Zweifel mehr Kosten.“ Vorteilsnehmer wäre in diesem Fall nur die Krankenkas-se.
Bernardi rechnet zudem damit, dass sich mancher Arbeitgeber in Anbetracht des Risikos, den aufgelaufenen Urlaub ge-währen oder die Ansprüche abgelten zu müssen, entschließen wird, eine Kündi-gung auszusprechen. Das geht zwar nur, wenn auch die sonstigen Kündigungs-voraussetzungen vorliegen, doch die Anwältin ist sich sicher: „Das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, ist gestiegen.“
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