Graf von Westphalen Bappert & Modest vertritt Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vor dem Bundesverfassungsgericht in einem Verfahren über die Bund-Länder-Haftung für EU-Anlastungen

18.08.2006

Graf von Westphalen Bappert & Modest

Am Dienstag, den 4. Juli 2006 verhandelte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in den Bund-Länder-Streitverfahren zwischen den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg auf der einen und dem Bund auf der anderen Seite (Az.: 2 BvG 1/04 und 2/04). Darin ging es um die Frage, ob der Bund berechtigt ist, von den Ländern die Erstattung bestimmter Beträge zu verlangen, die der Bundesrepublik Deutschland von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Zusammenhang mit der gemeinschaftsrechtlichen Agrarmarktförderung auferlegt wurden.

Das Verfahren betrifft Grundsatzfragen der bundesstaatlichen Finanzverfassung, über die das Bundesverfassungsgericht bisher nicht entschieden hat. In der Vergangenheit gab es zwar bereits mehrere Versuche, eine verfassungsgerichtliche Klärung herbeizuführen. Diese scheiterten jedoch, weil das Bundesverfassungsgericht die gestellten Anträge bisher stets im Beschlusswege als unzulässig zurückwies.

Die nun verhandelten Fälle haben eine erhebliche finanzielle Dimension. Unterlägen die Länder, könnte der Bund Beträge im Volumen von wahrscheinlich mehreren 100 Mio Euro fordern. Allein im Fall von Mecklenburg-Vorpommern geht es um eine Forderung von ca 12 Mio Euro. Dr. Ronald Steiling und Dr. Christian Winterhoff, beide Graf von Westphalen Bappert & Modest, vertreten die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Mit einer Entscheidung ist laut Professor Hassemer, Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, frühestens im September 2006 zu rechnen.

Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft erfolgen gemeinschaftliche Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen müssen in einem ersten Schritt die Mitgliedstaaten Mittel bereitstellen. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgt dies durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Sodann stellt die Kommission der Europäischen Gemeinschaft den Mitgliedstaaten sog. Vorschüsse zur Verfügung, die im Fall der Bundesrepublik Deutschland dem Bund überwiesen und im Bundeshaushalt veranschlagt werden. Die Länder, die innerstaatlich für den Vollzug der Gemeinsamen Agrarpolitik zuständig sind, dürfen zu Lasten der Bundeskasse über die von der BLE und der Europäischen Gemeinschaft bereitgestellten Mittel verfügen.

Ob die im Vorschusswege von der Europäischen Gemeinschaft überwiesenen Mittel von den Mitgliedstaaten endgültig behalten werden dürfen, entscheidet die Kommission erst nachträglich im sog. Rechnungsabschlussverfahren. Im Rahmen dieses Verfahrens wird insbesondere kontrolliert, ob die Mitgliedstaaten die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Mittelverwendung beachtet haben. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu einer sog. Anlastung. Dabei wird, ohne dass es der Feststellung eines definitiven Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht sowie der Feststellung eines konkreten Schadens bedarf, eine Pauschalkorrektur vorgenommen. Dies bedeutet, dass bestimmte prozentuale Anteile der eigentlich von der Gemeinschaft zu tragenden Ausgaben von der gemeinschaftlichen Finanzierung ausgeschlossen werden. In Höhe der angelasteten Beträge sind die von der Gemeinschaft gewährten Vorschüsse von den Mitgliedstaaten zurückzuerstatten. Im Fall der Bundesrepublik Deutschland werden die angelasteten Beträge durch den Bund erstattet. Dazu werden im Bundeshaushalt Finanzmittel bereitgestellt.

Auslöser für die derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten ist die Auffassung des Bundes, im Falle einer gemeinschaftsrechtlichen Anlastung bei den Ländern Regress nehmen zu können. Der Bund begründet den von ihm geltend gemachten Erstattungsanspruch damit, dass die zur Anlastung führenden Verstöße gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen von den Ländern begangen worden seien. Deswegen müssten diese auch die dadurch verursachten finanziellen Lasten tragen. Zur Fundierung seiner Rechtsauffassung beruft sich der Bund auf Art. 104 a Abs. 1 GG, der die Pflicht zur Tragung finanzieller Lasten von der innerstaatlichen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern abhängig macht, und auf Art. 104 a Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz GG, der die Haftung für eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung zum Gegenstand hat. Die Länder vertreten demgegenüber im Kern die Auffassung, dass die genannten Bestimmungen auf gemeinschaftsrechtliche Sachverhalte nicht anwendbar seien. Zudem bestehe ein Erstattungsanspruch auch deswegen nicht, weil ein die Haftung im Bund-Länder-Verhältnis regelndes Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates, das Art. 104 a Abs. 5 Satz 2 GG voraussetze, fehle.

Für weiteren Fragen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:

Privatdozent Dr. Christian Winterhoff, Tel. 040 / 35922-263

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Dr. Ronald Steiling, Tel. 040 / 35922-279

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