Shearman & Sterling: 50 Milliarden US-Dollar Rekordschadens-ersatz für Yukos-Mehrheitsaktionäre

30.07.2014

Frankfurt/Main, 29. Juli 2014 - In einem beispiellosen Schiedsspruch ist ein Schiedsgericht mit Sitz in Den Haag unter der Ägide des Ständigen Schieds­gerichtshof am 18. Juli 2014 zu der einstimmigen Auffassung gelangt, dass die Russische Föderation wegen Zerschlagung und Zwangsenteignung des Yukos-Ölkonzerns ihre internationalen Verpflichtungen aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) verletzt hat. Das Schiedsgericht verurteilte die Russische Föderation zur Zahlung von Schadensersatz von über 50 Milliarden US-Dollar an unsere Mandanten, die ehemaligen Mehrheitsaktionäre des Yukos-Ölkonzerns. Zudem verurteilte das Tribunal die Russische Föderation dazu, den Klägern Anwaltskosten in Höhe von 60 Millionen US-Dollar (75 % der in diesem Verfahren angefallenen Kosten) und Schiedsgerichtskosten in Höhe von 4,2 Millionen Euro zu erstatten. Damit ist dies die mit Abstand höchste jemals von einem Schiedsgericht zugesprochene Entschädigung.

„Dieses Urteil ist ein wichtiger Sieg für uns. Nach eingehender Prüfung hat das Schiedsgericht bestätigt, was die Kläger von Anfang an gesagt haben, nämlich dass Yukos aus politischen Gründen zerschlagen und der Firmenbesitz enteignet wurde“, so Tim Osborne, Chef von GML, der Holding-Gesellschaft mit mittelbarer Mehrheits­beteiligung an Yukos.

Emmanuel Gaillard, Leiter der Praxisgruppe Internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei Shearman & Sterling und Klägeranwalt, kommentierte: „Dies ist ein großer Tag für die Rechtsstaatlichkeit: eine Supermacht wie die Russische Föderation wird durch ein unabhängiges Schiedsgericht höchsten Kalibers für Völkerrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen.“

„Der Schiedsspruch ist endgültig und verbindlich und nach dem New Yorker Übereinkommen von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nun in über 150 Staaten vollstreckbar“, sagte Yas Banifatemi, Partnerin im Bereich International Arbitration und zuständig für die Praxisgruppe Völkerrecht bei Shearman & Sterling.

Das Schiedsgericht bestand aus Yves Fortier (Vorsitzender), ehemaliger Ständiger Vertreter Kanadas bei den Vereinten Nationen, Richter Stephen Schwebel, ehemaliger Präsident des Internationalen Gerichtshofes (nominiert von der der Russischen Föderation) und Dr. Charles Poncet, Partner der Schweizer Kanzlei CMS von Erlach Poncet Ltd. in Genf (nominiert von den Klägern).

Das Tribunal selbst beschreibt das Verfahren als „Mammut-Schiedsgerichtsverfahren“ mit einer 10-tägigen Anhörung zu Zuständigkeit und Zulässigkeit im Jahr 2008 und einer 21-tägigen Anhörung in der Hauptsache, an denen mehr als 50 Parteien­vertreter, Zeugen und Sachverständige beteiligt waren. Die Schriftsätze der Parteien umfassten mehr als 6500 und das Protokoll der Anhörungen mehr als 3300 Seiten. Dem Schiedsgericht wurden über 11,000 Beweismittel vorgelegt.

Der Fall hat wegen des Angriffs der Russischen Föderation auf Yukos, der zur Zerschlagung und Enteignung des Konzerns führte, große Medienaufmerksamkeit erregt. Nach Aussage des Schiedsgerichts war „Yukos Gegenstand einer Reihe von politisch motivierten Angriffen durch die russischen Behörden, die letztendlich zur Zerstörung des Konzerns führten“, mit dem Ziel der Russischen Föderation, „Yukos in den Bankrott zu treiben, Yukos Firmenbesitz auf ein staatlich kontrolliertes Unternehmen zu übertragen und [Michail Chodorkowskij], einen potenziellen politischen Gegner, zu inhaftieren.“

Zur Erinnerung: im Jahr 2003 war Yukos basierend auf seiner täglichen Rohölfördermenge Russlands größter Ölkonzern, hatte ungefähr 100.000 Mitarbeiter, sechs Hauptraffinerien und einen Börsenwert von ca. 33 Milliarden US-Dollar.

