Stellungnahme der Kanzlei Noerr zum geplanten Importstopp von Gas aus Russland
Die EU will die Einfuhr von russischem Gas dauerhaft stoppen. Dazu teilt Dr. Gabriele Haas, Partnerin und Expertin für Energie-Regulatorik bei der Kanzlei Noerr, mit:
„Europa wird es schaffen, Importe von russischem Gas bis 2027 schrittweise weitgehend zu stoppen, auch wenn die EU vor allem mit Blick auf die Abhängigkeit von Mittel- und Osteuropa von russischem Gas bislang gezögert hat. Ein Rückblick zeigt: In Deutschland mussten die direkten Gasimporte über Pipelinegas aus Russland bereits im Juli 2022 vollständig eingestellt werden. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf die Preise und führte zur sogenannten Gaspreiskrise. Mengenseitig konnte die Krise jedoch bewältigt werden.
Auch wenn 2024 der Anteil der russischen Gaslieferungen für die EU noch rund 19 Prozent der gesamten Gasimporte betrug, ist die Versorgungslage und die Diversifizierung in Europa heute insgesamt besser. Der Anteil von russischem Gas, das über Pipelines eingeführt wurde, sank zwischen 2021 und 2024 von 40% auf 11%. Verglichen mit 2021 ist die Kapazität zur Regasifizierung von Flüssigerdgas (LNG) nach den uns vorliegenden Informationen mehr als 65 % in nur drei Jahren angewachsen. Gleichzeitig hat die EU sowohl auf europäischer als auch auf bilateraler Ebene Partnerschaftsvereinbarungen mit Norwegen, den USA und Katar abgeschlossen und neue Lieferverträge unterzeichnet.
Allerdings sollte die EU ihren Fokus verstärkt auf die bestehenden und zunehmenden Meinungsverschiedenheiten mit einigen Lieferländern im Zusammenhang mit der sogenannten CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), den europäischen Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette sowie der praktischen Umsetzbarkeit der EU-Methanreduktionsverordnung durch Importeure richten. Der Ausbau der LNG-Infrastruktur und die Erhöhung der LNG-Importe sollten nicht gleichzeitig durch eine Beeinträchtigung der Verhandlungsposition der Gasimporteure aufgrund unklarer oder faktisch nicht durchsetzbarer Vorgaben beeinträchtigt werden. Hier sollte die EU-Kommission über die einzelnen Kommissionen hinaus einen holistischen Blick anlegen, um Zielkonflikte zwischen den EU-Regeln zu vermeiden.
Mit Blick auf die Versorgungssicherheit sind zudem die bestehenden Speicherkapazitäten hervorzuheben. Auch wenn zu prüfen ist, inwieweit das aktuelle Marktdesign und die gesetzlichen Vorgaben zur Versorgungssicherheit noch zur heutigen Lage passen; die Speicher- und Leitungsinfrastrukturen sind vorhanden. Ergänzt werden sie durch die versorgungssicherheitsbezogenen Einstandspflichten zwischen den Mitgliedstaaten, die im Falle einer Mengenkrise greifen würden.“

