Rödl & Partner: BILMOG STÄRKT KONTROLLE DURCH AUFSICHTSRÄTE
Rödl & Partner
- Überwachung der Unternehmensführung wird deutlich verschärft
- Kapitalmarktrecht-Spezialist Dr. Oliver Schmitt: "Neue Haftungsrisiken für
Aufsichtsräte und Verwaltungsräte von Aktiengesellschaften"
Nürnberg, 26.03.2009: Der Deutsche Bundestag wird in seiner heutigen Sitzung
voraussichtlich das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
verabschieden, mit dem das Handelsgesetzbuch (HGB) grundlegend reformiert
wird. Mit dem Gesetz wird auch die Kontrolle der Unternehmensführung in
Deutschland erheblich verstärkt. Auf Aufsichtsräte kapitalmarktorientierter
Unternehmen und Verwaltungsräte Europäischer Aktiengesellschaften (SE)
kommen neue Überwachungsaufgaben und damit auch eine neue Haftungssituation
zu.
"Das neue Bilanzrecht schafft die Grundlage für eine professionellere
Unternehmenskontrolle in Deutschland. Die Position der Aufsichtsräte wird
durch das BilMoG deutlich gestärkt", erklärt Dr. Oliver Schmitt, Partner der
internationalen Rechtsanwalts-, Steuerberatungs- und
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner. "Allerdings entstehen durch
die zusätzlichen Pflichten auch neue Haftungsrisiken für Aufsichts- und
Verwaltungsräte. Darauf müssen sich die Unternehmenskontrolleure
einstellen."
Die im BilMoG insbesondere für das Aktiengesetz und das SE-Ausführungsgesetz
vorgesehenen Änderungen betreffen alle kapitalmarktorientierten Unternehmen
in Deutschland, die Wertpapiere an einem organisierten Markt ausgeben, oder
deren Zulassung zum Handel beantragen, somit Aktiengesellschaften (AGs),
europäische Aktiengesellschaften (SEs), aber auch GmbHs. Die Änderungen
gehen auf europarechtliche Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie und der
Abänderungsrichtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zurück.
Die Zusammensetzung und Pflichten des Aufsichtsrates werden reformiert. So
muss zukünftig mindestens ein unabhängiges Aufsichtsratsmitglied über
beruflichen Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder
Abschlussprüfung verfügen. Die Unabhängigkeit soll gemäß der Regelung im
Deutschen Corporate Governance Kodex gegeben sein, wenn das Mitglied in
keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder
deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. Ist der
Aufsichtsrat nicht entsprechend besetzt, muss ein separater
Prüfungsausschuss eingerichtet werden.
Der Aufsichtsrat der AG und der Verwaltungsrat der SE können und sollen nach
wie vor aus ihrer Mitte einen Prüfungsausschuss bilden. Dessen Aufgaben
werden nun erstmals gesetzlich konkretisiert. Dem Prüfungsausschuss obliegt
jetzt die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit der
internen Risikomanagementsysteme und der internen Revision sowie der
Abschlussprüfung. Dies war bisher nur als Empfehlung im Corporate Governance
Kodex enthalten. Alternativ kann das Aufsichtsgremium diese Aufgaben jedoch
auch weiterhin selbst kollektiv wahrnehmen. Verfügt eine
kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft über keinen Aufsichts- oder
Verwaltungsrat, so ist sie verpflichtet, einen Prüfungsausschuss
einzurichten.
Zur Erleichterung der Umsetzung der neuen Anforderungen wird das
Einführungsgesetz zum Aktiengesetz vorsehen, dass Aufsichtsrat- oder
Prüfungsausschussmitglieder, die vor dem Inkrafttreten des BilMoG bestellt
worden sind, nicht betroffen werden, sich die neuen Voraussetzungen somit
erst bei der nächsten Bestellung auswirken werden.
