Globale Tech-Studie von Clifford Chance identifiziert 4 Erfolgsfaktoren für Digitalisierung in Unternehmen

24.07.2020

Richtiges Tempo: Wie schnell geht technologisches Wachstum?

Verantwortung übernehmen: Nutzung der Digitalisierung unterliegt ethischen Grenzen

Navigieren in volatilem Umfeld: Höchster Anspruch an regulatorische Kenntnisse und Compliance zur Digitalisierung

Führung mit digitaler Haltung: Vorstände brauchen Offenheit für Chancen und Sensibilität für potentielle Risiken der Digitalisierung

23. Juli 2020 - Wie sieht eine nachhaltige Technologie-Strategie für die Zukunft aus? Vor dieser Frage stehen Entscheider in Unternehmen weltweit. Die Antwort ist eine Kombination aus vier Kernfaktoren: (1) der richtigen Geschwindigkeit technologischer Innovation, (2) einem Unternehmensleitbild, das sich neben ökonomischen auch sozialen und ethischen Werten verschreibt, (3) höchster Anspruch an regulatorische Kenntnisse und die Einhaltung von Compliance-Regeln sowie (4) divers aufgestellte und mutige Vorstände, die sich all dieser Themen annehmen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Ready, Steady, Grow" von Clifford Chance in Zusammenarbeit mit Forbes Insights unter 300 Unternehmen weltweit.

Dr. Claudia Milbradt, Partnerin im Bereich IP und Head of Tech Group Germany bei Clifford Chance: "Es ist ein alarmierendes Ergebnis unserer globalen Studie, dass der technologischen Innovation auf Vorstandsebene noch immer zu wenig Zeit und Ressourcen zukommen - hier muss sich dringend etwas tun. Technologie verändert Unternehmen und Märkte grundlegend, diese Veränderung muss sich auch in den Vorständen abbilden, damit die Unternehmen das Potential der Digitalisierung voll ausschöpfen und gleichzeitig Risiken minimieren können. Zumindest ein digitales Grundverständnis des Vorstands ist deshalb erforderlich, um die richtigen Fragen stellen und Entscheidungen treffen zu können. Außerdem sollte die Unternehmenskultur durch kontinuierliches Lernen, offenen Dialog und Transparenz geprägt sein. Ein "Tech Code of Conduct" sensibilisiert das Bewusstsein von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Chancen und Risiken rund um Entwicklung und Einsatz innovativer Technologien."

Der Berichtsband “Ready, Steady, Grow“ umfasst vier Kernthemen:

Zu schnell oder zu langsam - was ist das richtige Tempo für technologiegetriebenes Wachstum?

80 Prozent der befragten Unternehmen weltweit nutzen oder prüfen derzeit Künstliche Intelligenz (KI) und damit verbundene Automatisierungsprozesse; 87 Prozent befassen sich mit Big Data-Anwendungen. Unternehmen setzen also schnell auf neue Technologien. Die Befragten gaben jedoch auch an, dass Unsicherheit hinsichtlich des richtigen Tempos und der erhöhten Risiken dieser neuen Potentiale besteht. Etwa 40 Prozent der Vorstände weltweit befürchten, dass sie zu vorsichtig an das technologiegetriebene Wachstum herangehen, während 26 Prozent glauben, dass sie zu mutig sind.

Dr. Jörg Rhiel, Partner im Bereich M&A bei Clifford Chance: "Um die digitale Transformation zügig voranzutreiben, setzen viele Unternehmen in einem hart umkämpften Markt auf Wachstum durch Technologie-Transaktionen. Dabei gelten im Vergleich zu anderen M&A-Transaktionen einige Besonderheiten etwa in Bezug auf die Due Diligence, Strukturierung und Dokumentation. Große Bedeutung kommt dem Erhalt der Innovationskultur bei, denn neben den Produkten geht es dem Käufer oft in erster Linie um die Experten und deren Know-how. Joint Ventures mit den Gründern und eine nur schrittweise Übernahme des Unternehmens unter starker Einbindung der Schlüsselpersonen im Technologie-Unternehmen sind daher oft das Mittel der Wahl."

