Freshfields Bruckhaus Deringer: Flatrate-Tarife in Mobilfunknetzen international vor dem Aus?

23.08.2010

Internationale Freshfields-Umfrage zeigt neue Chancen und Risiken für die Mobilfunkmärkte

- 48 Prozent der befragten Entscheidungsträger aus der internationalen Mobilfunkbranche sehen in der Entwicklung neuer Tarifmodelle die entscheidende Herausforderung der Zukunft.

- Nutzungsabhängige Tarifmodelle sollen die bestehenden Netze entlasten und die Refinanzierung von Investitionen in Next Generation-Netze erleichtern.

- Die Branche steht vor einer durch mobile Breitbandapplikationen getriebenen Innovationswelle, die neue Geschäftsmodelle erfordert.

Führungskräfte in Mobilfunkunternehmen weltweit sehen die Entwicklung neuer Tarifmodelle als eine der zentralen Herausforderungen ihres Geschäfts in den kommenden drei Jahren und planen dabei auch eine Abkehr von den verbreiteten Flatrate-Tarifen. Ziel ist unter anderem die Entlastung der bestehenden Netze und die Suche nach besseren Refinanzierungsmöglichkeiten für Investitionen in die geplanten breitbandigen Mobilfunknetze der nächsten Generation (Next-Generation-Networks oder NGN, z.B auf der Basis der künftigen LTE-Technologie).

Das ergab eine Umfrage unter 391 Vertretern des Senior Managements der Mobilfunkbranche aus 55 Ländern zu den künftigen sektorspezifischen Herausforderungen (Mobile Challenges Survey 2010), die die internationale Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer im Juni 2010 durchführen ließ (durch The Economist Intelligence). Zu den Teilnehmern der Umfrage gehörten Entscheidungsträger von Soft- und Hardwareanbietern, Netzausrüstern, Anbietern integrierter Festnetz- und Mobilfunkdienste, Mobilfunknetzbetreibern sowie Anbietern von Mehrwertdiensten und mobilfunkgestütztem Content.

Fast die Hälfte (47 Prozent) der befragten Mobilfunkmanager sehen demnach durch Modelle mit All-Inclusive-Flatrate-Endkundendatentarifen den Spielraum für Umsatzsteigerungen eingeschränkt, und 55 Prozent erwarten, dass Mobilfunknetzbetreiber in den reifen Märkten in Zukunft volumenabhängige Tarife einführen werden. Die Mehrheit der befragten Mobilfunkmanager (55 Prozent) ist zudem überzeugt, dass sich die aktuelle Diskussion um die Frage der Priorisierung bestimmter Datendienste unter Abkehr vom bisherigen Modell der Netzneutralität einschließlich der damit verbunden kommerziellen Aspekte weiter intensivieren wird.

Zur Begründung verweisen die Befragten unter anderem auf die hohen Kosten für die Finanzierung der anstehenden Next-Generation-Netze (44 Prozent) und die Sicherstellung ausreichender Backbone-Kapazitäten für die zukünftige Traffic-Lasten (37 Prozent). Mehr als 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass neue Tarifmechanismen dazu beitragen können, das Problem der exponentiell steigenden Netzbelastung aufgrund datenintensive Mobilfunknutzungen (gefördert unter anderem durch Smartphones mit Internetverbindung) zu entschärfen. Als wichtigste Einnahmequellen aus diesem Datenverkehr in den nächsten drei Jahren erwarten die Mobilfunkmanager Downloads von Applikationen (37 Prozent), Voice-Downloads (36 Prozent) und Video-Downloads (32 Prozent) . Anders sieht das Bild in weniger entwickelten Wachstumsmärkten aus. Hier halten 78 Prozent der befragten Mobilfunkmanager das Angebot einfacher Voice- und Datentarife für wirtschaftlich rentabler.

Dr. Thomas Tschentscher, Mobilfunk-Spezialist der Sektorgruppe TMT bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Deutschland: "Die Umfrage belegt, dass Mobilfunkanbieter weltweit planen, ihre Tarifstrategien neu zu gestalten, um ihre Umsatz- und Gewinnziele in einem dynamischen Marktumfeld abzusichern. Die Mobilfunkbranche insgesamt steht vor mehreren Herausforderungen: Zum einen wurden und werden die unternehmerischen Handlungsspielräume der Mobilfunknetzbetreiber durch eine immer schärfere Regulierung zunehmend eingeschränkt. Das betrifft vor allem die entwickelten Mobilfunkmärkte, zum Beispiel in Zusammenhang mit Terminierungsentgelten oder Netzausbauverpflichtungen im Rahmen von Frequenzzuteilungen. Zum anderen gilt es technisch und ökonomisch sinnvolle Lösungen für die zunehmende Auslastung der bestehenden Mobilfunknetze aufgrund des stark ansteigenden mobilen Datenverkehrs zu finden (z.B. durch integrierte WLAN/3G Services). Schließlich müssen die Mobilfunkanbieter in Kooperation, aber zugleich auch im Wettbewerb mit Providern von Mobile Hardware, Applikationen und Diensten neue Businessmodelle entwickeln, die die Milliardeninvestitionen in Next-Generation-Networks rechtfertigen. Insoweit ist vor dem Hintergrund der überwiegend nicht eingetretenen Erwartungen an UMTS-Geschäftsmodelle deutlich mehr realistische Zurückhaltung im Markt spürbar als vor 10 Jahren."

