Nacke & Leffler: Zahlungen auf Arbeitnehmeranteile zum Gesamtsozialver-sicherungsbeitrag bleiben in der Insolvenz anfechtbar

12.01.2009

Nacke & Leffler

Mehrere Amtsgerichte bejahen trotz gesetzlicher Neuregelung des § 28e Absatz 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch IV weiterhin die Insolvenzanfechtung von Arbeitnehmeranteilen

Rechtsanwalt Dr. Stiller aus der Berliner Wirtschaftskanzlei „Nacke & Leffler Rechtsan-wälte“ vertrat in den vergangenen Wochen und Monaten erfolgsreich Insolvenzverwal-ter in drei Insolvenzanfechtungsprozessen gegenüber Sozialversicherungsträgern vor dem AG Potsdam, dem AG Kiel und dem AG Düsseldorf. Mit Gesetz zur Änderung des 4. Buches SGB und anderer Gesetze vom 19.12.2007 wurde § 28 e SGB IV u. a. dahin-gehend geändert, dass nach § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV n. F. die Zahlung des vom Be-schäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gilt. Daraufhin hatten die Sozialversicherungs-träger, die Insolvenzverfahren waren im Jahr 2008 eröffnet worden, eine Rückzahlung von vereinnahmten Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag auf eine Insolvenzanfechtung des Insolvenzverwalters abgelehnt.

Alle drei Amtsgerichte, das AG Potsdam mit Urteil vom 28.10.2008 zum Az. 29 C 222/08, das AG Kiel mit Urteil vom 21.10.2008 zum Az. 119 C 432/08 und das AG Düsseldorf mit Urteil vom 10.12.2008 zum Az. 35 C 11722/08, haben sich zwischen-zeitlich unserer Rechtsauffassung angeschlossen, wonach trotz der Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch bei Insolvenzverfahren, die nach dem 1.1.2008 eröff-net wurden, die Einziehung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung grund-sätzlich nach der InsO anfechtbar ist.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits entschieden, dass jedenfalls Zahlungen auf Ar-beitnehmeranteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag anfechtbar sind, wenn die Insolvenzeröffnung vor dem 1.1.2008 liegt, da § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV n. F. nicht zurückwirke (BGH, Beschluss vom 27.03.2008 – IX ZR 210/07). Noch nicht entschieden wurde indes, ob trotz der Neuregelung in § 28 e Abs. 1 Satz 2 SGB IV n. F. auch in nach dem 01.01.2008 eröffneten Insolvenzverfahren die Insolvenzanfechtung der Zah-lung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung möglich bleibt und der Gesetz-geber mit der Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV sein Ziel, eine Gläubigerbe-nachteiligung hinsichtlich der Zahlung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversiche-rung auszuschließen, erreicht hat.

Die rechtspolitischen Bestrebungen, Sozialversicherungsträger, wie z. B. Krankassen, über derartige Gesetzesänderungen zumindest teilweise in der Insolvenz eines Arbeit-gebers faktisch zu privilegieren, erscheinen mehr als bedenklich, weil auf diese Weise der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung schleichend ausge-höhlt wird. Nicht selten können gerade bei kleineren Unternehmen oder bei einzelun-ternehmerisch tätigen Gewerbetreibenden die Verfahrenskosten eines Insolvenzver-fahrens überhaupt erst durch entsprechende Ansprüche aus Insolvenzanfechtungen abgesichert werden. Wer hier also einer Einschränkung der insolvenzrechtlichen An-fechtungsmöglichkeiten mittels veränderter gesetzlicher Regelungen den Weg bereiten will, muss andererseits aber auch in Kauf nehmen, dass zukünftig eine geordnete Ab-wicklung des schuldnerischen Vermögens in einem Insolvenzverfahren häufiger an der fehlenden Deckung der Verfahrenskosten scheitern wird oder dass gerade Kleinunter-nehmer und Einzelgewerbetreibende nach Beendigung von Insolvenz- und Restschuld-befreiungsverfahren und Ablauf der Verfahrenskostenstundung verstärkt für die Ver-fahrenskosten herangezogen werden und der wirtschaftliche Neuanfang damit erheb-lich belastet wird.

Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die o. b. Amtsgerichte in ihren be-nannten Entscheidungen übereilte und unabgestimmte, in ihrer Konsequenz kaum hin-reichend bedachte gesetzgeberische Neuerungen einer sorgfältigen Prüfung unterzie-hen und sich bei der Rechtsanwendung im Einzelfall auch weiterhin von allgemein an-erkannten Auslegungsregeln und Rechtsanwendungs - Grundsätzen der Gesamt-rechtsordnung leiten lassen, auch wenn solche Urteile weder beim Gesetzgeber noch bei den Sozialversicherungsträgern zu Beifallsstürmen führen dürften.

Bei Nachfragen zu den Presseinformationen der Kanzlei sprechen Sie bitte den Bereich Öffentlichkeitsarbeit, Koordinator: Rechtsanwalt Schmidt, unter der telefonischen Durchwahl 030 – 67 79 93-112 oder über die Mailadresse: pressestelle@nacke-leffler.de, an.

In der Berliner Wirtschaftskanzlei „Nacke & Leffler“, die im Jahre 1990 von den Rechts-anwälten Rolf Nacke und Anika Leffler gegründet wurde, bearbeiten spezialisierte Rechtsanwälte Insolvenz- und Zwangsverwaltungsverfahren unterschiedlicher Größen-ordnungen. Dabei werden sie von Wirtschaftsjuristen, Bankkaufleuten, Finanzbuchhal-tern, Steuerfachangestellten und weiterem qualifizierten Fachpersonal unterstützt. Die in der Sozietät vereinten Kompetenzen und langjährigen Erfahrungen versetzen die Kanzlei in die Lage, zahlreiche Mandanten in verschiedenen Rechtsgebieten umfas-send und praxisorientiert zu beraten und zu vertreten.

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