Dr. Gunnar Sachs, Partner im Bereich Healthcare bei Clifford Chance, zur Geschwindigkeit technologischer Innovation im Gesundheitssektor: "Trotz starker Regulierung ist die Gesundheitsbranche weltweit einer der Sektoren, in denen die Digitalisierung am schnellsten voranschreitet. Vorreiter sind Europa und die USA. Die Covid 19-Pandemie hat das nochmal beschleunigt - viele Länder haben kurzfristig neue digitale Gesundheitslösungen zugelassen. So wurden in England ein Corona-Chatbot eingerichtet und in den USA und Australien telemedizinische Konsultationen bereits für erstattungsfähig erklärt. Viele Länder haben ihre strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen gelockert, um eine schnelle Umsetzung neuer digitaler Gesundheitsangebote zu ermöglichen. All diese Neuerungen werden das Gesundheitswesen grundlegend verändern und es finanziell entlasten."

Ethische Herausforderungen technischer Innovation à ESG + T

Die Clifford Chance-Studie zeigt auch: Unternehmen überall auf der Welt möchten sicherstellen, dass die von ihnen eingesetzte Technologie im Einklang mit ethischen Prinzipien steht. Aber viele wissen nicht, wie sie das in ihrem Geschäftsbetrieb umsetzen sollen. Besonders besorgt zeigten sich die befragten Führungskräfte über die ethischen Herausforderungen bei der Analyse und Nutzung von Daten (44 Prozent) sowie die damit einhergehenden Risiken wie Lücken bei der Cybersicherheit (43 Prozent).. Gerade bei der Datennutzung besteht also eine Spannung zwischen Gewinnmaximierung und dem Anspruch "das Richtige zu tun". Diese Diskussion beschäftigt Unternehmen und Investoren unter anderem seit dem Aufkommen der ESG-Prinzipien (Environmental, Social and Governance), die sich auch auf den Faktor "T", also die Technologiestrategie beziehen sollten.

Dr. Thomas Voland, Partner im Bereich Regulatory bei Clifford Chance: "Technische Innovationen können soziale und ökologische Vorteile bringen. Das verdeutlicht eindrucksvoll die Umstellung auf Onlinemeetings anstelle von Dienstreisen während der Coronakrise. Zugleich haben Tech-Unternehmen auch eine besondere Verantwortung. Eine wichtige Aufgabe ist der Schutz der Menschenrechte bei dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Verarbeitung von Daten. Hier muss insbesondere sichergestellt werden, dass die Algorithmen nicht zu Diskriminierungen, Ausgrenzungen und Verletzungen der Privatsphäre führen. Auch der hohe Energieverbrauch technologischer Anwendungen sowie die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards, etwa in Lieferketten für Batterien, sind Herausforderungen, denen sich die Unternehmen aktiv stellen müssen."

Dr. Ines Keitel, Partnerin und Leiterin Employment bei Clifford Chance: "Sozial nachhaltiges Handeln im Sinne von ESG-Konformität wird auch zur Investmentkategorie. Der Einsatz von Technologie etwa zur innovativen Verbesserung des Arbeitsumfeldes für Mitarbeiter macht Unternehmen für Investoren attraktiver. Die US-Börsenaufsicht SEC hat Unternehmen kürzlich empfohlen, mehr Informationen über ihr Human Capital Management offenzulegen."

Regulierung schafft Klarheit

Die Befragten der weltweiten Clifford Chance-Studie stimmen überein, dass Regulierung wichtig für den Umgang mit neuen Technologien ist – aber global gibt es große Unterschiede: Entscheider in den USA und Europa fühlen sich für den Umgang mit rechtlichen Fragen zu Technologien wie Big Data schlechter aufgestellt als ihre Kollegen in der APAC-Region. In Asien, wo die regulatorischen Vorgaben am schärfsten sind, sagen 44 Prozent, es gebe zu viel Regulierung. Regulierung wird dabei oft als Einengung des Handlungsspielraums empfunden, aber sie kann Unternehmen auch Sicherheit beim Navigieren durch das volatile Tech-Umfeld geben. Die Gesetzgeber weltweit halten mit der technischen Entwicklung nicht Schritt, am Horizont zeichnen sich allerdings viele neue Leitlinien ab – etwa die EU-Digitalstrategie, die einen Regulierungsrahmen für Künstliche Intelligenz schaffen soll, und der Digital Services Act, der unter anderem klare Richtlinien für das Löschen illegaler Inhalte in sozialen Netzwerken vorsieht. Besonders besorgniserregend vor diesem Hintergrund: 56 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihr Unternehmen für den Umgang mit rechtlichen Fragen zu Big Data nicht gut aufgestellt sehen.

