.rka Rechtsanwälte: Ermittlung von Filesharer-Daten verboten? Schweizerisches Bundesgericht beanstandet Datenermittlung der Logistep AG

09.09.2010

Das Schweizerische Bundesgericht stellte heute die Unzulässigkeit der Datenerhebung in Filesharing-Fällen durch die Logistep AG in der Schweiz fest. Nach öffentlicher Urteilsberatung hat das Bundesgericht heute morgen denkbar knapp mit gerade einmal drei zu zwei Stimmen zugunsten des eidgenössischen Datenschützers entschieden, der das Verfahren gegen die Logistep AG in zweiter Instanz führte und erst jetzt Erfolg hatte. IP-Adressen gelten nach schweizerischem Datenschutzrecht somit als Personendaten. IP-Adressen von urheberrechtsverletzenden P2P-Nutzern zu eruieren und an Rechteinhaber weiterzugeben ist mit dem schweizerischen Datenschutzrecht nicht vereinbar. Die Fa. Logistep AG wurde demgemäß angewiesen, eine derartige Tätigkeit in der Schweiz einzustellen.

Entscheidendes Argument war dabei, dass die Interessen der Internetnutzer auf Schutz ihrer Persönlichkeit gegenüber den Interessen der Urheberechtsinhaber auf straf- und zivilrechtliche Verfolgung überwiegen. Die schweizerischen Bundesrichter stellten klar, dass es für die Tätigkeit einer privaten Ermittlungsfirma einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe, die in der Schweiz fehle. Allein deshalb wurde die Untersagung ausgesprochen.

Ermittlungen von Raubkopierern in P2P-Netzen zum Schutz von Urheberrechten sind in der Schweiz damit ohne eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage unzulässig.

Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte (www.rka-law.de): „Für Deutschland ist das Urteil ohne Belang. Bis heute hat es hierzulande keine ernst zu nehmende Entscheidung gegeben, die solche technischen Ermittlungen datenschutzrechtlich für unzulässig gehalten hätte. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Gesetzesnovellierung im Jahre 2008 mit § 101 Abs. 9 Urheberrechtsgesetz ein gerichtliches Verfahren geschaffen, das durchlaufen werden muss, bevor der Provider dem Rechteinhaber Auskunft erteilen darf. Mit diesem Verfahren werden auch die Rechte von Anschlussinhabern geschützt. Die Verlässlichkeit der Datenerhebung wird dort geprüft und letztlich haben Gerichte zu entscheiden, ob ein Erhebungsverfahren datenschutzrechtlich beanstandungswürdig ist. Die maßgeblichen Land- und Oberlandesgerichte haben dies bislang nie beanstandet“.

Nichts anderes gilt für die Verfahren, in denen Anschlussinhaber wegen Schutzrechtsverletzungen direkt in Anspruch genommen worden sind.

„Es gibt kein relevantes Urteil in Deutschland, das einen Rechteinhaber abgewiesen hätte, weil die Datenerhebung datenschutzrechtlich unzulässig gewesen wäre – wenngleich das Argument auch in Deutschland immer wieder gern ins Feld geführt wird“, so der Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, „insoweit ist es ein Trugschluss, zu glauben, dass mit dem Märchen der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit die Verteidigung von Schutzrechtsverletzungen Erfolg versprechend wäre.“

Dies zeigt sich auch an dem jüngst ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs (I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens) , in dem die höchsten deutschen Richter von Rechts wegen auch die Art und Weise der Datenerhebung und die Frage zu prüfen hatten, ob dies zu Beweisverwertungsverboten führt. Der Bundesgerichtshof hat - anders offenbar als die Schweizer Richter - in der dynamischen IP-Adresse ein Bestandsdatum erblickt, das verwendet werden darf. Selbst die Ermittlung der in Filesharingbörsen übertragenen und auch in jenem Verfahren durch Logistep identifizierten Inhalte stehen dem datenschutzrechtlich nicht entgegen. Sie sind vielmehr – dem Prinzip der Filesharingnetzwerke folgend - öffentlich zugänglich.

Rechtsanwalt Nikolai Klute: „Die Schweiz setzt Sonderwege fort, die schon im Steuerrecht weltweit auf Missfallen gestoßen sind. Der nun durch das schweizerische Bundesgericht geschaffene rechtsfreie Raum dürfte auch deswegen nicht in Marmor gemeißelt sein. Für das Geltungsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ist er ohnedies völlig bedeutungslos“.

Über den Autor:

Rechtsanwalt Nikolai Klute ist Experte für Urheberrecht und Gewerblichen Rechtsschutz (Details: www.rka-law.de/rka/de/anwaelte/nikolai-klute.php). Er ist Partner in der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, die unter anderem im gewerblichen Rechtsschutz tätig ist. Anwälte der Kanzlei verfügen über langjährige Erfahrungen in der Prozessführung, der Überwachung und der Verteidigung insbesondere von Urheber- und Nutzungsrechten, namentlich im Bereich der Computersoftware. .rka Rechtsanwälte berät Künstler und Prominente ebenso wie namhafte Unternehmen.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell