KWAG: Anlegern des Immobilienfonds Fleesensee droht Totalverlust

25.08.2011

Bremen/Hamburg, August 2011. Bei der Darstellung des Fondsobjekts im Emissionsprospekt hieß es noch vollmundig: „Neue Wege gehen, Chancen erkennen, Zukunft sichern“. Jetzt droht den Anlegern des Immobilienfonds Fleesensee GmbH & Co. KG der Totalverlust ihres eingesetzten Kapitals.

Zudem haben die Anleger nur noch bis zum Jahresende Zeit, die ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Rechtsprechung (Urt. v. 08.07.2010 – III ZR 249/09) klargestellt, dass ein Anleger auf die Angaben seines Beraters vertrauen dürfe und daher nicht grob fahrlässig handele, wenn er den Ausführungen seines Beraters vertraue und den Inhalt des Prospektes nicht auf die Richtigkeit der Aussagen überprüfe. Allerdings stellt sich nunmehr das Problem der sog. Ultimoverjährung. Danach verjähren sämtliche Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Fondsbeteiligung, die vor dem 1. Januar 2002 eingegangen worden ist, zum 31.12.2011, ohne dass es hierfür auf eine Kenntnis bzw. auf grob fahrlässige Unkenntnis des Anlegers ankäme.

Der geschlossene Immobilienfonds Fleesensee ist im Jahr 1999 aufgelegt worden. Die Anleger konnten sich an dem Fonds als Direktkommanditisten oder über eine Treuhandkommanditistin beteiligen. Die Mindesteinlage betrug 30.000,- DM, mithin 15.338,76 EUR. Mit der Zeichnung beteiligten sich die Investoren an der Dachgesellschaft von „fleesensee Hotels & Sport“, die jeweils zu 100 Prozent an fünf verschiedenen Projektgesellschaften beteiligt ist. Nach der Darstellung im Emissionsprospekt sollten die Projektgesellschaften durch den Abschluss langjähriger Managementverträge mit Mindestgarantien die Rentabilität des Fondsprojekts sicherstellen. Insgesamt haben sich etwas mehr als 1900 Anleger mit rund 91 Millionen Euro an der Fondsgesellschaft beteiligt. Allerdings sind von der Geschäftsführung des Immobilienfonds hiervon allein 40.643.100 EUR für Verwaltungs- und Finanzierungskosten, mithin für sog. „weiche Kosten“, verwandt worden. Somit machten allein die „weichen Kosten“ für das Fondsobjekt einen Anteil von 42,1 % des Kommanditkapitals aus. Der Rest des Investitionsvolumens stammt aus Fördermitteln des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und aus Krediten eines Bankenkonsortiums, die teilweise in Schweizer Franken aufgenommen worden sind.

Die Beteiligungen wurden in den Jahren 1999 und 2000 überwiegend durch den AWD vertrieben. Grundlage der Beratung war dabei ein Emissionsprospekt der Fleesensee Verwaltungs GmbH. Dieser weist erhebliche Lücken und Ungereimtheiten auf, die dem AWD bei einer sorgfältigen Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen. So heißt es in dem Emissionsprospekt unter der Überschrift „1. EIN ÜBERZEUGENDES BETEILIGUNGSANGEBOT IM ÜBERBLICK“ unter anderem:

„Die Betreiber garantieren bei Laufzeiten zwischen 10 und 20 Jahren ein jährliches Bruttobetriebsergebnis von 14,75 Millionen DM, das die prognostizierten Ausschüttungen von 5% p. a. bezogen auf das gezeichnete Eigenkapital weitestgehend sichert. Davon entfallen im ersten vollen Bewirtschaftungsjahr 2001 auf die TUI-Tochterunternehmen Robinson Club und Dorfhotel 5,25 Mio. DM (=35,62%), auf Radisson SAS 4,0 Mio. DM (=27,11%), auf PGA 3,5 Mio. DM (=23,72%) und auf die Relax-Gruppe 2,0 Mio. DM (=13,55%).

Diese Aussage ist bereits im Kern falsch: Nicht die Betreiber, also die fünf Projektgesellschaften, sondern die Managementpartner der Projektgesellschaften garantieren.

Darüber hinaus wird der Begriff „Bruttobetriebsergebnis“ nirgendwo im Prospekt definiert. Auch sind die Verträge mit den Managementpartnern nicht im Emissionsprospekt enthalten. Insofern konnten die Investoren anhand des Prospektes weder beurteilen, welche Voraussetzungen für den Erhalt der Garantieleistung erfüllt sein müssen, noch, mit welcher Wahrscheinlichkeit die notwendigen Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei spielen die Garantien der Managementpartner die zentrale Rolle für die Beurteilung der Rentabilität des Fondsobjekts: So wird in den Prognoserechnungen für Ergebnis und Liquidität der Eindruck vermittelt, dass bei Garantien von jährlich etwa 15 Mio. DM und einem Schuldendienst an die finanzierende Bank von jährlich 6,3 Mio. DM der an die Anleger auszuschüttende Betrag in Höhe von 5% der Zeichnungssumme in jedem Fall erbracht werden könne. Abgesehen davon sehen die Verträge mit den beiden größten Managementpartnern Robinson Club und Dorfhotel Betriebsgesellschaft mbH ein Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren vor.

Die Initiatoren der Beteiligungsgesellschaft haben zudem in ihre Rentabilitäts- und Liquiditätsberechnungen außer den Garantiezahlungen der Managementpartner an die Betreibergesellschaften auch noch Einnahmen der Betreibergesellschaften aus der Ergebnisbeteiligung an den Gewinnen der Managementgesellschaften aufgenommen. Auch hinsichtlich der prognostizierten Ergebnisbeteiligungen fehlen im Emissionsprospekt die erforderlichen Angaben, insbesondere konkrete Prognoseberechnungen der Betreibergesellschaften, sodass nicht beurteilt werden kann, ob die Angaben realistisch sind.

Rechtsanwalt Jan-Henning Ahrens von der Kanzlei KWAG hierzu: „Die im Emissionsprospekt enthaltenen Angaben reichen nicht aus, um die prognostizierten Ergebnisse zu überprüfen. Vielmehr erweisen sich die dargestellten Ergebnisprognosen als Black Box für den Anleger.“

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss selbst ein Anlagevermittler den Emissionsprospekt darauf prüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die im Prospekt enthaltenen Informationen sachlich vollständig und richtig sind (BGH BKR 2004, 195,197). Bei fehlender Plausibilität muss der Anlagevermittler Nachforschungen anstellen oder den Anleger über die vorhandenen Informationslücken unterrichten. Angesichts der bereits dargestellten Lücken und Unstimmigkeiten im Emissionsprospekt hat der AWD seine Plausibilitätsprüfungspflicht offensichtlich verletzt. Da die Berater des AWD üblicherweise aber nicht lediglich als Vermittler, sondern vielmehr als Berater auftreten, war vom AWD in Bezug auf das Anlageobjekt eine vollständige Information über sämtliche Eigenschaften und Risiken geschuldet, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Damit hätte der AWD die Anleger des Fleesensee Immobilienfonds aber auch explizit über die außergewöhnlich hohen Weichkosten informieren müssen, da diese wesentlichen Einfluss auf die Werthaltigkeit der Anlage haben. Auch das mit einer Kreditfinanzierung in Schweizer Franken verbundene Risiko hätte vom AWD dargestellt werden müssen. Die hierzu im Prospekt enthaltenen Angaben sind unzureichend. Sofern dies unterlassen worden ist, können die betroffenen Anleger bis zum Ende des Jahres noch Schadensersatzansprüche geltend machen.

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Für Rückfragen:

Mathias Hufländer, Rechtsanwalt
Jan-Henning Ahrens, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
KWAG • Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht
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