Dr. Thomas Voland, Partner im Bereich Regulatory bei Clifford Chance: "International agierende Technologieunternehmen sollten sich an den jeweils höchsten Compliance-Anforderungen orientieren, um im grenzüberschreitenden Wettbewerb weder Reputations- noch Verfolgungsrisiken einzugehen. Regeln und Standards schaffen Rechtssicherheit. Wenn sie global gelten, stellen sie zudem ein level playing field her. Für Unternehmen kann es sich daher lohnen, aktiv an der Regulierung mitzuwirken und ihre Erfahrungen, etwa zu den technischen Möglichkeiten und Entwicklungen, zu teilen."

Dr. Michael Dietrich, Partner im Bereich Antitrust bei Clifford Chance: "Weltweit zeichnet sich ab, dass Wettbewerbsbehörden technologie- oder datengetriebene Akquisitionen in der Fusionskontrolle intensiver prüfen werden. In Deutschland sollen die Reformen der Außenwirtschaftsverordnung den Schutz kritischer Technologien erhöhen. Kartellrechtlich von höchster Relevanz sind Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Daten, dem Einsatz von KI und der Marktmacht von Plattformen."

Dr. Christian Hissnauer, Senior Associate im Bereich Financial Regulatory bei Clifford Chance zur Tech-Regulierung in der Finanzbranche: "Ob Empfehlungen von Robo-Advisors zur Vermögensanlage oder die automatisierte Bonitätseinschätzung von Kunden – Künstliche Intelligenz verändert den Markt für Finanzdienstleistungen grundlegend. Oberste Priorität sollte dabei der Schutz der Kundendaten und die Regulierung des Eingabe- und Übertragungsprozesses haben. Denn werden durch Fehler oder Datenmissbrauch falsche Ergebnisse generiert, kann die Technologie schnell zum Haftungs- und Reputationsrisiko werden."

Tech-Chancen und -Risiken: Sind die Vorstände bereit?

Während die technologische Innovation Fahrt aufgenommen hat, wurden die Prioritäten der Vorstände nicht in gleichem Maße angepasst, zeigt die Clifford Chance-Studie: Weniger als ein Drittel (29 Prozent) der befragten Vorstände gab an, dass die eigenen Aufgabenbereiche an die neuen Anforderungen angepasst wurden. Mehr als die Hälfte der Manager (54 Prozent) glaubt, dass die Vorstände mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Ressourcen für technologiegetriebene Innovationen einsetzen müssten. Weniger als die Hälfte gibt an, über nennenswerte interne Ressourcen für den Umgang mit rechtlichen und aufsichtsrechtlichen Aspekten zu verfügen.

Christine Gärtner, Partnerin im Bereich Litigation & Dispute Resolution: "Im Spannungsfeld zwischen Regulierung und technischer Innovation müssen Vorstände heute mutig agieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das erfordert ein neues Mindset in den Vorstandsetagen, in die etwas Start-up-Mentalität einziehen sollte: Neben Mut zu Entscheidungen gehört dazu auch eine Offenheit für das Lernen aus Fehlern. Moderne Vorstände sollten Silodenken hinter sich lassen und agil mit verschiedenen Fachbereichen zusammenarbeiten. Auch eine deutlich größere digitale Diversität in Erfahrungsschatz, Herangehensweise, Ausbildung, Alter, Nationalität und Geschlecht ist essenziell für den langfristigen Erfolg der Entscheidungen des Vorstandsteams."

Dr. Marc Benzler, Partner im Bereich Financial Regulatory bei Clifford Chance, zur Situation in der Finanzbranche: "Viele Daten, viel Geld – beides macht den Finanzsektor für Cyberkriminelle zu einer beliebten Zielscheibe. Werden die IT-Systeme einer Bank gehackt, steht mitunter das gesamte Geschäftsmodell auf dem Spiel, wenn Kunden nachhaltig Vertrauen verlieren. Dazu kommen Haftungs- und Reputationsrisiken. Informationssicherheit und Cyber-Resilienz sind als Risikomanagement Chefsache und sollten in den Vorstandsetagen fest verankert sein. Nicht zuletzt auch, weil die Aufsichtsbehörden das Thema sehr ernst nehmen: Noch für 2020 hat die BaFin angekündigt, die TIBER-Vorgaben auch in Deutschland praktisch anzuwenden. Mit gezielten Hackerangriffen soll dann die IT-Infrastruktur von Finanzunternehmen geprüft und optimiert werden."

Den ausführlichen Bericht "Ready, Steady, Grow" zur Umfrage von Clifford Chance in Zusammenarbeit mit Forbes Insights unter 300 Unternehmen weltweit finden Sie unter folgendem Link: publikationen.cliffordchance.com/studien/startseite/

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell