Noerr Competition Day – Geheimwettbewerb vs. Informationsaustausch: Wie viel Transparenz verträgt der Wettbewerb?

22.05.2012

München, 21. Mai 2012. Die Möglichkeiten und Grenzen des Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern sowie zwischen Industrie und Handel waren jetzt Thema des Competition Days der internationalen Kanzlei Noerr, an dem neben Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt mehr als 70 Fachleute aus dem In- und Ausland teilnahmen. Mundt erteilte dabei Forderungen, verhängte Kartellbußen sollten verstärkt zur Finanzierung der Verbraucherverbände eingesetzt werden, eine deutliche Absage.

Eine Zweckbindung der Kartellbußen zu Gunsten der Verbraucherverbände oder irgendeiner anderen Institution sei nicht geboten. Kartellbußen dürften nicht für wettbewerbsfremde Zwecke instrumentalisiert werden. Wie bislang auch sollten die verhängten Bußgelder und abgeschöpften Mehrerlöse ausschließlich dem Bundeshalt zukommen und eine wie auch immer geartete Zweckbindung unterbleiben.

Schlupflöcher für Kartellsünder schließen

Mundt forderte außerdem, dass die Schlupflöcher für Kartellsünder endlich geschlossen werden müssten. Die derzeitige Rechtslage mache es den an einem Kartell beteiligten Unternehmen durch interne Umstrukturierungen sehr einfach, sich dem Bußgeld und der Haftung zu entziehen. Er bezog sich damit auf zwei Gerichtsurteile, die es ermöglichen, eine drohende bußgeldrechtliche Sanktion durch die gezielte Wahl gesellschaftsrechtlicher Gestaltung zu umgehen.

Andreas Mundt begrüßte die anstehende Einrichtung einer Markttransparenzstelle für die Erzeugungs- und Großhandelsmärkte der Strom- und Gaswirtschaft beim Bundeskartellamt. Die erst kurzfristig erfolgte Erweiterung der Kompetenzen der neuen Institution auf die Erfassung von Abgabepreisen der Mineralölindustrie kommentierte er mit einer gewissen Skepsis. In der derzeitigen Ausgestaltung sei der Nutzen nur sehr begrenzt. Ob und inwieweit eine Markttransparenzstelle für Benzin einen Preis senkenden Effekt habe, sei jedenfalls nicht messbar. Viel hänge von der noch zu diskutierenden konkreten Ausgestaltung ab.

Grenzen des Informationsaustauschs zwischen Industrie und Handel

Diskutiert wurde von den Kartellrechtsexperten insbesondere über den mittelbaren Austausch von Informationen zwischen Händlern über den Hersteller oder zwischen Herstellern über die Abnehmer, der in jüngster Zeit in den Fokus der Kartellbehörden geraten ist. Prof. Dr. Thomas Ackermann (LMU München) analysierte die kartellrechtlichen Grundlagen und zeigte insbesondere auf, in welchen Konstellationen mit kartellrechtlichen Problemen zu rechnen ist.

Industrie und Handel sind dabei auf einen schnellen und sicheren Informationsfluss angewiesen, um etwa eine reibungslose Belieferung und zuverlässige Produkt- und Bedarfsplanung zu gewährleisten. Unerlässlich hierfür ist ein elektronischer Datenaustausch, z.B. über elektronische Warenwirtschaftssysteme. Diese dürfen jedoch nicht so gestaltet sein, dass es zu einer Preisbindung der Händler kommt. Wie die kartellrechtlichen Anforderungen mit den unternehmerischen Bedürfnissen in Einklang zu bringen sind, haben Dr. Andreas Gayk (Markenverband), Dr. Michael Riha (CBR Fashion Holding) und Christian Przybilla (GS1 Germany GmbH) in einer Panel-Diskussion unter der Moderation von Prof. Dr. Karten Metzlaff (Noerr LLP) erörtert. Unter den Teilnehmern bestand Einigkeit, dass wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeiten wie eine gezielte Sortimentssteuerung nicht durch eine zu enge Anwendung des Kartellrechts in Frage gestellt werden dürfen.

Grenzen des Informationsaustauschs unter Wettbewerbern

In weiteren Vorträgen wurden die kartellrechtlichen Risiken des Informationsaustauschs unter Wettbewerbern näher beleuchtet. Während zunächst Dr. Alexander Birnstiel (Noerr LLP) die rechtlichen Grenzen anhand der sog. Horizontal-Leitlinien der Europäischen Kommission darstellte, vermittelte Dr. Christian Riechmann (Frontier Economics) einen Überblick zu den wettbewerbsökonomischen Grundlagen des Informationsaustauschs. Dr. Fabian Badtke und Helge Heinrich (beide Noerr LLP) widmeten sich in ihrem Vortrag dem für Unternehmen bedeutenden Thema „Benchmarking“. Den Schwerpunkt bildete dabei die Frage, wie ein Benchmarking unter Wettbewerbern hinsichtlich der zu vergleichenden Daten kartellrechtskonform gestaltet werden kann.

Informationsaustausch bei Unternehmenstransaktionen

Den Abschluss der Veranstaltung bildeten zwei Vorträge, die den Informationsaustausch im Rahmen von Transaktionen thematisierten. Zunächst führte Dr. Kathrin Westermann (Noerr LLP) in die rechtliche Problematik ein. Sie zeigte auf, dass das Kartellverbot uneingeschränkt bis zum Vollzug einer Transaktion und auch danach bei einem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung gilt. Gerade letzteres wird in der Praxis ebenso wie das Vollzugsverbot oftmals nicht hinereichend beachtet. Dr. Philipp Voet van Vormizeele (Inoxum GmbH) kommentierte aus Unternehmenssicht, wie im Vorfeld eines geplanten Unternehmenskaufes bis zum Vollzug die Beachtung des Kartellverbotes sichergestellt werden kann und insbesondere welche Informationen zwischen Erwerber und der Zielgesellschaft ausgetauscht werden dürfen.

Noerr ist eine führende europäische Wirtschaftskanzlei – mit mehr als 470 Berufsträgern, fünf Büros in Deutschland, sieben in Mittel- und Osteuropa, einem Büro in London, einem in Alicante (Spanien) und einer Repräsentanz in New York. Unser Kerngeschäft ist exzellente Rechts- und Steuerberatung, die nachhaltige Lösungen entwickelt und wirtschaftlichen Mehrwert schafft.

Matthias Schulte
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Assessor jur.
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