Schultze & Braun: Entlassungen bei Lindenfarb nach Entscheidung der Agentur für Arbeit
Agentur für Arbeit Ulm bleibt bei ihrer Haltung, dass die Mitarbeiter des Textilveredlers keinen Anspruch auf Insolvenzgeld haben
Belegschaft steht vor harten Einschnitten
Kunden sichern weitere Produktion
Aalen. Die Agentur für Arbeit Ulm bleibt bei ihrer Haltung, dass die Mitarbeiter der insolventen Lindenfarb Textilveredelung Julius Probst GmbH & Co. KG keinen Anspruch auf Insolvenzgeld haben. Das teilte sie am Montagabend dem Geschäftsführer von Lindenfarb, dem Sanierungsexperten Detlef Specovius von Schultze & Braun, abschließend mit. Specovius will das Unternehmen dennoch weiterproduzieren lassen, er wird um harte Einschnitte bei der Belegschaft allerdings nicht herumkommen.
„Heute ist ein schwarzer Tag für Lindenfarb und insbesondere für die 320 Mitarbeiter, die in den vergangenen Tagen um ihre Arbeitsplätze gekämpft haben“, kommentiert Specovius. „Wir bedauern die Entscheidung der Agentur für Arbeit sehr und können nicht nachvollziehen, dass hier lieber Arbeitslosen- als Insolvenzgeld gezahlt wird. Dagegen werden wir mit Sicherheit gerichtlich vorgehen. Allerdings wird das Lindenfarb zumindest nicht kurzfristig helfen. Aber wir werden nicht aufgeben und uns weiter für den Erhalt des Unternehmens und so vieler Arbeitsplätze wie möglich einsetzen. Lindenfarb ist und bleibt ein wichtiger Arbeitgeber für Aalen und die Region.“
Mit Unterstützung wichtiger Kunden wird Specovius den Geschäftsbetrieb bei Lindenfarb weiterhin aufrechterhalten. „Wir haben in den vergangenen Tagen intensiv mit den Kunden gesprochen und Rückendeckung für unsere Sanierung erhalten. Die Kunden unterstützen uns, indem sie uns durch Massekredite und Vorauszahlungen wichtige Liquidität zur Verfügung stellen und so einen Fortbestand von Lindenfarb sichern. Damit gewinnen wir wichtige Zeit für eine Sanierung“, sagt der vom Amtsgericht Aalen zum vorläufigen Sachwalter bestellte Rechtsanwalt Dr. Tibor Braun.
Allerdings wird es aufgrund des fehlenden Insolvenzgeldes – die Beschäftigten warten seit März auf ihre Löhne und Gehälter – nicht möglich sein, alle 320 Mitarbeiter weiterzubeschäftigen. Noch im April muss eine erhebliche Zahl an Mitarbeitern gekündigt und freigestellt werden, die genaue Zahl steht aktuell noch nicht fest. Auch wird es wegen fehlender finanzieller Mittel keine Transfergesellschaft geben können, die die Folgen für die Betroffenen abmildert. Specovius wird jedoch umgehend mit dem Betriebsrat in Verhandlungen bezüglich eines Interessensausgleichs und Sozialplans treten. Außerdem will Specoius allen Mitarbeitern möglichst schnell den ausstehenden Märzlohn zahlen. Eine erste Abschlagszahlung soll es bereits in den kommenden Tagen geben.
„Ich hätte mir eine gänzlich andere Situation gewünscht, zumal das vergangene Verfahren vom Amtsgericht im Oktober 2017 rechtskräftig aufgehoben wurde und Lindenfarb über einen Zeitraum von zwei Jahren zahlungsfähig war“, sagt Specovius. „Aber jetzt müssen wir zunächst alle Anstrengungen auf die Sanierung richten. Strategische Investoren stehen bereit, die unternehmerische Verantwortung bei Lindenfarb zu übernehmen.“
Cyntia Schneider von der IG Metall Aalen ergänzt: „Diese Schockentscheidung der Agentur für Arbeit führt zu 320 Schicksalsschlägen auf der Ostalb! Das ist nicht tragbar. Die Gewerkschaft hat mit allen Beteiligten um den Erhalt gekämpft. Dafür möchten wir ein großes Lob aussprechen und insbesondere der Kanzlei Schultze & Braun sowie Herrn Dr. Tibor Braun von Illig Braun Kirschnek für die hervorragende Zusammenarbeit danken. Ein großes Dankeschön gilt außerdem den Kolleginnen und Kollegen von Lindenfarb für ihren Einsatz in einer für sie so schweren Zeit, den Beschäftigten anderer Unternehmen für die vielen Solidaritätsadressen sowie der kommunalen Familie um Oberbürgermeister Thilo Rentschler, Landrat Klaus Pavel und unserer lokalen Bundestagsabgeordneten Leni Breymeier für deren Engagement. Wir haben absolut kein Verständnis dafür, dass sogar trotz dieses massiven Einsatzes und trotz der Intervention des IG-Metall-Vorstandes die Agentur für Arbeit auf ihrer rechtlichen Sicht beharrt.“