Rödl & Partner: EuGH: Mehr Spielraum für Kommunen bei Immobiliengeschäften

25.03.2010

Rödl & Partner

Luxemburg/Köln/Nürnberg, 25.03.2010: Das europäische Vergaberecht ist von Kommunen bei Immobiliengeschäften nicht anzuwenden, wenn die öffentliche Hand selbst kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an dem Projekt verfolgt. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem heute veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden (Az.: C-451/08).

Ein solches Interesse fehlt beispielsweise dann, wenn eine Kommune bei einem Grundstücksverkauf einer anderen öffentlichen Stelle selbst lediglich städtebauliche Interessen verfolgt. Die bloße Ausübung städtebaulicher Instrumente (z.B. Aufstellung eines Bebauungsplanes) genügt nicht, um ein unmittelbar wirkendes wirtschaftliches Interesse der Kommune für die Annahme eines öffentlichen Bauauftrages zwischen ihr und dem Erwerber zu begründen.

„Das Urteil der Luxemburger Richter hat für Städte und Gemeinden weitreichende Bedeutung“, erklärt der Vergaberechtsexperte Holger Schröder von Rödl & Partner. „Die Rechtsunsicherheit, ob allein städtebauliche Interessen für die Begründung eines vergaberechtspflichtigen öffentlichen Bauauftrages genügen, ist vom Tisch. Für die Städte und Gemeinden in Deutschland ist dies eine sehr positive und richtungsweisende Entscheidung. Städte und Gemeinden werden zukünftig beispielsweise bei der Revitalisierung brachliegender Innenstadtflächen durch Investoren nicht mehr durch die Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften in ihren städtebaulichen Interessen eingeengt.“

Erst recht gilt dies für den bloßen Verkauf eines unbebauten oder bebauten kommunalen Grundstücks an einen privaten Investor. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn vorgesehen ist, dass die Kommune Eigentümer der Bauleistung oder Bauwerks wird oder wirtschaftliche Vorteile aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung eines Bauwerkes ziehen kann. In diesem Fall ist eine öffentliche Ausschreibung erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich die Kommune finanziell an der Erstellung eines Bauwerks beteiligt beziehungsweise die damit verbundenen Risiken im Falle eines wirtschaftlichen Fehlschlages des Bauwerkes trägt.

Die Entscheidung des EuGH bestätigt darüber hinaus auch die vom deutschen Gesetzgeber im Zuge der letzten Novellierung des Vergaberechts vorgenommene Klarstellung, dass ein öffentlicher Bauauftrag einen eigenen Beschaffungsbedarf der Vergabestelle voraussetzt. Allein die Verwirklichung einer von einem Planungsträger angestrebten städtebaulichen Entwicklung reicht nicht als einzukaufende Leistung aus, wie dies zu Recht die damalige Gesetzesbegründung ausführt.

Hintergrund des Verfahrens ist die Klage eines Unternehmers gegen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Die öffentliche Anstalt hatte das Gelände der früheren Wittekind-Kaserne in Wildeshausen an einen Mitbewerber des Unternehmers verkauft, nachdem sich die Stadt Wildeshausen für dessen Nutzungskonzept ausgesprochen hatte. Der Unternehmer forderte eine öffentliche Ausschreibung des Grundstücksverkaufs nach dem europäischen Vergaberecht. Da das Vergabeverfahren nicht beachtet worden sei, sei der Kaufvertrag nichtig. Das Oberlandesgericht hatte dem Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens verschiedene Fragen zur Auslegung des Begriffs „öffentlicher Bauauftrag“ im Sinne der Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge vorgelegt. Das Verfahren muss nun vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom OLG Düsseldorf entschieden werden.

Ihre Ansprechpartner:

Holger Schröder, Rechtsanwalt, Associate Partner, Leiter Vergaberechtspraxis

Tel.: +49 (9 11) 91 93-35 56, E-Mail: holger.schroeder@roedl.de

Jörg Schielein, LL.M., Rechtsanwalt, Partner, Leiter Rechtsberatung Public Services

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Dipl.-Kfm. Martin Wambach, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Umweltgutachter

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