Zur Stärkung der Corporate Governance muss jedes kapitalmarktorientierte
Unternehmen eine "Erklärung zur Unternehmensführung" in den Lagebericht
aufnehmen, die dort einen eigenen Abschnitt bildet. Diese muss die
Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex, relevante Angaben zu
Unternehmensführungspraktiken, die über die gesetzlichen Anforderungen
hinaus angewandt werden, und eine Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand
und Aufsichtsrat sowie der Zusammensetzung und Arbeitsweise von deren
Ausschüssen enthalten. Alternativ kann diese Erklärung im Internet
veröffentlicht und im Lagebericht darauf verwiesen werden. Die Erklärung zum
Coporate Governance Kodex ist auf der Internetseite der Gesellschaft
dauerhaft zugänglich zu machen.
Auch die Gestaltung des Risikomanagements im Unternehmen wird durch das
BilMoG transparenter. Die wichtigsten Merkmale des internen
Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Prozess der Rechnungslegung
müssen zukünftig im Lagebericht dargestellt werden. Der Gesetzgeber will
damit Anreize schaffen, dass entsprechende Kontrollsysteme eingerichtet
werden und die Wirksamkeit der Überwachung von Risiken regelmäßig geprüft
wird.
Prüft ein Abschlussprüfer den Jahresabschluss, so ist er verpflichtet, an
den Sitzungen des Aufsichtsrates und des Prüfungsausschusses über seine
Vorlage teilzunehmen und über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung,
insbesondere über wesentliche Schwächen des internen Kontroll- und
Risikomanagementsystems bezogen auf den Rechnungslegungsprozess sowie über
Umstände, die eine mögliche Befangenheit begründen könnten, zu unterrichten.
Ferner muss er über Leistungen berichten, die er über die Prüfungstätigkeit
hinaus für das Unternehmen erbracht hat. Damit werden die
Überwachungspflichten des Aufsichtsrates erheblich erweitert, da dieser
zukünftig mit Unterstützung der Abschlussprüfer den Rechnungslegungsprozess,
die Wirksamkeit eines internen Kontroll- und Risikomanagementsystems sowie
das Revisionssystem zu überwachen hat.
Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass die Neuregelungen erstmals für das
Geschäftsjahr 2010 anzuwenden sind.
Fazit: Mit dem BilMoG werden die Transparenz- und Dokumentationspflichten
für kapitalmarktorientierte Unternehmen weiter verschärft. Mit den in
Zukunft an die Aufsichtsräte gestellten Anforderungen wird die
Unternehmenskontrolle professionalisiert. Die Reform verursacht jedoch einen
erheblichen Mehraufwand für kapitalmarktorientierte Unternehmen.
"Viele der Anforderungen des BilMoG entsprechen bereits der Praxis der
Corporate Governance in den DAX-Konzernen. Ob Unternehmen aus dem Small-
bzw. Mid-Cap Bereich die Änderungen nahtlos umsetzen können, bleibt
abzuwarten. Hier ist oft nur ein dreiköpfiger Aufsichtsrat tätig. Die
separate Bildung eines Prüfungsausschusses, wie bereits im Corporate
Governance Kodex festgelegt, läuft hier ins Leere", betont Schmitt
abschließend.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Oliver Schmitt, D.E.A., Rechtsanwalt, Partner
Tel.: +49 (89) 92 87 80-3 11, E-Mail: oliver.schmitt@roedl.com
Ein Foto des Ansprechpartners können Sie sich kostenlos im Rödl & Partner
Presse-Center im Internet unter www.roedl.de/pressecenter herunterladen.
Über Rödl & Partner
Rödl & Partner ist eines der führenden deutschen Beratungs- und
Prüfungsunternehmen. Rödl & Partner betreut Unternehmen weltweit bei ihren
Geschäftsaktivitäten. Das Kerngeschäft bilden die Rechtsberatung,
Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Die Kanzlei erzielte im Geschäftsjahr
2007 einen Gesamtumsatz von 192,9 Mio. Euro und beschäftigt derzeit 3.000
Mitarbeiter. Rödl & Partner ist in allen wesentlichen Industrienationen der
Welt, insbesondere in Mittel- und Osteuropa, Westeuropa, Asien,
Lateinamerika und den USA, mit 79 Niederlassungen in 37 Ländern vertreten.
Mehr Informationen über Rödl & Partner finden Sie im Internet unter
www.roedl.de