LEONHARDT & PARTNER RECHTSANWÄLTE: Neues Modell für die Sanierung von Konzernen in der Insolvenz / Erste Sanierung in Deutschland über Börsengang und Kapitalerhöhung während der Insolvenz / Senator Entertainment AG aus der Insolvenz entlassen

04.04.2006

LEONHARDT & PARTNER RECHTSANWÄLTE

BERLIN, 31. MÄRZ 2006. Heute ist der Berliner Filmkonzern Senator aus der Insolvenz entlassen worden. Von Senator stammen Filmklassiker wie "Das Wunder von Bern" oder "Lola rennt". "Die Senator Entertainment AG ist saniert und kann neu starten. Das stärkt auch die Medien- und Filmbranche am Standort Berlin. Der Vorstand von Senator erhält damit seine alte Rechte wieder und kann neue Projekte entwickeln", erklärte Insolvenzverwalter Rolf Rattunde von der Berliner Kanzlei Leonhardt & Partner. "Erstmals in Deutschland konnte mit Senator ein Konzern über einen Börsengang und eine Kapitalerhöhung während der Insolvenz saniert werden. Damit haben wir ein neues Modell entwickelt, um insolvente Konzerne in Deutschland zu sanieren. Unsere neu ausgegebenen Aktien fielen nie unter den Ausgabekurs und konnten sich im Wert sogar verdreifachen."

Bis zuletzt mußte Rattunde noch eine Reihe von Problemen lösen, um eine mögliche Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. So hatte die Beschwerde eines Aktionärs gegen den Insolvenzplan, die dann zurückgewiesen und zurückgenommen worden war, den Neustart verzögert. Senator ist heute bis auf einen Bankkredit über 5,5 Millionen Euro entschuldet. Dieser Kredit wird über vier Raten getilgt. Mit der Entlassung aus der Insolvenz wird das Unternehmen auch wieder für Investoren interessant. Denn bisher waren die Handlungsmöglichkeiten des Vorstands begrenzt und ein Teil der Aktien an der Börse nicht zum Handel zugelassen. "Wir haben uns zwar wie ein lebendes Unternehmen verhalten, trotzdem konnte die insolvente Aktiengesellschaft nur mit angezogener Handbremse agieren. Das ging nur, weil wir in vielen Gesprächen eine Einigung zwischen Gläubigern, Aktionären und Mitarbeitern erreichen und neue Investoren finden konnten", so Rattunde.

Die Senator Entertainment AG, die 1999 an die Börse gegangen war und einer der Stars des Neuen Marktes im sogenannten NEMAX 50 war, meldete am 8. April 2004 Insolvenz an. Nach fehlgeschlagene Spekalutionen, Rechtekäufen und Beteiligungsinvestitionen mußten Investments wertberichtigt werden. Die Banken sperrten daraufhin die Konten. Um eine Zerschlagung zu verhindern und die AG fortzuführen, entwickelte Rattunde einen Insolvenzplan, den die Gläubiger am 15. September 2004 einstimmig annahmen. Anders als im Fall der Herlitz AG, dem ersten über einen Insolvenzplan sanierten Konzern in Deutschland, standen bei Senator keine starken Aktionäre mit Geld oder Kredit zur Verfügung. In Abstimmung mit dem Management schlug der Insolvenzverwalter deshalb einen Kapitalschnitt vor. In zwei Hauptversammlungen wurde das Grundkapital der Gesellschaft von 34 Millionen Euro zunächst auf 3,4 Millionen Euro herabgesetzt. Anschließend wurde das Kapital auf 13,8 Millionen Euro und später noch durch eine Sacheinlage auf 19 Millionen Euro erhöht.

Die Sanierung von Senator zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Mehrere Instrumente und Methoden wurden dabei erstmals in Deutschland angewendet. So konnten faule Kredite in großem Stil von dem Bankenkonsortium an die Deutsche Bank London verkauft werden, die damit Gläubigerin wurde. Finanzinvestoren erwarben diese sogenannten bad loans, um sie später zu einem höheren Preis zu verkaufen. Eine weitere Besonderheit war der Insolvenzplan mit der Umwandlung von Forderungen in Anteile. Dieser sogenannte Debt/Equity Swap wurde bisher nur in angelsächsischen Ländern als Instrument zur Sanierung insolventer Unternehmen eingesetzt, da das deutsche Insolvenzrecht in diesem Bereich als zu schwierig galt. So wurde beispielsweise die insolvenzgefährdete ehemalige Deutsche Nickel AG unter dem Dach der Dnick Holding plc in Englang zusammengefaßt und über ein englisches Restrukturierungsverfahren saniert. Dafür wurden der Stammsitz formal nach England verlegt sowie deutsche und englische Beratungsfirmen eingeschaltet.

"Das Beispiel Senator zeigt, daß insolvente Konzerne auch in Deutschland über Insolvenzpläne, den Verkauf fauler Kredite und die Umwandlung von Forderungen in Anteile saniert werden können. Das ist zwar eine schwierige Operation, doch es funktioniert. Noch sind Insolvenzpläne zur Rettung von Unternehmen in Deutschland selten. Die meisten Insolvenzverwalter und Insolvenzgerichte sind solche Pläne nicht gewohnt, die auch sehr fehleranfällig sein können und erhebliche Haftungsrisiken bergen. Bei Senator konnte innerhalb weniger Monate mit einem Insolvenzplan die Gesellschaft konsolidiert werden. Das Insolvenzplanrecht hat Schwächen, trotzdem bietet es viele Chancen zur Sanierung gerade auch von angeschlagenen großen Börsenunternehmen", so Rattunde.

Für Gläubiger bringt die Fortführung und Entschuldung von Senator konkrete Vorteile. Ein Gewinner ist beispielsweise der Vermieter der Büroräume von Senator in der Nähe des Kurfürstendamms. Während der Insolvenz hat der Insolvenzverwalter zwar einen neuen Mietvertrag ausgehandelt und die angemieteten Büroflächen reduziert. Dafür hat der Vermieter einen attraktiven Mieter mit einem langfristigen Vertrag gewonnen. Bei einer Zerschlagung des Unternehmens wäre er deutlich schlechter gestellt.

Im Fall Senator wurden an mehreren Stellen Widersprüche zwischen Aktienrecht und Insolvenzrecht sichtbar. So ist ein Insolvenzverwalter ausschließlich dem Insolvenzrecht verpflichtet. Die corporate governance Regelung des Aktienrechts sieht einen Insolvenzverwalter beispielsweise nicht vor. Ein Insolvenzverwalter ist gleichsam ein Betriebsfremder, der das Unternehmen führt und damit das Testat der Bilanz erschwert. An dieser Stelle hinkt das Recht der Realität hinterher. Ein Insolvenzverwalter ist beispielsweise auch nicht verpflichtet, ad-hoc-Mitteilungen zu versenden. Mit der Entlassung aus der Insolvenz sind diese Probleme jetzt gelöst. Vorstand und Aufsichtsrat von Senator sind künftig von allen Beschränkungen durch das Insolvenzverfahren befreit und müssen sich nicht mehr mit dem Insolvenzverwalter abstimmen.

Nähere Informationen:

Rolf Rattunde, Insolvenzverwalter Senator Entertainment AG, Rechtsanwalt und Notar, Leonhardt & Partner, Kurfürstendamm 212, 10719 Berlin,

Tel. 030-885903-0, Fax: 030-8825179

Dr. Jochen Mignat, Dr. Mignat PR, Am Hexenpfad 11, 63450 Hanau, Tel. 06181-50791-22, Fax 06181-50791-11, j.mignat@mignat.de

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