Realisierung von Einsparpotenzialen

Als wesentliche Geschäftsrisiken nennt der Freshfields-Studie zufolge die Hälfte (50 Prozent) der Befragten ein geringes Wirtschaftswachstum und mehr als ein Viertel (28 Prozent) den unerwartet hohen Investitionsaufwand für neue Netze. Als weitere Risiken wurde von den befragten Unternehmen die Nichtverfügbarkeit ausreichenden Frequenzspektrums bzw. von ausreichenden backbone Kapazitäten benannt. Die effektivste Methode zur Kostenreduzierung sieht fast ein Drittel der Mobilfunkunternehmen (31 Prozent) in einer gemeinsamen Nutzung des Netzes mit anderen Betreibern. Immerhin 19 Prozent der Befragten setzen dagegen auf einen schnellen Ausbau der Next-Generation-Netze und die damit verbundene Effizienzsteigerung.

Thomas Tschentscher: "Die gemeinsame Nutzung von Netzinfrastrukturelementen (etwa Sendemasten oder Teile des Zugangsnetzes) ist gerade in sich entwickelnden Märkten für viele Mobilfunknetzbetreiber ökonomisch hochinteressant. Die Umsetzung solcher Kooperationsprojekte hängt dabei von den regionalen Rahmenbedingungen ab, also geografischen Gegebenheiten, der Bevölkerungsdichte und rechtlichen Standortbeschränkungen. Die nationalen Regulierungsbehörden werden allerdings sehr genau darauf achten, dass derartige sogenannte Infrastructure and Tower-Sharing Agreements keine nachteiligen Auswirkungen auf den Dienstleistungswettbewerb zwischen den Betreibern haben."

Profitable Zusatzdienste statt bloßer Konnektivität

Der Druck zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen ist die treibende Kraft für Innovationen auch in der Mobilfunkbranche. Mehr als ein Drittel der befragten Mobilfunkbetreiber (35 Prozent) planen entsprechend für die nächsten drei Jahre, ihr Angebot von Inhalten und Diensten für die Nutzer zu erweitern. Fast 80 Prozent erwarten dabei eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition durch eine Öffnung ihrer Plattformen für unabhängige Applikationsentwickler, und fast die Hälfte (45 Prozent) will eigene sogenannte "App Stores" eröffnen.

Thomas Tschentscher: "Es gibt klare Anzeichen für einen Wandel in der Branche hin zu einer stärkeren Ausrichtung auf attraktive mobile Inhalteangebote. Um profitabel zu bleiben und nicht als sogenannte "Dumb Pipe" dazustehen – das heißt außer der reinen Konnektivität nichts bieten zu können, um Kunden zu binden –, werden die Netzbetreiber verstärkt darauf setzen, mit Content-Anbietern und Applikationsentwicklern zusammenzuarbeiten."

Hindernisse auf dem Weg zu neuen Einnahmequellen

Dieser Ausweitung ihres Dienstleistungsangebots stehen aus Sicht der Befragten vor allem Ungewissheiten über die künftige Marktregulierung sowie Sicherheits- und Datenschutzbedenken entgegen. Fast die Hälfte der Betreiber (47 Prozent) sieht dadurch die Möglichkeiten eingeschränkt, ihren Kunden Applikationen Dritter anzubieten. Auch der Verlust von Kundendaten durch Hacker (43 Prozent), fehlende Sicherheitssoftware auf Mobilgeräten (34 Prozent) und das unfreiwillige Herunterladen von Viren (34 Prozent) werden als Sicherheitsrisiken genannt.

Thomas Tschentscher: "Die jüngst in einigen Regionen der Welt (z.B Indien und MENA) geäußerten Bedenken gegen die Verschlüsselung von Blackberry-Diensten belegen den bestehenden Konflikt zwischen dem öffentlichen Interesse an effektiven Überwachungsmöglichkeiten durch Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden und dem legitimen Interesse der Endnutzer an der Sicherheit und dem Schutz ihrer – legalen – Inhalte. Hier sind speziell für internationale Mobilfunkdienste pragmatische Lösungen wie etwa Kooperationsmodelle zwischen den zuständigen Behörden zum Ausgleich dieser Interessen gefragt, vor allem, wenn die Dienste aus entfernten Ländern und Rechtssystemen international verbreitet werden."

Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an Christoph Tillmanns

E christoph.tillmanns@freshfields.com T +49 69 27 30 84 59

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