Rechtsanwälte Haase & Lieberknecht: Bundesrepublik Deutschland haftet nicht für Schäden von Einlegern wegen unzureichender Wahrnehmung der staatlichen Bankenaufsicht
Rechtsanwälte Haase & Lieberknecht
Am 20.01.2005 hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem Verfahren
entschieden, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht für Schäden von Einlegern wegen unzureichender Wahrnehmung der staatlichen Bankenaufsicht haftbar ist.
§ 6 Abs. 4 KWG regelte, daß das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) seine Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 KWG wurde zwischenzeitlich durch § 4 Abs. 4 FinDAG ersetzt, die dies nun auch für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), der Nachfolgerin des BAKred, regelt.
Ob § 6 Abs. 4 KWG aufgrund seines eindeutigen Wortlauts nur im öffentlichen Interesse staatshaftungsrechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender Wahrnehmung der staatlichen Bankaufsicht ausschließt, war lange umstritten.
Der Bundesgerichtshof hat nun in seiner Entscheidung vom 20.01.2005 eine Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland für Fehler ihrer staatlichen Bankenaufsicht grundsätzlich ausgeschlossen. § 6 Abs. 4 KWG, wonach des BAKred die ihm nach diesem Gesetz und nach anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und die an seine Stelle getretenen Vorschrift des § 4 Abs. 4 FinDAG seien mit Europäischem Gemeinschaftsrecht und mit dem Grundgesetz vereinbar. Daß die staatliche Bankenaufsicht die ihr zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, bedeutet, daß dies nicht auch in privatem Interesse, z. B. der einzelnen Einleger, geschieht.
Im Rahmen des Revisionsverfahrens hatte der Bundesgerichtshof die Angelegenheit auch dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens (C222/02) zur Klärung der Vereinbarkeit von § 6 Abs. 4 KWG mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vorgelegt In diesem Vorabentscheidungsverfahren war Rechtsanwalt Karsten Haase für die Kläger als Verfahrensbevollmächtigter aufgetreten. Mit Entscheidung vom 12.10.2004 entschied der EuGH, daß § 6 Abs. 4 KWG mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.
Sowohl über das nationale Gerichtsverfahren vor den deutschen Gerichten als auch über das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH hatte Rechtsanwalt Haase bereits eingehend in seinen Pressemitteilungen 1/2002 sowie 1/2007 berichtet.
Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 20.01.2005 der des EuGH vom 12.10.2004 angeschlossen und darüber hinaus die Vereinbarkeit von § 6 Abs. 4 KWG und somit von § 4 Abs. 4 FinDAG auch mit Art. 14 GG festgestellt, ohne dabei jedoch die Angelegenheit in dieser Hinsicht dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt zu haben. Die von den Klägern gegen § 6 Abs. 4 KWG (und damit auch gegen § 4 Abs. 4 FinDAG) vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, die u. a. auch von Prof. Dr. Papier, dem Präsidenten des BVerfG, und weiteren namhaften Rechtswissenschaftlern in der Fachpresse geteilt werden, wurden somit einer Überprüfung durch das BVerfG entzogen.
Mithin ist nun höchstrichterlich geklärt, daß Einlegern in der Regel keinerlei staatshaftungsrechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland zustehen, wenn deren staatliche Bankenaufsicht Ihre Aufgaben und Pflichten unzureichend wahrnimmt und ihnen aufgrund dessen ein Schaden entsteht. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Bundesrepublik Deutschland ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.05.1994) nachgekommen ist. In dies der Fall, so besteht für Einleger bei Nichtverfügbarkeit ihrer Einlagen grundsätzlich nur noch die Möglichkeit, Entschädigungsansprüche gegen das entsprechende nationale Einlagensichgerungssystem geltend zu machen, die jedoch der Höhe nach bei 20.000,00 begrenzt sind.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 20.02.2005 jedoch wenigsten ein kleines Hintertürchen zugunsten geschädigter Einleger offen gelassen: In Fällen des Amtsmißbrauchs der staatlichen Bankenaufsicht, also des BAFin, der auch in Fällen zu einer Amtshaftung führen kann, in denen an sich nur Amtspflichten gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen sind, so daß § 6 Abs. 4 KWG bzw. § 4 Abs. 4 FinDAG einer Staatshaftung eigentlich entgegenstünden, kann eine Schadensersatzpflicht der Bundesrepublik aus den Grundsätzen der Staatshaftung in Betracht kommen. In der Praxis dürften diesbezüglich jedoch erhebliche Darlegungs- und Beweisprobleme auf die einzelnen Einleger zukommen.
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Rechtsanwalt Karsten Haase
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mediator, Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht an der Universität Dortmund und für Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Niederrhein (Mönchengladbach/Krefeld)
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