Die Enteignung der Beteiligungen unserer Mandanten an Yukos erfolgte in mehreren Schritten, u.a. durch die Lahmlegung des Konzerns (insbesondere durch die Festnahme, Inhaftierung und das Schikanieren der Unternehmensführung und der Mitarbeiter), die Erfindung eines Vorwands für die Aneignung der Unter­nehmenswerte (und zwar fiktive Steuerschulden in Höhe von 24 Milliarden US‑Dollar), die Nutzung dieses Vorwands zur schrittweisen Aneignung von Yukos Firmenbesitz (angefangen mit dem Filetstück Yuganskneftegaz) und der späteren Übertragung des gesamten Firmenbesitzes auf die staatseigenen Unternehmen Rosneft und Gazprom. Dies wiederrum machte Rosneft zum größten Ölproduzenten mit einem derzeitigen Börsenwert von 67 Milliarden US-Dollar. Die Maßnahmen der Russischen Föderation gipfelten schließlich in der Liquidation von Yukos im Jahr 2007 und dem kompletten Verlust der Investition unserer Mandanten.

Im Oktober 2004 haben wir die Russische Föderation über die Ansprüche informiert, 2005 begann das Schiedsverfahren. Am 30. November 2009 hat das Schiedsgericht eine Entscheidung zur Zuständigkeit dahingehend getroffen, dass die Russische Föderation durch ihre provisorische Anwendung der Regeln des Energiecharta-Vertrags an dieses Abkommen gebunden ist, obwohl die russische Duma den Energiecharta-Vertrag noch nicht ratifiziert hat, und dass unsere Mandanten geschützte Investoren unter diesem Abkommen sind.

In seinem endgültigen Schiedsspruch vom 18. Juli 2014 hat das Schiedsgericht festgestellt, dass die Handlungen der Russischen Föderation als „rechtswidrige Enteignung“ zu werten sind, dass die Russische Föderation ihre Pflichten aus Artikel 13 Absatz 1 ECT verletzt hat und dass unsere Mandanten Anspruch haben auf „Entschädigung für den durch die Maßnahmen [der Russischen Föderation] erlittenen Schaden, die das Schiedsgericht als völkerrechtswidrig erkannt hat.“

Das Tribunal hat ebenfalls festgestellt, dass unsere Mandanten Anspruch auf Verzugszinsen haben sofern die Russische Föderation die fälligen Beträge nicht bis zum 15. Januar 2015 zahlt.

Die Yukos-Mehrheitsaktionäre wurden in der Schiedsklage vertreten von den Partnern Emmanuel Gaillard, Leiter der Praxisgruppe Internationale Schieds­gerichtsbarkeit bei Shearman & Sterling, und Yas Banifatemi, Partnerin in der Praxisgruppe Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und zuständig für Völkerrecht bei Shearman & Sterling sowie von Counsel Jennifer Younan (Paris – Internationale Schiedsgerichtsbarkeit). Mit diesem Fall war ein in 20-köpfiges Team aus Schiedsgerichts-Anwälten befasst, darunter die Partnerin Coralie Darrigade (Paris – Inter­nationale Schiedsgerichtsbarkeit), der Partner Mark McNeill (London – Inter­nationale Schiedsgerichtsbarkeit), Associates Ilija Mitrev Penusliski, Lara Kroop, Elise Edson, Ketevan Betaneli, Dimitrios Katsikis und Benjamin Siino (Paris – Inter­nationale Schiedsgerichtbarkeit), Ximena Herrera-Bernal (London – Internationale Schiedsgerichtsbarkeit) sowie Emmanuel Jacomy (Singapur – Internationale Schiedsgerichtsbarkeit).

Erst im Jahr 2013 hatte Shearman & Sterling in der Streitigkeit zwischen der Dow Chemical Company und der Kuwaiti Petrochemical Industries Company im Zusammenhang mit einem gescheiterten Joint Venture die jetzt zweitgrößte jemals von einem Schiedsgericht zugesprochene Entschädigung erstritten.

Das im gegenwärtigen Verfahren ergangene Schiedsurteil festigt Shearman & Sterlings Stellung als erste Adresse für heikle internationale Streitigkeiten, bei denen viel auf dem Spiel steht.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell